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Frau Boothe, was ist der Zweck des neuen Psychotherapeutischen Zentrums?
Mit dem «Psychotherapeutischen Zentrum» vereinen wir das Beratungs- und Therapieangebot aller Lehrstühle am Psychologischen Institut der Universität Zürich. Dazu gehören Therapien für Kinder, Jugendliche, Paare und Familien, Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin, psychoanalytische Psychotherapie, Angebote für Personen, die unter den Folgen traumatischer Erfahrungen leiden, spezifische Depressionsbehandlungen oder Therapieangebote im Internet.
Wir Therapeuten haben dabei die Chance, voneinander zu lernen, uns auszutauschen und unser professionelles Können weiter zu entwickeln. Wir repräsentieren jeweils unterschiedliche therapeutische Schulrichtungen. Im Sinn einer Kooperation engagieren wir uns für eine gesamthaft neue Entwicklung in der Psychotherapie, die vom Schulenstreit loskommt.
Wird dadurch das Behandlungsdickicht für Patienten überschaubarer?
Psychische Beschwerden können ganz unterschiedliche Ursachen haben. Wichtig ist es, die richtige Therapie zu wählen. Das erfolgt am besten in der Zusammenarbeit von Psychologen unterschiedlicher Ausrichtung und Kompetenz.
Wer sich für eine Psychotherapie entscheidet, findet sich tatsächlich schnell in einem verwirrenden Behandlungsdickicht wieder. Unterschiedliche Therapieformen und -schulen konkurrieren um Patienten, Marktanteile und Deutungshoheit. Im Alltag ist es oft Zufall, in wessen Hände ein Patient gerät. Bei der Entscheidung, welche Therapieform und welcher Therapeut passen, können Vermittlungsstellen wie das neue Zentrum helfen.
Bisher hat jeder Lehrstuhlinhaber mehr oder weniger für sich gearbeitet. Worin besteht die Herausforderung in der Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit ist gar nicht so selbstverständlich. Wir beschreiten damit an der Universität Zürich neue Wege. Wir wollen voneinander profitieren. Dazu muss natürlich auch jeder bereit sein, seine Domäne zu verlassen und mit den anderen zusammen zu arbeiten.
Eins treibt uns voran: Die besten Therapien sind diejenigen, die auf die Patienten und ihre speziellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Je breiter unser Wissen über neue Therapieformen, um so grösseren Nutzen kann der Patient daraus ziehen.
Worin besteht der Vorteil für Ratsuchende mit psychischen oder psychosomatischen Problemen?
Es ist vorgesehen, dass Ratsuchende nach Vorgesprächen vom Zentrum aus an die richtigen Therapie-Stellen innerhalb oder ausserhalb der Universität verwiesen werden.
Im Moment ist es noch so: Ein Patient weist sich aufgrund der Informationen auf der Webseite quasi selbst zu. Gelangt er dann zum Beispiel in meinen psychotherapeutischen Bereich, führen wir Abklärungsgespräche mit dem Patienten, bei denen wir gemeinsam mit ihm sein Problem diagnostizieren, sein Anliegen herausarbeiten und den Behandlungsbedarf formulieren. Je nach Ergebnis empfehlen wir ihm eine Behandlung im Rahmen unseres Zentrums oder übermitteln ihn niedergelassenen Fachleuten.
Wo liegt der Unterschied zwischen dem UZH-Angebot und privaten Praxen?
Wir arbeiten zwar beratend und psychotherapeutisch, sind aber keine Konkurrenz zu privaten Praxen. Der grosse Unterschied ist der, dass wir im Rahmen von Forschung, Weiterbildung und Lehre mit Patienten arbeiten. Unsere Behandlungen stehen oft im Zusammenhang mit Forschungsfragen und Qualitätsmanagement. Sprich: Patienten werden gefragt, ob ihre anonymisierten Daten für Studien zu Verfügung stehen dürfen.
An meiner Abteilung nehmen wir zum Beispiel Gespräche mit Patienten per Video auf. Mit dem Einverständnis der Patienten nutzen wir diese Aufnahmen zur eigenen Qualitätskontrolle, im Zusammenhang mit Forschungsfragen, gelegentlich auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen und der Weiterbildung.
Wie finanziert sich das neue Zentrum?
Wir sind eine selbsttragende Organisation. Das Geld, das wir mit Beratungen und Behandlungen einnehmen, fliesst in das neue Psychotherapeutische Zentrum. Die Universität stellt die Räumlichkeiten an der Attenhoferstrasse 9 zur Verfügung.