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UZH-Museen

Blühende Gärten und virtuelle Rundgänge

In den Museen der UZH gibt es neue Ausstellungen und Attraktionen zu entdecken. Auch hinter den Kulissen hat sich während der Lockdown-Phasen einiges getan.
Brigitte Blöchlinger
Die Sonderausstellung «evolution happens!» im Zoologischen Museum. Die Bildergalerie stellt weitere UZH-Museen mit ihren Attraktionen vor.


Für Eltern mit Kindern war die Schliessung des Zoologischen Museums ab dem 14. März 2020 ein herber Schlag. Ist doch das Zoologische Museum mit den vielen ausgestellten Tieren, dem hausinternen Kino und den interessanten Führungen ein sicherer Wert, auf den alle Familienmitglieder gleichermassen ansprechen.

Für das Zoologische Museum hingegen – man wagt es fast nicht zu sagen – war die lange Zwangspause eine glückliche Fügung. In den fünf Monaten, während denen alle Museen geschlossen bleiben mussten, konnten die Verantwortlichen die anstehenden Erneuerungsarbeiten, die ohnehin im Laufe des Jahres geplant waren, vorziehen und in Ruhe durchführen, erzählt Museumsleiterin Isabel Klusman.

In Ruhe erneuern

Während des Lockdowns wurden im Zoologischen Museum die Vitrinen und Präparate generalüberholt, ein neuer Empfang eingebaut, das Parkett abgeschliffen, und die audiovisuellen Nischen zu einer Schatzkammer umgebaut, in der ab Herbst ästhetisch ansprechende Fossilien zu bestaunen sind. Die Studierenden, die Führungen machen, nutzten die Zeit, um neue Angebote auszuarbeiten, die nun ab Juli angeboten werden.

Kosename für Plateosaurus

Nun müssen die Besuchenden nur noch verkraften, dass statt dem wuschligen Faultier Meggie ein fellloser Plateosaurus sie in der Eingangshalle «begrüsst». Damit ihnen der Saurier mehr ans Herz wächst, soll er einen Kosenamen erhalten. Den Namen können Jung und Alt in einem Wettbewerb mitbestimmen. Anfang September findet die Taufe von Plati?, Teo?, Osa?, Urus? – oder wie auch immer Plateosaurus heissen wird – statt.

 

Bodensee-Vergissmeinnicht
Bodensee-Vergissmeinnicht im Botanischen Garten: Heute stark gefährdet, zu Otto Naegelis Zeiten noch ab und zu an Ufern zu finden.

 

Heikel war die Covid-19-Pandemie hingegen für den Botanischen Garten der UZH. Man kann eine solche Anlage nicht über Wochen hinweg sich selbst überlassen. «Der Botanische Garten gilt als (Freiluft-)Museum; deshalb musste er während des harten Lockdowns im Frühling 2020 total geschlossen bleiben», erinnert sich Reto Nyffeler, Mitglied des Leitungsteams. Die Gärtnerinnen und Gärtner mussten in getrennt arbeitenden Morgen- und Nachmittagsschichten organisiert werden – eine schwierige Situation.

Von Quarantäne bedrohte Pflanzen

Diese und weitere strenge Schutzmassnahmen waren äusserst wichtig, denn ein Covid-19-Ausbruch im Gärtnerteam hätte sich verheerend ausgewirkt, da die Pflanzenpflege wegen Quarantänemassnahmen hätte eingestellt werden müssen. Glücklicherweise war das nicht nötig – sodass bei der Wiedereröffnung diesen April die zahlreichen Besucherinnen und Besucher einen gepflegten Botanischen Garten wie eh und je vorfanden. «Die Besucherzahlen sind hoch», sagt Nyffeler, «auch die Führungen werden trotz Maskenpflicht und Distanzregeln sehr gut nachgefragt.» Einen einzigen Wermutstropfen gilt es noch eine Zeitlang zu schlucken: Auf Kaffee und Kuchen müssen die Besuchenden vorerst verzichten. «Die Studierenden durften dieses Semester noch nicht an die UZH, sodass der Restaurationsbetrieb bisher nicht wieder aufgenommen wurde.» Die Wiedereröffnung ist jedoch absehbar.

