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Sarah Jäggi: Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber – ich vermisse die Uni. Insbesondere die Leute, den Unisport und auch den geregelten Tagesablauf, und sogar die Vorlesungen. Erst jetzt wird mir bewusst, wie wichtig soziale Kontakte für mich sind. Auch wenn ich bisher nicht jede einzelne Vorlesung besucht habe und auch gut im Selbststudium lerne, tue ich es lieber an der Uni, wo ich die Pausen mit meinen Freunden verbringen kann. Normalerweise lerne ich nie zuhause, sondern gehe sowohl in der Lernphase als auch unter dem Semester in die Bibliothek.
Ich bin im 4. Semester Wirtschaftschemie und habe ein Laborpraktikum begonnen, das unter der Woche jeden Nachmittag stattfand. Nach dem Lockdown haben wir bis dato noch keine konkreten Informationen erhalten, ob das Praktikum nachgeholt wird oder nicht. Das ist besonders nachteilig für mich, denn ich brauche die Credits dieses Synthesepraktikums, um mit der Bachelorarbeit beginnen zu können. Der Lockdown wirft meine Pläne für die kommenden Semester über den Haufen. Ansonsten bin ich positiv überrascht von der Kreativität und dem Engagement, die Professoren und auch universitäre Institutionen wie der ASVZ zeigen, um uns eine möglichst normale Fortführung unseres Alltags zu ermöglichen. Es freut mich auch, dass die Uni sich entgegenkommend zeigt und nun beschlossen hat, Fehlversuche nicht zu zählen.
Da meine Nachbarin, ebenfalls Wirtschaftschemiestudentin, momentan auch allein in der WG ist, haben wir versucht, unseren Alltag teilweise gemeinsam zu gestalten. Es hilft mir persönlich ungemein, in einem Umfeld zu lernen, in dem andere Leute ebenfalls produktiv sind. Ich verfolge Vorlesungen, die mir etwas bringen, live und fasse sie möglichst zeitnah zusammen; die Übungen versuche ich regelmässig abzugeben. Am Abend ist dann auch mal Schluss, da ich gerne Studium und Freizeit trenne. Ich versuche mir gleich viel Freizeit zu nehmen wie bisher.
Ich mache jeden Tag Sport, wie normalerweise auch. Bewegung hilft mir sehr, produktiv und motiviert zu bleiben und mich zu konzentrieren. Ich finde es toll, dass der ASVZ nun Online-Kurse anbietet; mein Tanzstudio macht vermehrt Online-Tutorials und -Unterrichtsstunden – ich profitiere gern von diesen Angeboten. Ich versuche auch, jeden Tag spazieren zu gehen, meist am Abend, wenn es keine Leute mehr auf der Strasse hat.
Es motiviert mich, selbst kreativ zu sein und Dinge zu tun, die ich im Uni-Alltag normalerweise nicht tue. Ich lasse mich momentan von dem inspirieren, was gerade auf Instagram geteilt wird, sei es ein Home-Workout, ein Kochrezept, Fashion-Inspirationen oder Zeichnungen. Ausserdem scheinen die Menschen gerade viel netter zueinander zu sein und kreativer, was ich sehr toll finde.
Da wir jungen Menschen extrem gut vernetzt sind, verbreiten sich Informationen sehr rasch, und die Situation wurde, insbesondere nach dem Lockdown, ernst genommen. Mit Dozenten und Dozentinnen bleibe ich grundsätzlich über Zoom und E-Mail in Kontakt. Unsere Professoren geben sich grosse Mühe, uns den Stoff möglichst gut zu vermitteln, sie haben ohne Verzögerung versucht, eine gute Lösung zu finden, und sind sehr offen für Feedback von Studierenden. Ich und meine Freunde nutzen vor allem die App Houseparty – diese App hat den Vorteil, dass man sich nicht absprechen muss, um welche Zeit man telefoniert, sondern die Freunde erhalten eine Benachrichtigung, sobald man online ist. Und man kann ganz einfach einem «Haus», in dem schon andere Freunde online sind, beitreten.
Ich habe einige Mails erhalten, wo man sich melden könnte, um zu helfen. Diese sind jedoch nur an Medizin-, Biomedizin- und Mikrobiologiestudenten mit abgeschlossenem Bachelor gerichtet. Ich hätte gerne, wenn möglich, in einem Labor geholfen und würde dies nach wie vor tun, wenn sie noch Leute brauchen.
Ja, ich arbeite normalerweise als Studentenaushilfe für die Bibliothek des Staatsarchivs in Luzern. Ich habe von meinem Chef nun Aufträge erhalten, die ich gut neben dem Selbststudium im Home-Office erledigen kann.
Die Routine beibehalten, Sport machen, gute Musik hören, selbst kochen, kreativ sein, Houseparty runterladen und so mit Freunden in Kontakt bleiben, nicht den Mut verlieren und zusammenhalten. Doch nicht nur wir Jungen, auch die älteren Menschen sollten den Appell, zuhause zu bleiben, auch wirklich befolgen. Wenn ich einkaufen gehe oder nur schon vom Balkon auf die Strasse schaue, sehe ich nämlich noch immer fast nur ältere Leute auf den Strassen, oft auch in Gruppen. Das finde ich unfair gegenüber den Jungen, die ihren ganzen Alltag umgestalten, um genau diese schwächeren Mitglieder der Gesellschaft zu schützen. Die Krise können wir nur alle gemeinsam bewältigen.