Navigation auf uzh.ch
Die ehemaligen Mercator Awards heissen neu FAN Awards. Der Fonds zur Förderung des akademischen Nachwuchses (FAN) von UZH Alumni übernimmt ab diesem Jahr die Finanzierung der Forschungspreise für Nachwuchsforschende an der UZH – in der Nachfolge der Stiftung Mercator, deren Förderrichtlinien sich geändert haben. Die mit je 5000 Franken dotierten Auszeichnungen werden für Arbeiten von erstklassiger wissenschaftlicher Qualität vergeben, die inter- oder transdisziplinär angelegt und von gesellschaftlicher Relevanz sind.
Neuartiges Lichtscheiben-Mikroskop
Der FAN Award für den Bereich Medizin und Naturwissenschaften geht an Fabian Voigt, Postdoktorand am Institut für Hirnforschung. Das Kernstück seiner Dissertation bildet die Entwicklung eines neuartigen Lichtscheiben-Mikroskops. Mithilfe des Lichtscheibenverfahrens kann biologisches Gewebe «optisch zerlegt» werden. Da bestehende kommerzielle Geräte nicht fähig waren, fingergrosses Gewebe mit dieser Technik zu mikroskopieren, entschied sich Voigt ein eigenes Instrument aus käuflichen Einzelteilen zusammenzubauen.
Mit dem von ihm entwickelten «mesoscale selective plane illumination microscope», so der wissenschaftliche Name des Verfahrens, kurz «mesoSPIM», kann die dreidimensionale Struktur verschiedener biologischer Gewebe innert weniger Minuten rekonstruiert werden. «Das mesoSPIM eignet sich ideal für die Abbildung ganzer Nervensysteme, beispielsweise von sich entwickelnden Hühnerembryonen. Wir nutzen es auch um Netzwerke von Nervenzellen in kompletten Mäusegehirnen zu charakterisieren», sagt Fabian Voigt. Das Gerät ermöglicht aber auch die hochauflösende Abbildung vieler anderer Gewebe – einschliesslich jener von Menschen.
Die Entwicklung des mesoSPIM resultierte in einer Publikation im renommierten Journal «Nature Methods». Um alle Informationen über die Hard- und Software des mesoSPIM mit interessierten Fachkolleginnen und -kollegen zu teilen, hat Fabian Voigt die Website «mesospim.org» erstellt. Die erfolgreiche Entwicklungsstory verbreitete sich rasch. Schon früh haben mehrere Forschungsgruppen Kopien dieses Mikroskops gebaut. Derzeit sind bereits vierzehn mesoSPIM in Zürich, Genf, London, Berlin, München und Singapur in Betrieb und weitere sind in Bau.
Kognitive Alterung und Sprachkomplexität
Wie verändert sich die Sprachfähigkeit, wenn das Gehirn altert, und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Diese Fragen adressiert Minxia Luo in ihrer Dissertation, für die sie den FAN Award für den Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften erhält. Die Nachwuchswissenschaftlerin forscht am Psychologischen Institut und ist Mitglied des universitären Forschungsschwerpunkts «Dynamik gesunden Alterns».
Ein Grossteil der Forschungsarbeiten zum kognitiven Altern geht davon aus, dass ältere Erwachsene im Vergleich zu jüngeren über eine geringere Sprachkomplexität verfügen, weil sie ein nachlassendes Arbeitsgedächtnis und Schwierigkeiten bei der Wortfindung haben. Darüber hinaus untersuchten die meisten Studien die Sprachkomplexität in Labor-Umgebungen, die nicht repräsentativ für natürliche Gespräche sind. Im Gegensatz dazu analysierte die UZH-Gerontopsychologin reale Gespräche von Erwachsenen im Alter von 18 bis 94 Jahren – aus über 49'000 Audiodateien (30 bis 50 Sekunden lang). Minxia Luos empirische Arbeiten zeigen, dass sich Alterseffekte nicht so eindeutig wie bis anhin angenommen auf den Sprachgebrauch auswirken.
