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Für unser Gehirn ist es oft der effizienteste Weg, auf Gewohnheiten zu setzen. Dinge so zu tun wie immer, ist zeit- und kraftsparend. Leider gilt dies auch für Gewohnheiten, die uns schaden wie der Griff zur nächsten Zigarette oder der zu häufige Griff zum nächsten Stück Schokolade. «Unser Verhalten zu ändern, ist aufwändig. Aber es ist möglich, denn auch Gewohnheiten sind erlernt», sagt Urte Scholz. Die Professorin für Angewandte Sozial- und Gesundheitspsychologie an der Universität Zürich beschäftigt sich in ihrer Forschung insbesondere mit Menschen, die weniger rauchen, sich gesünder ernähren oder sich mehr bewegen wollen.
Der Ausgangspunkt zu einem gesünderen Leben ist die klare Absicht, überhaupt etwas verändern zu wollen. «Willensstärke allein reicht aber nicht, um die Absicht nachhaltig umzusetzen. Es braucht eine klare Strategie», betont Scholz. Nötig ist ein am besten schriftlich festgehaltener Plan, was man in Zukunft wann anders machen will. Diesen Plan zusätzlich zu visualisieren, hilft auf dem Weg zum Erfolg: Wenn man sich bildlich vorstellt, wie man nach der Arbeit gleich die Joggingschuhe anzieht, steigert das die Erfolgsaussichten. In der Folge gilt es, sich selber genau zu beobachten und ehrlich Bilanz zu ziehen: Halte ich die Vorsätze ein? In welchen Situationen gelingt oder misslingt es mir, und warum? Wichtig ist zudem, dass man sich die Verhaltensänderung auch zutraut, wenn es schwierig wird – also an die Selbstwirksamkeit glaubt.
Intention, Planung, Selbstbeobachtung und Selbstwirksamkeit – das sind auch gemäss dem verbreiteten psychologischen Modell «Health Action Process Approach» (HAPA) zentrale Elemente, wenn es darum geht, sein Verhalten zu ändern. Urte Scholz fehlt darin allerdings ein Aspekt, auf den sie sich in ihrer Forschung spezialisiert hat: die soziale Unterstützung. «Menschen sind soziale Wesen. Entsprechend essen, rauchen und treiben wir auch in einem sozialen Umfeld Sport», sagt Scholz.
Dass die Unterstützung anderer Menschen auf dem Weg zu einem gesünderen Leben hilfreich sein kann, findet in der Prävention und Gesundheitsförderung zunehmend Beachtung. So hat das Bundesamt für Gesundheit kürzlich die «SmokeFree Buddy App» lanciert. Dabei unterstützen Nichtrauchende oder auch Rauchende eine andere Person dabei, mit dem Rauchen aufzuhören. Die «Buddies» werden dabei durch die App angeleitet, wie sie die Rauchenden am besten unterstützen können.
Das macht aus der Sicht von Urte Scholz auch Sinn. Wie ihre Forschung zeigt, kann soziale Unterstützung in der falschen Form kontraproduktiv sein. Zum Beispiel, wenn die Partnerin sich ungefragt aufdrängt und den Raucher eher beeinflussen als unterstützen will. «Wer zu stark auf Kontrolle setzt, muss sich nicht wundern, wenn der Raucher plötzlich heimlich raucht oder vielleicht sogar seinen Plan aufgibt, Nichtraucher zu werden», sagt Scholz. Unterstützung durch andere kann auch die Botschaft «du schaffst es nicht allein» transportieren und damit das Gefühl der Selbstwirksamkeit untergraben.
In ihrer Forschung geht Urte Scholz der Frage nach, in welchen Situationen und in welcher Form soziale Unterstützung bei Verhaltensänderungen hilfreich ist – am Beispiel des Rauchstopps wie auch beim Vorsatz, sich gesünder zu ernähren und sich mehr zu bewegen. Nutzen will die Gesundheitspsychologin in ihrer Forschung auch die vorliegenden Erkenntnisse zur Frage, welche Rolle soziale Unterstützung bei der Bewältigung von Krankheiten spielt. Auch dabei kann Gutgemeintes bisweilen kontraproduktiv sein.
«Unterstützung zu leisten ist gar nicht so einfach», sagt Urte Scholz. Dass Mahnfinger und Moralkeule auf dem Weg zu einem gesünderen Leben nicht angebracht sind, ist für die Gesundheitspsychologin aber klar: «Es geht darum, die Ressourcen einer Person zu stärken und den Fokus auf Erfolgserlebnisse zu legen.»