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Am 3. Dezember letzten Jahres wurde der Satellit LISA Pathfinder ins All geschossen, Anfang März 2016 begannen die Messungen und heute Dienstag, 7. Juni, liegen bereits die ersten Resultate vor. «Die Messungen sind sensationell, unsere Erwartungen wurden übertroffen», sagt Philippe Jetzer, Professor für Theoretische Physik an der UZH und Mitglied des wissenschaftlichen Komitees von LISA-Pathfinder. «Die Testmassen im Satelliten sind nahezu ungestört von äusseren Einflüssen, was hochpräzise Messungen möglich macht.»
Mit anderen Worten beweisen die soeben im Physical Review Letters publizierten Daten die Machbarkeit des Projektes von eLISA. Mit diesem Laser-Interferometer (Laser Interferometer Space Antenna, LISA) will die ESA in den kommenden Jahren Gravitationswellen im All nachweisen, die auf der Erde nicht gemessen werden können.
Die ermutigenden Ergebnisse sind alles andere als Business as usual. Mit LISA Pathfinder stehen neue und wegweisende Technologien auf dem Prüfstand. Sie basieren auf sich frei bewegenden Massen im Satelliten, die beim Durchgang einer Gravitationswelle gestört würden. Obwohl nur kosmische Grossereignisse wie die Verschmelzung supermassiver schwarzer Löcher oder Explosionen einer Supernova solche Wellen hervorrufen, sind ihre Auswirkungen auf die Schwerkraft minimal: Ihre Störungen liegen im Bereich eines Bruchteils eines Atomdurchmessers. Mit der Laserinterferometrie lassen sie sich diese kleinsten Bewegungen nachweisen, indem Laserstrahlen hin und her gespiegelt werden.
Zur Prüfung der Messanordnung hat LISA Pathfinder zwei würfelförmige Körper aus einer Gold-Platin-Legierung an Bord. Die handgrossen Testwürfel schweben berührungsfrei in einer hantelförmigen Kammer. Kleine Düsen an Bord des Satelliten verfolgen ihre Bewegungen und manövrieren den Satelliten so, dass sie von äusseren Störungen unbeeinflusst sind. Der Satellit folgt dem freien Fall der Testmassen und gewährleistet damit, dass sie sich nur unter dem Einfluss der Schwerkraft bewegen. Das ist die Voraussetzung für den Nachweis extrem kleiner Positionsveränderungen beim Durchgang einer Gravitationswelle.
«Die Testmessungen haben unsere optimistischsten Erwartungen übertroffen», sagt Paul McNamara, wissenschaftlicher Projektleiter bei der ESA. Wie Philippe Jetzer ausführt, ist die Messgenauigkeit sogar um Grössenordnungen höher, als es für die Messungen von Gravitationswellen im Frequenzbereich von einem Zehntel bis einem Hunderstel Hertz nötig sein wird. «Die Resultate sind sensationell», sagt Jetzer. Mit weiteren Verbesserungen wird es möglich sein, die Präzision weiter zu erhöhen und Gravitationswellen mit noch tieferen Frequenzen festzustellen. Angepeilt werden Messwerte bei Frequenzen bis zu einem zehntausendstel Hertz (0,1mHz).
Damit ist die Basis gelegt für ein neues Feld der Gravitationswellen-Forschung, das die Forschung in den kommenden Jahrzehnten prägen dürfte. Nachdem LIGO (Laser Interferometrie Gravitational Observatory) letzten September erstmals die von Albert Einstein vorausgesagten Wellen auf der Erde gemessen hatte, wollen die europäischen und amerikanischen Raumfahrtbehörden die Erkundung zukünftig mit eLISA im All fortsetzen. Die von LIGO entdeckten Wellen haben eine deutlich höhere Frequenz von 35 bis 250 Hertz und liegen verstärkt im Bereich des menschlichen Gehörs.
Gravitationswellen mit tieferen Frequenzen zwischen einem Zehntausendstel und einem Hertz lassen sich nur im All messen, weil ein entsprechend grosses Interferometer nur dort aufgebaut werden kann. Dazu werden drei Satelliten in je einer Million Kilometer Distanz zueinander stationiert. Mit den zwischen ihnen gespiegelten Laserstrahlen können kleinste Veränderungen des Raum-Zeit-Kontinuums gemessen werden, die kosmische Grossereignisse mit ihren Gravitationswellen hervorrufen.
LISA Pathfinder ist der Wegbereiter für diese Forschungsvorhaben, die mit eLISA in rund fünfzehn Jahren realisiert werden sollen. Im Fokus der Forschung sind unter anderem die supermassiven schwarzen Löcher im Zentrum von Galaxien, die Massen von mehreren Millionen Sonnenmassen aufweisen. Mit LIGO wurde die Verschmelzung vergleichsweise kleiner schwarzer Löcher mit rund 30 Sonnenmassen registriert.
Bis es soweit ist, werden noch einige Jahre vergehen. In den kommenden Monaten testen die Forschenden LISA Pathfinder weiter aus – unter anderem prüfen sie seine Robustheit. Auch an der Präzision wird weiter gearbeitet, obwohl diese bereits extrem gut ist. So bestehen zum Beispiel trotz Vakuum in der Kammer noch vereinzelte Gasmoleküle, die auf die Testmassen wirken. Dieser Effekt dürfte sich in den kommenden Monate aufgrund der Entgasung weiter abschwächen.
Vom 5. bis 9. September treffen sich die Forschenden zum grossen LISA Symposium, organisiert von der Universität Zürich und der ETH Zürich auf dem Campus Irchel der UZH.