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Nachwuchsförderung

Antibiotikaresistenzen, berufliche Vorsorge und Bangladesch

Kira Schmitt, Michael E. Meier und Mascha Schulz erhalten für ihre hervorragenden Forschungsarbeiten den diesjährigen FAN Award. Die drei Jungforscher:innen haben sich mit Antibiotikaresistenzen in Kleintierkliniken, der beruflichen Vorsorge sowie dem Verhältnis von Religion und Säkularismus in Bangladesch auseinandergesetzt.
Nathalie Huber
Die diesjährigen Preisträger:innen des FAN Awards (v.l.): Kira Schmitt, Michael E. Meier, Mascha Schulz

Sie sind originell, von erstklassiger wissenschaftlicher Qualität, inter- oder transdisziplinär angelegt und gesellschaftlich relevant. Die Rede ist von den Forschungsarbeiten der Veterinärin Kira Schmitt, des Rechtswissenschaftlers Michael E. Meier und der Ethnologin Mascha Schulz. Die drei jungen Wissenschaftler:innen werden je mit einem FAN Award ausgezeichnet. Die Awards werden jährlich vom Fonds zur Förderung des akademischen Nachwuchses vergeben. Die Nomination erfolgt durch den Graduate Campus der UZH.

 

Kira Schmitt
Veterinärin Kira Schmitt

Antibiotikaresistenzen in Kleintierkliniken  

Die Covid-19-Pandemie stellt die schleichende Pandemie der Antibiotikaresistenzen vorübergehend in den Schatten. Die Vereinten Nationen erklären antimikrobielle Resistenzen jedoch als das grösste und dringendste globale Risiko. Bereits heute sterben jährlich über 700'000 Menschen an antibiotikaresistenten Mikroorganismen (ARM). Infektionsprävention und -kontrolle werden in Zukunft wichtiger denn je.

Viele Kleintierkliniken bieten diverse Therapien und Eingriffe an, die denen des Menschen gleichen. Dies birgt dieselben Risiken für die Entwicklung und Ausbreitung von antibiotikaresistenten Keimen. Die Preisträgerin für den Bereich Medizin und Naturwissenschaften, Kira Schmitt, belegt in ihrem Forschungsprojekt, dass es in Kleintierkliniken immer häufiger zu Ausbrüchen mit multiresistenten Keimen kommt. «Kleintiere können antibiotikaresistente Mikroorganismen nach einem Spitalaufenthalt bis in das Umfeld ihres Haushalts und auf ihre Besitzerinnen und Besitzer übertragen», erklärt die Veterinärin. Sie beweist mit ihrer Arbeit erstmals, dass sich dieselben Keime zwischen den Tierbesitzern, den Tieren, der Tierklinikumgebung und den Haushaltsoberflächen verbreiten.

Schmitt evaluiert ausserdem eine wichtige Massnahme gegen eine Verbreitung von ARM in Tierkliniken – die Handhygiene. Sie vergleicht dazu zwei Bewertungsinstrumente und untersucht die mikrobiologische Kontamination der Hände sowie die Verwendung von Handschuhen. Sie zeigt auf, dass das Tragen von Handschuhen zu einer verminderten Handhygiene führen kann und die Handhygiene dringend verbessert werden muss. Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit erarbeitete sie Hygienekonzepte für Kleintierkliniken. Diese implementiert sie zurzeit in diversen Kliniken – sie schult Mitarbeitende und untersucht erstmalig den Effekt solcher Konzepte. Mit den erhobenen Daten will sie eine Grundlage für gesetzliche Mindesthygienevorschriften sowie ein Akkreditierungssystem für Veterinärkliniken schaffen.

 

Rechtswissenschaftler Michael E. Meier
Jurist Michael E. Meier

Die berufliche Vorsorge durchleuchtet

In der Schweiz sind rund 4.5 Millionen Arbeitnehmer bei einer Pensionskasse versichert. Geregelt wird die berufliche Vorsorge seit 37 Jahren durch das Bundesgesetz BVG. Kern dieses Gesetzes bildet das «Obligatorium», das sind Mindestvorschriften, die im Rahmen der gesetzlichen Vorsorge zwingend einzuhalten sind. Die meisten Versicherten sind allerdings «überobligatorisch» versichert, d.h. ihre Pensionskassen sehen Beiträge oder Leistungen vor, die das BVG-Obligatorium überschreiten.

