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Annina Galli: Jetzt, drei Wochen nach dem Lockdown, fühle ich mich noch ganz gut. Ich merke aber langsam, dass alles relativ monoton wird. Die Interaktionen mit anderen Menschen fehlen mir schon. Je länger der Lockdown andauert, desto stärker habe ich das Bedürfnis, nicht nur zu studieren, sondern auch den physischen Kontakt zu meiner Familie und meinen Freunden zu haben. Ich weiss aber, dass dies zurzeit einfach nicht angebracht ist. Daher meine grosse Vorfreude auf Zeiten, in denen wir kein Social Distancing mehr einhalten müssen.
Ich stehe jeden Tag zwischen 8:00 und 8:30 Uhr auf, frühstücke und mache mich dann ans Studieren. Feste Lern- und Pausenzeiten habe ich nicht, aber ich nehme mir vor, nach 3 bis 4 Stunden Studium eine Pause von ungefähr einer Stunde einzulegen. Ich organisiere meinen Tag abhängig davon, was gerade ansteht. Zurzeit bin ich an einem Vortrag und an zwei Gruppenarbeiten. In Absprache mit meinen Kommilitonen vereinbaren wir Termine, an denen wir uns gemeinsam Zeit nehmen, um an unseren Projekten zu arbeiten. Dabei hat Google Docs sich als besonders hilfreich erwiesen, da wir die Dokumente gleichzeitig virtuell bearbeiten können.
Ich habe aber auch Tage, an denen ich unproduktiv bin oder gar nichts für die Uni mache. Das ist jedoch auch unter «normalen Umständen» der Fall und hat nicht viel mit der jetzigen Situation zu tun.
Mit Kommilitonen über Telefon oder Whatsapp. Wir haben einerseits Gruppen gebildet, andererseits tauschen wir uns auch bilateral aus. Mit Dozierenden bleibe ich über die Online-Plattform OLAT in Verbindung, in der auch alle Dokumente zur Verfügung gestellt werden, sowie per Mail oder Discord – eine Onlineplattform für Videokonferenzen.
Da wir letzten Freitag nun erfahren haben, dass alle Prüfungen termingerecht online durchgeführt werden können, hat sich meine Unsicherheit, ob Prüfungen überhaupt stattfinden können, gelegt. Jedoch müssen im Rahmen der Masterarbeit im Fachbereich Psychologie Daten von Probanden erhoben werden. Da aktuell viele Projekte eingestellt wurden, werden nur wenige Masterarbeiten angeboten. Dies wirft für mich die Frage auf, ob ich, wie ursprünglich geplant, meinen Abschluss im Sommer 2021 überhaupt machen kann.
Mit Sport! Da ich ja nicht ins Fitnessstudio gehen kann, habe ich angefangen, zuhause über Skype mit Freunden Trainings abzuhalten. Zudem nehme ich mir die Freiheit, mit meinem Freund spazieren zu gehen, denn ich geniesse es, gemeinsam mit ihm an der frischen Luft und an der Sonne zu sein. Auch hilft wohl sicher eine gewisse Routine, damit ich nicht völlig den Bezug zum Alltag verliere.
Neben dem Studium arbeite ich normalerweise für unterschiedliche Promotionsagenturen. Ich hätte am Zermatt Unplugged und an der Basel World gearbeitet. Beide Events wurden jedoch abgesagt. Nun habe ich keine Einkünfte für diesen Monat und denke, dass die Situation auch im Mai noch nicht anders sein wird. Ich habe Erspartes, aber langfristig würde es mich schon finanziell belasten. Ich wäre sehr froh darüber, wenn der Staat uns Studenten in solchen Situationen finanziell unterstützen könnte. Ich denke, ich bin nicht die Einzige, der es zurzeit so geht.
Man sieht bereits jetzt, dass die Situation positive Auswirkungen auf die Natur hat. Und man merkt die Entschleunigung. Wenn ich im Quartier oder in der Natur bin, grüssen mich viel mehr Leute oder schenken mir ein Lächeln. Familien gehen vermehrt zusammen auf den Uetliberg wandern oder in den Wald spielen. Auf eine gewisse Art verbindet dieses Ereignis die Menschen wieder mehr. Das finde ich sehr schön.
Die Tatsache, dass der Präsenzunterricht eingestellt wurde, hat uns allen den Ernst der Lage gezeigt. Wir haben zudem Mails erhalten, in denen über die aktuelle Lage informiert wurde. Über die Frage ob, beziehungsweise wie die Prüfungen am Ende Semester durchgeführt werden, wurde bereits kommuniziert.
Ich habe mich für eine Aushilfsstelle im Spital beworben. Einen Tag später war das Inserat jedoch bereits inaktiv. Man spürt die Solidarität, was ich sehr schön finde. Ich beobachte die Situation und werde mich erneut beim Spital melden, sobald wieder nach Hilfe gesucht wird. Ausserdem versuche ich mein Umfeld zu sensibilisieren, trotz des verlockend schönen Wetters nicht auf öffentliche Plätze zu gehen und weiterhin Social Distancing einzuhalten. Mir ist bewusst, dass jeder von uns eine grosse Verantwortung trägt, die wir wahrnehmen sollen und auch müssen.
Wir sollten alle an einem Strang ziehen, die Massnahmen des Bundes befolgen und Solidarität zeigen. Auch im Studium: Dass man beispielsweise bei Gruppenarbeiten zusätzlich etwas übernimmt, wenn jemand gerade nicht viel Zeit hat. Oder dass man für seine Mitstudenten da ist, wenn Unsicherheit besteht oder man einfach jemanden braucht, der zuhört. Grundsätzlich bietet der Lockdown die Möglichkeit, Zeit für sich selbst zu finden und den Sachen Beachtung zu schenken, was im Alltagsstress oft zu kurz kommt. Somit sehe ich persönlich diesen Lockdown auch als etwas Positives und versuche die damit verbundenen Chancen so gut wie möglich zu nutzen.