Eine ihrer wichtigen Erkenntnisse ist, dass der unterschiedliche Grad der Vertrautheit mit den Gesprächspartnern eine bedeutende Rolle spielt: Sowohl bei jüngeren wie älteren Erwachsenen waren Wortschatz und grammatikalische Komplexität grösser, wenn sie sich mit vertrauten Gesprächspartnern – zum Beispiel Lebenspartnern, Freundinnen und Freunden oder Familienmitgliedern – unterhielten, als mit unvertrauten Personen. Ausserdem benutzten ältere Erwachsene mit ihren Lebenspartnerinnen und -partnern genauso komplexe grammatikalische Strukturen wie jüngere, aber weniger komplexe in Gesprächen mit unvertrauten Personen. «Die gegenseitige Vertrautheit hilft einem beim Verstehen und Formulieren und ältere Menschen nutzen dieses Erfahrungswissen jeweils der Situation entsprechend», hält Minxia Luo fest.
Alle drei Arbeiten ihrer Dissertation wurden in den renommierten Fachzeitschriften «The Journals of Gerontology: Series B», «Aging and Mental Health» sowie «Frontiers in Psychology» publiziert. Gemeinsam mit Gerold Schneider vom Institut für Computerlinguistik der UZH entwickelte sie Programme, um den Sprachkomplexitätsscore zu berechnen. Darüber hinaus arbeitete Minxia Luo für ihr Dissertationsprojekt auch mit internationalen Experten für Textanalytik zusammen.
Menschenrechte extraterritorial achten
Die Globalisierung sowie neue Technologien führen dazu, dass sich die Handlungen von Staaten zunehmend grenzüberschreitend auswirken. Staatliche Akteure können beispielsweise Personen im Ausland überwachen oder sie durch Drohnen töten. Dabei stellt sich die grundlegende Frage: Inwiefern ist der Staat auch an Menschenrechte gebunden gegenüber Individuen, die sich nicht auf seinem Territorium befinden? Mit anderen Worten: Dürfen Staaten im Ausland Menschenrechte verletzen, die sie im eigenen Land nicht verletzen dürfen? In ihrer Dissertation beleuchtete Angela Müller als SNF-Doktorandin am Rechtswissenschaftlichen Institut diese Frage aus juristischer und philosophischer Warte.
In ihrer juristischen Analyse zeigt die Wissenschaftlerin das Spannungsverhältnis auf zwischen der grundsätzlichen Idee der universell geltenden Menschenrechte und dem beobachtbaren Paradigma des territorial begrenzten Schutzes. Dieses Paradigma hinterfragt und kritisiert sie anschliessend anhand von Theorien der politischen Philosophie. Vor diesem Hintergrund entwickelt Angela Müller eine eigene normative Rechtfertigungstheorie von extraterritorialen Pflichten: «Der normative Ausgangspunkt muss sein, dass staatliches Handeln immer dann an Menschenrechte gebunden ist, wenn es Auswirkungen auf Individuen hat – unabhängig davon, wo sich diese Individuen befinden», fasst sie ihren Standpunkt zusammen. Zuletzt erklärt sie, was ihre Theorie für die rechtliche Praxis bedeutet, das heisst, wie die Anwendbarkeitskriterien von Menschenrechtsnormen reinterpretiert werden könnten, um letztere auch extraterritorial kohärent umzusetzen.
«Die Frage, was Staaten jenen schulden, die sich nicht auf ihrem Territorium befinden, ist keineswegs neu. Globale Phänomene wie Digitalisierung und Klimawandel, politische Tendenzen der Rückbesinnung auf nationalistische Ideologien und eine zunehmende akademische Kritik an der Idee der universellen Menschenrechte zeigen aber, dass sich diese Frage heute mit einer besonderen Dringlichkeit stellt», resümiert Angela Müller. Ihr interdisziplinäre Forschungsansatz leistet einen wichtigen Beitrag, um die theoretischen Grundlagen der Kritik an extraterritorialen Menschenrechtspflichten zu klären. Sie erhält für ihre Dissertation den FAN Award im Bereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften.