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Die Besucherinnen und Besucher konnten gestern in der Aula der UZH einer Taufe beiwohnen: Taufkind war die neue Open Access-Plattform «Matters». Als Taufpaten waren verschiedene Gäste geladen, die das neue Produkt aus dem Hause UZH willkommen hiessen.
Rektor Michael Hengartner sagte, er freue sich, bei diesem historischen Moment dabei zu sein. Gründer und Initiant UZH-Professor Lawrence Rajendran erklärte den zahlreich erschienen Taufgästen, was ihn antreibt. UZH-Professor Adriano Aguzzi schilderte aus der Sicht des Wissenschaftlers und Peer-Reviewers, warum er «Matters» unterstütze, und UZH-Ethikerin Effy Vayena beleuchtete Wissenschaftskommunikation aus ethischer Sicht. Schliesslich erklärte Lukas von Orelli von der Velux Stiftung, warum er das Projekt finanziell fördert.
Lawrence Rajendran, Professor für Systembiologie an der UZH, erklärte, dass es heute in der Regel fünf bis sechs Jahre dauere, bis Forschende ihre Studie veröffentlichen könnten. Der Grund: Wissenschaftliche Journale akzeptieren keine blossen Daten, sondern verlangen immer auch eine Story. «Daten allein sind nicht sexy, erst die Story macht Forschung für Journale attraktiv». Fatal findet Rajendran, dass in der Zwischenzeit wichtige Forschungsdaten brach liegen. Daten, die auch für andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interessant seien und ihre Forschung vorantreiben könnten.
Mit «Matters» werde den Forschenden nun eine Online-Plattform zur Verfügung gestellt, die auf Open-Access basiere. Nicht nur abgeschlossene Studien, sondern auch Einzelbefunde können dort veröffentlicht werden. Bevor die Daten jedoch online gehen, durchlaufen sie einen Review-Prozess, der die Qualität der Daten überprüft. Doch anders als bei grossen Publikationen, geht dieser Review-Prozess schnell vonstatten und dauert etwa zwei Wochen.
Ein weiterer Vorteil: Die Forschenden werden vom Druck entlastet, viel zu publizieren. Und die Versuchung, dabei Daten zu manipulieren, um eine passende Forschungsstory erzählen zu können, wird verringert. Kurzum: Die neue, neutrale Plattform biete viele Vorteile und er hoffe, dass auch Benachteiligungen von Forschenden durch Geschlecht oder Hautfarbe zurückgehen würden, weil die Daten anonym begutachtet würden, sagte Rajendran.
UZH-Prionenforscher Adriano Aguzzi zeigte sich begeistert von «Matters». Es sei richtig, die Zwischenergebnisse vor der Publikation durch einen kurzen Reviewprozess laufen zu lassen, sonst komme es zu einer Schwemme an Publikationen, deren wissenschaftlicher Wert nicht bewiesen sei.
Das Schicksal eines Forschenden hänge heute von der Annahme oder der Ablehnung einer Studie ab. «Matters» trage auch dazu bei, das Risiko abzumildern, dass Originalität gar nicht erkannt werde, sagte Aguzzi. Er hatte die Lacher auf seiner Seite, als er auf humorvolle Weise fiktive idealtypische Kommentare von Peer-Reviewern zu Galileos Erkenntnis, dass die Erde sich um die Sonne drehe, auf die Tafel projizierte.
So zum Beispiel Review 1: Die Studie ist rein deskriptiv. Selbst wenn man annimmt, dass die Erde um die Sonne kreist, ist nicht erklärt worden, welcher Mechanismus dahinter steckt. Der Autor müsste die Sonne verschieben, um dann die Reaktion zu beobachten. Review 2: Die Studie lässt Originalität vermissen (siehe: vorhergehende Studien von Kopernikus). Review 3: Es ist unanfechtbar, dass die Erde im Zentrum des Universums steht. Die Arbeit Galileos widerspricht Veröffentlichungen in wichtigen Journalen (siehe die Bibel).
Die Ethikerin Effy Vayena betrachtete den Wissenschaftsbetrieb aus einer Aussenperspektive. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Universitäten und Forschungsinstituten schrieben Artikel, für die sie oft jahrelang geforscht hätten und in die viel Steuergeld geflossen sei. Diese Erkenntnisse seien wichtig für die Gesellschaft. «Matters» ermögliche es, Daten zu veröffentlichen, ohne sie in eine effekthascherische Story packen zu müssen. So werde Forschung transparent und glaubwürdig vermittelt.
Lukas von Orelli, Direktor der Velux Stiftung, fasste sich kurz: Er sei begeistert von der Idee, die Lawrence Rajendran entwickelt habe. Wie bei allen aussergewöhnlichen Entdeckern habe Rajendran etwas ins Leben gerufen, das originell und bahnbrechend sei und gerade diese genialen Ideen werde seine Stiftung fördern und finanziell unterstützen.
Nach der Taufe ging man feiern.