 

Die Blutbuche im Botanischen Garten der UZH ist rund 140 Jahre alt und interessierte schon den Arzt und Hobbybotaniker Otto Naegeli, der alle Pflanzen im Kanton Zürich zu kartieren versuchte.

 

Im Botanischen Garten befinden sich auch die Vereinigten Herbarien der UZH und ETH Zürich. Sie erlebten während des Lockdowns einen wahren Innovations- und Arbeitsschub – dank der seit über 15 Jahren vorangetriebenen Digitalisierung. Die Mitarbeitenden konnten sofort auf Heimarbeit umstellen und von zuhause aus eine grosse Zahl digitalisierter Pflanzenbelege online bearbeiten. Dabei wurden sie unterstützt von Bibliothekarinnen und anderen ins Homeoffice Verbannten, die ihre Mithilfe anboten. «Ungestört von Besuchen und geschützt in den eigenen vier Wänden, konnten wir einen grossen Brocken aufarbeiten, der sonst noch längere Zeit liegengeblieben wäre», erzählt Nyffeler.

Beglückende Job-Erweiterung

Nicht nur digital, auch analog erlebte das Herbarium während des Lockdowns einen kräftigen Zuwachs. So konnten die neuen Lupinen-Belege aus Madagaskar und Peru des Wissenschaftlers Colin Hughes auf Papier montiert werden – und zwar von Gärtnerinnen! «Einige blühten bei dieser für sie komplett neuen Tätigkeit regelrecht auf und nutzten sie sehr gerne als willkommene Abwechslung», so Nyffeler.

Schwieriger war es für Forschende, welche die wissenschaftliche Sammlung konsultieren wollten. Zum Beispiel für die Leute, die für den Naturschutz im Kanton Zürich tätig sind. Für sie musste notfallmässig ein Büro umfunktioniert werden, damit sie Corona-konform arbeiten konnten. «Da wurden wir vom Bedarf her klar auf dem falschen Fuss erwischt», gibt Nyffeler zu. Doch alles in allem konnte das Corona-Jahr gut genutzt werden, und es verlief ohne betriebliche Einbussen.

Neue Ausstellung zu Otto Naegeli

Am 7. Juli kann nun endlich wieder eine kleine, aber feine Ausstellung in der Bibliothek des Botanischen Gartens mit einer Vernissage eröffnet werden. Unter dem Titel «Blut und Orchideen, ein Arzt erforscht die Zürcher Flora» lernt man Otto Naegeli (1871–1938), einen international bekannten Mediziner und leidenschaftlichen Förderer der Kartierung der Zürcher Flora kennen. Vor seinem Tod vermachte Otto Naegeli, der dieses Jahr 150 Jahre alt geworden wäre, der Universität Zürich eines der damals grössten privaten Herbarien mit über 130'000 konservierten Pflanzen.

 

Als virtueller 360-Grad-Rundgang oder vor Ort im Völkerkundemuseum der UZH zu sehen: Die Ausstellung «Ohne Honig hast du nichts zu essen» über das Bienenwissen von Ayoréode im Gran Chaco in Südamerika.

 

Ähnlich wie dem Botanischen Garten ging es während des Lockdowns auch dem Völkerkundemuseum, das mitten im Alten Botanischen Garten liegt. «Ich fühlte mich schon ein wenig abgeschirmt, wenn ich am Morgen das Tor zum verwaisten Garten aufschloss, um ins Museum zu gelangen», erzählt die neue Kommunikationsbeauftragte Melissa Caflisch. Trotzdem wurde es auch den Angestellten im Völkerkundemuseum während der Pandemie nicht langweilig. «Wir haben uns schon vor ein paar Jahren überlegt, wie man sich mit unseren Ausstellungen auseinandersetzen könnte, ohne dass man vor Ort sein muss», erklärt Caflisch.

Einbezug der Urheberschaft

Der Grund dafür lag damals nicht in der Furcht vor einer Pandemie – sondern weil das Völkerkundemuseum aus ethischen Gründen die Urhebergesellschaften in fernen Ländern in Forschungs- und Ausstellungsprojekte mit einbeziehen will. Digitale Formate bieten hier viele Möglichkeiten, auch wenn sich die Begegnung mit den originalen Gegenständen besonders für die Urheber und Urheberinnen nicht ganz ersetzen lässt.

