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Professorinnen und Professoren an Hochschulen sollten nicht nur exzellente Forschung machen. Immer wichtiger wird, dass sie auch über gute Fähigkeiten im Management und in der Personalführung verfügen. «Die Wissenschaft wird heute von Gesellschaft und Politik stärker in die Pflicht genommen als noch vor 20 Jahren», sagt Klaus Jonas, «von den Forschenden wird erwartet, dass sie Rechenschaft über ihr Tun ablegen.» Zudem werden die Abläufe in der Verwaltung immer anforderungsreicher und komplexer und setzen ein breites Wissen voraus. Folge dieser Entwicklung ist die zunehmende Professionalisierung von Führung und Management an Hochschulen.
«Die Anforderungen werden gerade für Professorinnen und Professoren immer anspruchsvoller», sagt Klaus Jonas, «denn sie müssen Management und Wissenschaft unter einen Hut bringen.» Deshalb sei es wichtig, dass die Forschenden einen Teil ihrer Managementaufgaben professionellen Geschäftsführenden oder Stabsmitarbeitenden übergeben. Das entlastet sie und macht wieder mehr Zeit und Raum frei für die Wissenschaft.
Bereits heute gibt es an der UZH verschiedene Kurse, die Wissen in den Bereichen Management und Personalführung an interne Führungskräfte vermitteln. Eine fundierte Weiterbildung, die sich auch an Externe wendet, bietet zudem der 18-tägige CAS «Leadership und Governance» an der Universität Zürich, der diese Woche zum zweiten Mal anläuft. Klaus Jonas hat das Weiterbildungsprogramm, das theoretisches und praktisches Knowhow in den Bereichen Management, Governance, Kommunikation, finanzielle Führung und Personalführung vermittelt, mit aufgebaut. Er selbst betreut das Modul «Leadership», das das erfolgreiche Führen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Mittelpunkt stellt.
Jonas ist Sozial- und Wirtschaftspsychologe und leitet als Dekan seit neuem die Geschicke der Philosophischen Fakultät der UZH. Nicht nur als Fakultätsleiter, sondern auch in seiner Forschung beschäftigt er sich mit Führungsfragen. Diese stellen sich an Wissensbetrieben, wie es Hochschulen sind, deutlich anders als in Unternehmen. Die Differenzen beginnen bereits beim Setzen der Ziele, die es zu erreichen gilt. «Ziele sind in der Wissenschaft oft wesentlich diffuser als in der Wirtschaftswelt», sagt Wirtschaftspsychologe Jonas. Denn Forschung muss für Neues und Unerwartetes offen sein. Sie entwickelt sich deshalb oft auf verschlungenen Wegen und ist nur bedingt planbar.
Nicht nur deshalb sollten Chefinnen und Chefs an Hochschulen flexibel sein. Flexibilität ist auch bei der Führung der Mitarbeitenden zentral. Denn diese sind an Universitäten intellektuell anspruchsvoll und karriereorientiert. Und sie sind es sich gewohnt, autonom zu arbeiten. «Universitäre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind intrinsisch motiviert», sagt Jonas, «extrinsische Anreize, wie etwa Boni, bringen in der Wissenschaft wenig.» Der Führungsstil der Chefinnen und Chefs muss diesem Umstand Rechnung tragen, soll er Erfolg versprechend sein.
Klaus Jonas hat deshalb die Frage untersucht, wie Vorgesetzte an Hochschulen erfolgreich führen können. Sein Fazit: «Sie sollten eine Vorbildfunktion übernehmen und ihre Mitarbeitenden für klar formulierte Visionen begeistern können.» Gute Chefinnen und Chefs sollten aber auch die Autonomie und das kreative Denken ihrer Untergebenen fördern und individuelle Bedürfnisse wahrnehmen und auf diese eingehen können. Das Prinzip, das hinter diesen Grundsätzen steht, heisst «transformationale Führung» und wird seit Mitte der 1990er-Jahre in der Wissenschaft intensiv diskutiert.
Die Idee, die dahinter steht: durch vorbildliches Verhalten und das Vermitteln von attraktiven Visionen sollen die Mitarbeitenden für gemeinsame Ziele gewonnen und dadurch ihre intrinsische Motivation gestärkt werden. Entwickelt wurde die Theorie der transformationalen Führung aus der Analyse des Führungsstils von charismatischen Persönlichkeiten wie John F. Kennedy oder Mahatma Gandhi. Ein Genie braucht man aber nicht unbedingt zu sein, wenn man sich entsprechende Fähigkeiten aneignen will. «Transformationale Führung ist zwar anspruchsvoll, aber man kann sie lernen», ist Klaus Jonas überzeugt.
Anspruchsvoll ist der Führungsstil aber nicht allein für die Chefinnen und Chefs, anforderungsreich ist er auch für die Untergebenen, die relativ viel Freiraum erhalten. «Es besteht die Gefahr, dass Mitarbeitende dadurch überfordert und gestresst werden», sagt Jonas. Dies sollten die Vorgesetzten im Auge behalten.
Werden die Prinzipien der transformationalen Führung in der Praxis richtig angewendet, hat der Führungsstil positive Effekte auf das Arbeitsklima. Dies konnte Klaus Jonas gemeinsam mit anderen Forschenden in einer Studie nachweisen, die die Arbeitssituation von 134 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 42 wissenschaftlichen Teams untersuchte. Die Analyse macht deutlich, dass transformationale Führung das subjektive Wohlbefinden und die Zufriedenheit von Mitarbeitenden positiv beeinflusst.
Aber nicht nur das: Eine Studie von Münchner Forschenden konnte zudem zeigen, dass die Produktivität und der wissenschaftliche Output durch die transformationale Führung eines Teams angekurbelt wird. Ein angemessener Führungsstil sorgt also nicht nur für eine positive Arbeitsatmosphäre, sondern er stimuliert auch den wissenschaftlichen Erfolg – für die Hochschulen ein doppelter Gewinn.