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«Sie sind uns wichtig», rief Otfried Jarren, UZH-Rektor ad interim, in seiner Begrüssungsansprache den Diplomierten zu, «denn wir wissen, dass wir nur motivierte und qualifizierte Studierende erhalten, wenn Sie einen guten Job machen.» Er wies darauf hin, dass die UZH derzeit die Weiterbildung für die Mittelschullehrkräfte reorganisiere, um sie weiter zu verbessern.
Die Übergabe der Diplome fand in einem feierlichen Rahmen zum ersten Mal in der Aula der UZH statt. Die 103 neuen Mittelschullehrerinnen und Mittelschullehrer seien nun voll legitimiert zum Unterrichten, so Professor Franz Eberle, Direktor der Abteilung Lehrerinnen- und Lehrerbildung Maturitätsschulen am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich.
Wie beurteilen die Diplomierten den absolvierten Studiengang? UZH News befragte drei der zehn Besten: Ulrike Zeuch, 51, Abschluss mit Monofach Deutsch; Manuela Knecht, 33, Erstfach Englisch, Zweitfach Deutsch; Severin Brunold, 28, Geografie.
Die Fachdidaktik habe ihr am meisten gebracht, sagt Manuela Knecht. Sie lernte, den Unterrichtsgegenstand von mehreren Seiten erfahrbar zu machen: «So erschliesst sich der Gehalt eines Gedichts vielleicht besser, wenn die Klasse es bildnerisch ausdrückt – die Schüler zum Beispiel eine Figur oder eine Sequenz daraus szenisch darstellen.»
Auch für Severin Brunold, der seit einem halben Jahr an einem Gymnasium Geografie unterrichtet, liegt die Essenz des Studiengangs in der Fachdidaktik. «Wie veranschauliche ich eine Fragestellung, wie spreche ich mehrere Sinne an? Antworten auf diese Fragen sind für mich als Junglehrer am wertvollsten». Er nennt ein Beispiel aus der Kartografie zur Veranschaulichung der Verzerrungen, die sich beim Abbild des Globus auf einer zweidimensionalen Landkarte stellen: «Ich lasse die Schüler die Kontinente auf eine Orange zeichnen, dann schälen sie die Orange und wenn sie die Schale platt aufs Pult legen, sehen sie, wie sich die Flächen und Proportionen verändert haben.»
Ulrike Zeuch unterrichtet seit zwanzig Jahren im universitären Bereich und seit drei Jahren am Gymnasium. «Ich habe für beide Gebiete sehr profitiert, mein Unterricht ist wesentlich konkreter und anschaulicher geworden.» Der Studiengang habe die theoretischen Grundlagen in Pädagogik, Psychologie oder Didaktik vermittelt, um darauf aufbauend verschiedene Unterrichtsformen in den eigenen Klassen ausprobieren zu können. Anschliessend liess sich reflektieren, wie die Umsetzung gelungen war. «Sehr gut fand ich auch die Supervision in den Praktika durch erfahrene Kollegen, die Tipps gaben und auf Vorgänge im Klassenzimmer hinwiesen, die einem entgehen, wenn man vorn steht», sagt Zeuch.
Im Bereich der Fachdidaktik ortet Ulricke Zeuch allerdings auch Verbesserungsmöglichkeiten: «Ein Fachdidaktiker für Deutsch alleine kann kaum das ganze Spektrum abdecken. Ich fände es gut, wenn die Studierenden verschiedene Perspektiven und Wertmassstäbe für die Beurteilung des Unterrichts kennenlernen würden.» Was die Frage der Praktika betrifft, sind sich die drei Besten der Diplomierten nicht ganz einig. Severin Brunold wünscht sich mehr solche. Er würde es begrüssen, wenn der Studiengang noch stärker als praktische Ausbildung für angehende Lehrer konzipiert würde. Als angehender Lehrer wünscht er sich mehr Tipps für die konkrete Umsetzung im Klassenzimmer.
Für Manuela Knecht, Lehrerin mit einem 90-Prozent-Pensum, geht die Ausbildung «zu wenig auf die Bedürfnisse jener ein, die schon relativ viel unterrichten». Ihre Arbeitskollegen, die das Lehrdiplom an der Universität Basel und der Universität Bern machen, hätten die praktische Umsetzung des Gelernten mit den eigenen Klassen erproben können. In Zürich aber werde verlangt, dass man die Praktika auswärts abolviere. «Mir leuchtet es nicht ein, was es bringt, an einer fremden Schule in ein Umfeld geworfen zu werden, in dem man sich später nie mehr bewegen wird», sagt sie. Dasselbe Fragezeichen setzt sie bei den Prüfungslektionen. Man werde für eine Momentaufnahme in eine Klasse gestellt und müsse dann eine Glanzleistung abliefern. «Das ist doch unrealistisch, dabei zeigt sich nicht, ob jemand gut unterrichtet, eine Beziehung zur Klasse aufgebaut hat und mit welchen Arbeitsmethoden diese Person lehrt, sondern eher, ob sie mit Stress umgehen und sich rasch auf eine neue Umgebung einstellen kann.»
Für den Schulalltag haben sich die drei viel vorgenommen. «Die grösste Herausforderung ist für mich», so Severin Brunold, «einen lehrreichen und interessanten Unterricht anzubieten, der methodisch abwechslungsreich ist, auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zugeschnitten ist und sie weder unter- noch überfordert.» Manuela Knecht hat sich vorgenommen, nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern fachlich stets am Ball zu bleiben und die Weiterbildungsangebote an der Universität Zürich zu nutzen. Ulrike Zeuch formuliert es so: «Mein Ziel ist es, die einzelnen Schüler wahrzunehmen und sie individuell so zu fördern, dass sie dorthin kommen, wo sie ihre Potenziale am besten entfalten können.»