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Liken, sharen, auf dem Tablet einkaufen und auf dem Handy News lesen: Die meisten Menschen hinterlassen heutzutage in ihrem Alltag eine grosse Datenspur. Aber wem gehört eigentlich der Like, das E-Mail und die Browser-History? Die Frage ist umso aktueller, als Daten zunehmend gehandelt und kommerziell genutzt werden. Daten gelten bisweilen gar als «das neue Öl». Die Bürgerinnen und Bürger merken davon bisher wenig. Sie erhalten Bonuspunkte an der Supermarkt-Kasse für das Offenlegen ihres Einkaufsverhaltens und allenfalls eine kleine Prämienreduktion bei der Krankenkasse für ihre Schrittzähler-Daten.
Wäre es Zeit für einen radikalen Schritt – von einem Flickwerk an rechtlichen Regelungen in Datenschutz und Urheberrecht hin zu einem eigentlichen Recht auf Dateneigentum? Dieser Frage widmete sich am Mittwoch eine Veranstaltung des Center for Information Technology, Society and Law (ITSL) der Universität Zürich.
UZH-Rechtsprofessor Florent Thouvenin und Professor Herbert Zech von der Universität Basel beleuchteten in ihren einführenden Referaten die rechtlichen Aspekte zu einem möglichen Dateneigentum. Bei der anschliessenden Podiumsdiskussion meinte Daniel Schönberger, Leiter Legal Services bei Google Schweiz und Österreich, ein neues Recht auf Dateneigentum sei akademisch vielleicht interessant, aber praktisch unnötig: «Ich sehe keinen Vorteil darin.» Google kaufe schon heute Daten – beispielsweise für Google Maps – und das sei rechtlich problemlos möglich.
Dieser Auffassung widersprach Martin Eckert, als Rechtsanwalt unter anderem auf IT spezialisiert. Das Eigentumsrecht sei im Wirtschaftsleben zentral – warum sollte es bei Daten anders sein? Es gebe genügend praktische Probleme, die es zu lösen gelte. «Mit dem Dateneigentum schaffen wir eine solide Basis für eine einfachere Transaktion von Daten», so Eckert. Dabei würde ein Dateneigentum auch die Rechte des einzelnen Menschen an seinen Daten stärken: «Wenn beispielsweise ein Internet-Provider Konkurs macht und ich will, dass er meine Daten herausgibt, gelingt das nur, wenn ich das Eigentum daran habe».
Skeptischer zeigten sich am Podium Economiesuisse-Vertreter Thomas Pletscher und die beiden Rechtsprofessoren Zech und Thouvenin. Jedes neue rechtliche Konzept, das er bisher gesehen habe – etwa die eigenen Daten in der Form einer Genossenschaft zu verwalten – habe bei ihm neue Fragen aufgeworfen, sagte Pletscher. Wichtiger sei eine stringente Datenpolitik, die Vertrauen zwischen den einzelnen Akteuren schafft und den Austausch von Daten und damit auch Innovation ermöglicht. Sofern neue rechtliche Modelle überhaupt nötig seien, müssten sie sich an diesen Aspekten orientieren.
Für Florent Thouvenin würden sich mit einem Dateneigentum zwar einige Fragen klären. Dabei könnten aber neue Probleme entstehen. So könnte sich ein Dateneigentum ähnlich wie gewisse Regelungen zum Datenschutz restriktiv auf den Datenaustausch auswirken. Zudem sei unklar, wie sich das Dateneigentum ins bestehende Rechtssystem einfügen lasse.
Vielleicht müsse eine Lösung gänzlich ausserhalb bestehender juristischer Konzepte gedacht werden, meinte ein Zuhörer im Publikum. Ob allerdings das Problem so dringend sei, darüber herrschten auf dem Podium mehrheitlich Zweifel.
Viele rechtliche Fragen im Zusammenhang mit einem allfälligen Dateneigentum sind noch ungeklärt, sagte Florent Thouvenin. Das Center für Information Technology, Society and Law (ITSL) an der Universität Zürich habe deshalb im Januar 2017 ein einjähriges Forschungsprojekt gestartet. Die zentralen Fragen: Wie liesse sich ein Dateneigentum rechtlich rechtfertigen? Wie müsste es aussehen und wie liesse es sich umsetzen?