Virtuelle Museumsbesuche

Bei der Vorbereitung neuer Ausstellungen kommunizieren die Kuratorinnen und Kuratoren schon seit längerem vor allem mithilfe verbreiteter Online-Formate wie Clouds, Whatsapp oder Skype. Aber auch wenn die Ausstellung steht, wird sie seit sechs Jahren als virtuelle 360-Grad-Begehung aufbereitet und ins Netz gestellt. Das erwies sich während der Pandemie als grosser Vorteil. So konnte auch die aktuelle Ausstellung über das Bienenwissen der Ayoréode aus deren jägernomadischem Lebenskontext in der heute am schnellsten gerodeten Waldregion Gran Chaco in Südamerika rasch als 360-Grad-Ausstellung angeboten werden. «Dadurch haben wir auch die Möglichkeit, mit Ayoréode, also mit den Personen aus der Urhebergesellschaft unserer Objekte, unsere Ausstellung virtuell zu besuchen», sagt Caflisch.

Am schönsten vor Ort

Allerdings bleiben die virtuellen Ausstellungen vorläufig wohl eher eine Ergänzung zu den realen Besuchen, sagt Caflisch. Das zeigte sich anschaulich, als die von Covid-19 «gekappte» Seladon-Ausstellung diesen März doch noch eine Woche lang aufgehen konnte, bevor sie abgebaut und nach München ins «Museum Fünf Kontinente» weiterwanderte. «Nicht wenige Besucherinnen und Besucher wollten das wunderschöne chinesische Seladon-Porzellan noch im Museum anschauen, einige kamen sogar zum zweiten Mal», so Caflisch.

 

Das Science Exploratorium auf dem Irchel-Campus lockt mit der Geschichte des Universums.


Einen Stotterstart bescherte die Pandemie dem im November 2020 eröffneten Science Exploratorium, in dem die Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät (MNF) der UZH ihre naturwissenschaftliche Forschung einer breiteren Öffentlichkeit zeigen will. Kaum ging das neue Museum letzten November auf, musste es auch schon wieder bis diesen März schliessen. «Es war eine spezielle Situation», erzählt Co-Leiterin Petra Seibert, die Mutterschaftsvertretung der Leiterin Morana Mihaljević.

Schaufenster der Naturwissenschaften

Das Science Exploratorium UZH befindet sich im gleichen Gebäude wie das Museum der Anthropologie auf dem Irchel-Campus. Es ist unübersehbar mit seinem ebenerdigen Schaufenster mit der farbenfrohen Augmented-Reality-Darstellung zur bewegten Geschichte des Universums. Das Schaufenster erzielte auch während des Lockdowns den erhofften Effekt, nämlich: zufällig Vorbeispazierende und Studierende anzulocken und auf die spannende Forschung der MNF aufmerksam zu machen. «Trotz Corona ist das Science Exploratorium UZH gut angelaufen, wir sind sehr zufrieden», sagt Seibert. Neben den vielen Spazierenden im Irchelpark entdecken auch immer mehr Studierende und nach und nach auch Schulklassen das neue Museum.

Eröffnungsfeier nachholen

Doch konnte das Science Exploratorium UZH wegen der Pandemie noch nicht richtig der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. «Das möchten wir Ende 2021 mit einer grossen Eröffnungsfeier nachholen», sagt Seibert. Auch von der Wissenschaftsausstellung Scientifica am 4. und 5. September und von der Langen Nacht der Museen am 4. September verspricht sich die Führungsgruppe des Science Exploratorium UZH einen Werbeeffekt.

Bald sollen auch mehr Führungen angeboten werden. Als erstes sind auf den Herbst Vorführungen der beliebten Hochtemperatur-Supraleitungs-Züge geplant. Auch weitere themenspezifische Events sind angedacht. Bereits wurde am 22. Mai der Internationale Tag der biologischen Vielfalt mit einem «Science and Nature Festival» begangen – allerdings «nur» online. Die kommenden Events werden hoffentlich vor Ort stattfinden. Denn fürs Science Exploratorium UZH wie für alle anderen Museen gilt: Online ist zwar gut, aber vor Ort macht es einfach mehr Spass.