Wie sie diese überobligatorischen Leistungen ihrer Versicherten ausgestalten, darüber können die Vorsorgeeinrichten frei bestimmen. Aufgrund langfristiger Entwicklungen – wie eine höhere Lebenserwartung und tiefere Zinsen – ist es eine gängige Praxis von Pensionskassen, die weitergehende Vorsorge auf das Obligatorium «anzurechnen». Die Mindestziele nach BVG werden dabei zwar erreicht, jedoch werden dafür Teile der weitergehenden Vorsorge auf die obligatorischen Mindestleistungen angerechnet, was als Anrechnungsprinzip bezeichnet wird. Diese Anrechnungstatbestände an der Schnittstelle zwischen Obligatorium und weitergehender Vorsorge untersucht Michael E. Meier, Oberassistent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, hinsichtlich ihrer Entstehung und Zulässigkeit.

«Durch das Anrechnungsprinzip erhalten Versicherte stellenweise weniger Leistungen, als sie es sich aufgrund ihrer weitergehenden Vorsorge erhoffen durften», hält Meier fest. Das Bundesgericht hat in jüngerer Zeit lediglich eingefordert, dass auf jeden Fall das obligatorische Minimum ausbezahlt werden müsse – selbst, wenn dies durch Anrechnung von überobligatorischen Leistungen geschieht. Die weitergehende Vorsorge bleibt damit weitgehend ungeschützt. Viele Versicherte und ihre Arbeitgeber, die jeweils die Hälfte der Beiträge bezahlen, stellen laut Meier zu Recht die Frage, ob das Obligatorium durch Teile der weitergehenden Vorsorge «quersubventioniert» werden dürfe, zumal die weitergehende Vorsorge mit dem Ziel abgeschlossen wurde, mehr als die blossen Minimalleistungen des Obligatoriums zu erhalten.

Meier hat für seine Dissertation bereits den «Prix d’excellence» der Schweizerischen Gesellschaft für Haftpflicht- und Versicherungsrecht sowie den «Professor Walther Hug Preis» erhalten, nun wird er mit dem FAN Award im Bereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet.

 

Ethnologin Mascha Schulz
Ethnologin Mascha Schulz

Säkularismus in Bangladesch

Bangladesch wird oft als hochreligiöses Land dargestellt, in dem säkulare und nicht-religiöse Positionen nur in extremen Fällen für Schlagzeilen sorgen – wie beispielsweise vor einigen Jahren die Morde an sogenannten «atheistischen Bloggern». Im Zusammenhang der weltweit zunehmenden Angst vor islamistischem Terrorismus interpretierten internationale Medien diese Vorfälle als Hinweis darauf, wie Bangladesch durch den islamischen Fundamentalismus umgestaltet werde. Im Gegensatz zu solch vereinfachenden Darstellungen beschäftigt sich Mascha Schulz in ihrer Dissertation sehr differenziert mit der Frage, was es bedeutet, in Bangladesch säkular, religionskritisch oder atheistisch zu sein. Dabei stellt die Ethnologin fest, dass diese extremen Ereignisse vor allem vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse in dieser Zeit verstanden werden müssen.

«Säkularismus ist in Bangladesch sehr präsent; auch Irreligiosität ist keineswegs eine extreme Ausnahme», erklärt die Wissenschaftlerin. «Dennoch ist eine explizite Identifikation mit dem Atheismus selten, da dies gesellschaftlich eher negativ bewertet wird». Stattdessen bezeichnen sich laut Schulz viele Menschen etwa als nicht praktizierende Muslime oder nicht praktizierende Hindus. Sie zeigt weiter auf, dass die Auffassungen der Menschen nicht starr sind, sondern je nach Kontext variieren. So geht beispielsweise ein bekennender Nicht-Gläubiger zum Freitagsgebet in die Moschee oder fastet während Ramadan, um den Ältesten der Familie und der Gemeinschaft Respekt zu erweisen.

Schulz fokussiert in ihrer Arbeit weniger darauf, was die Menschen über ihre Überzeugungen sagen, sondern vielmehr, wie sie im Alltag handeln. Gleichzeitig analysiert sie bestehende gesellschaftliche Strukturen sowie lokale Machtstrukturen und hinterfragt allgemeine Annahmen über Säkularismus. Für ihre intensive Feldforschung lebte sie längere Zeit in Bangladesch, dabei kamen ihr ihre exzellenten Kenntnisse der bengalischen Sprache und Kultur zugute. Für ihre Dissertation am Institut für Sozialanthropologie und empirische Kulturwissenschaft erhält Schulz den FAN Award für den Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften.

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