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Forschungsqualität

Verlagsprestige als messbare Grösse

Elea Giménez-Toledo vom «Spanish National Research Council» (CSIC) stellte kürzlich an der Universität Zürich einen neuen Ansatz zur Ermittlung von Forschungsqualität vor: Da Monographien nach wie vor einen der wichtigsten geisteswissenschaftlichen Dokumenttypen darstellen, versucht ihre Forschungsgruppe, das Prestige der einzelnen Verlage bezifferbar zu machen. 
Bojan Peric
Wie lässt sich Qualität geisteswissenschaftlicher Forschungsprojekte messen? Elea Giménez-Toledo vom «Spanish National Research Council» stellt einen Vorschlag zur Diskussion.

Dass Forschung nicht automatisch auch gute Forschung ist, sollte einleuchten. Die Notwendigkeit der Beurteilung von Forschungsqualität ebenso. Hinsichtlich der Mittel und Verfahren, die wissenschaftliche Spreu vom Weizen zu trennen, scheiden sich jedoch die Geister.

Bereits seit längerer Zeit haben sich in den Natur- und Lebenswissenschaften bibliometrische Methoden etabliert, welche einzelne Aspekte der Qualität von Forschungstexten – dem nach wie vor wichtigsten wissenschaftlichen Output – mit verhältnismässig geringem Aufwand und hinreichend genau zu erfassen versuchen. Diese basieren primär auf der Ermittlung der Zitationshäufigkeit, wie zum Beispiel der Frequenz, mit der Zeitschriftenaufsätze nach ihrer Veröffentlichung von anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in ihren eigenen Veröffentlichungen zitiert werden.

Das Eruieren entsprechender Zahlen ist in der Zeit von Online-Datenbanken kein grosses Problem. Umfassende Portale wie das «Web of Knowledge» oder «Scopus» stellen die notwendigen Daten bereit. Sie erfassen sämtliche Verweise zwischen Publikationen in ausgewählten Fachzeitschriften unterschiedlichster Forschungsgebiete, woraus sich «Qualitätskoeffizienten» für einzelne Forscher, Lehrstühle, Hochschulen und Länder errechnen lassen.

Zitationshabitus jeweils unterschiedlich

Schwieriger wird es jedoch, wenn Fächer evaluiert werden, deren Publikationsgepflogenheiten nicht den Standards der grossen Datenbanken entsprechen – wie beispielsweise jene der meisten Geisteswissenschaften. In diesen werden Texte häufig «nur» in national relevanten Zeitschriften oder als Monographien veröffentlicht.

Diese Textkorpora sind jedoch, wenn überhaupt, elektronisch nur unvollständig erfasst, was zu Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer Auswertung führt. Darüber hinaus erscheinen bibliometrische Methoden in den Geisteswissenschaften ohnehin nicht besonders vielversprechend zu sein, da der Zitationshabitus im Vergleich zu Naturwissenschaften ein gänzlich anderer ist.

Alternativen zur Bibliometrie

Aus diesen Gründen versuchen moderne Ansätze, die herkömmlichen Methoden der Qualitätsmessung zu transzendieren. Allen voran das von der Schweizer Rektorenkonferenz (CRUS) geförderte Projekt «Entwicklung und Erprobung von Qualitätskriterien für die Forschung in den Geisteswissenschaften» der Universitäten Zürich und Basel. Dieses hat zum Ziel – basierend auf Umfragen innerhalb der Forschungscommunity – Indikatoren herauszuarbeiten, die für eine Beurteilung der geisteswissenschaftlichen Forschung, hier in erster Linie der Literatur- und Kunstwissenschaften, verwendet werden können.

Der Spanish National Research Council (CSIC) hingegen verfolgt, wie von Giménez-Toledo in ihrem Vortrag ausführlich dargestellt, eine andere Idee: Angesichts erwähnter Schwierigkeiten sowie der Tatsache, dass Monographien nach wie vor einen der wichtigsten geisteswissenschaftlichen Dokumenttypen darstellen, versucht die Forschungsgruppe, das Prestige der einzelnen Verlage bezifferbar zu machen. Da sich Monographien, wie erwähnt, in vielerlei Hinsicht der automatischen oder quantitativen Bearbeitung entziehen, könnte die Tatsache, dass ein bestimmtes Buch in einem bestimmten Verlag erschienen ist, durchaus Rückschlüsse auf dessen Qualität erlauben.

Ähnlich wie beim Projekt der Universitäten Zürich und Basel werden die notwendigen Prestige-Indikatoren mittels Umfragen innerhalb der wissenschaftlichen Community eruiert. Daraus ergeben sich fachspezifische wie interdisziplinäre Rankings von Verlagen, die in einem regelmässigen Rhythmus aktualisiert werden. Das CSIC plant, die während mehrerer Jahre erstellten Ranglisten in den nächsten Tagen online verfügbar zu machen.

Sind multiperspektivische Ansätze die Zukunft?

Freilich ist die Qualitätsbeurteilung in den Wissenschaften ein fragiles und zugleich hochkomplexes Feld. Nicht zuletzt daher ist ein multiperspektivischer Ansatz vorteilhaft; von einer einzigen hinreichenden Herangehensweise auszugehen, ist mehr als illusorisch. Sich gegenseitig ergänzende Instrumentarien, wie sie in der Schweiz und in Spanien entwickelt werden, tragen zur Transparenz von Forschungsleistungen bei, auch und insbesondere in Fächern, die bis anhin als nur schwer evaluierbar gelten.