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Persönlichkeitsforschung

Gar nicht lustig

Gelotophobe leiden unter der Angst, ausgelacht zu werden. Doktorandin Tracey Platt untersucht am Lehrstuhl für Persönlichkeitsforschung und Diagnostik, wie Betroffene das Lachen ihrer Mitmenschen wahrnehmen. Am internationalen Kongress der Humorforscher in Boston wird sie Anfang Juli dafür den «Graduate Student Award» erhalten.
Adrian Ritter

Nicht immer kommt gut an, was lustig gemeint ist. Für manche Menschen reicht schon ein wohlwollendes Lächeln, um sich ausgelacht zu fühlen. Tracey Platt, Doktorandin am Lehrstuhl Persönlichkeitsforschung und Diagnostik, schätzt, dass allein in der Schweiz rund 450'000 Menschen unter Gelotophobie leiden, davon rund 40'000 Personen an einer schweren Form.

Kann auch falsch verstanden werden: Gelotophobe leiden unter der Angst, vor ihren Mitmenschen ausgelacht zu werden.

Grund genug, ein Forschungsprojekt zu lancieren. Unterstützt vom Schweizerischen Nationalfonds sind am Lehrstuhl von Professor Willibald Ruch am Psychologischen Institut der Universität Zürich seit 2009 mehrere Forschende mit der Angst vor dem Ausgelachtwerden beschäftigt.

Von Scham bis Ärger

«Wir wollen herausfinden, wie Gelotophobe verschiedene Situationen, Menschen und deren Lachen wahrnehmen und allenfalls falsch interpretieren», sagt Tracey Platt.

Rund 400 Personen haben bisher an einer breit angelegten, öffentlichen Online-Umfrage teilgenommen. Die Teilnehmenden erhalten die Möglichkeit, in einem grösseren Rahmen an der Studie am Psychologischen Institut teilzunehmen.

Erste Ergebnisse zeigen, dass Gelotophobe weniger oft und intensiv Gefühle wie Freude und Erleichterung ausdrücken, wenn sie sich etwa vorstellen sollen, jemanden zu umarmen oder ein Missgeschick verhindern zu können.

Bezüglich Emotionen wie Zufriedenheit, Dankbarkeit oder dem Stolz auf die eigenen Leistungen sind keine Unterschiede zwischen Gelotophoben und Nicht-Gelotophoben festzustellen. Platt führt dies darauf zurück, dass Gelotophobe diese Gefühle selber gut kennen: Zufrieden sein, wenn man nicht ausgelacht wird, stolz sein, wenn einem Herausforderungen trotz der Gelotophobie gelingen und Dankbarkeit gegenüber Menschen, von denen man sich nicht ausgelacht fühlt.

Lächeln international

Ist die Angst, ausgelacht zu werden, vielleicht aber auch kulturell geprägt? Um diese Frage zu beantworten, haben Forschende in Taiwan und den Vereinigten Arabischen Emiraten dieselben Methoden angewandt wie ihre Zürcher Kollegen.

Demnach ist Gelotophobie auch kulturell geprägt. Die gemessenen Gelotophobie-Werte sind in Taiwan und den Vereinigten Arabischen Emiraten deutlich höher als in der Schweiz. Die Forschenden sprechen denn auch von «high shame cultures»: «Ausgelacht zu werden ist in diesen Ländern viel stärker mit Gesichtsverlust und Ehrverlust verbunden als in der Schweiz», so Tracey Platt.

Aber auch innerhalb der Gruppe der Gelotophoben gibt es Unterschiede zu vermelden. In der Schweiz und in Taiwan reagieren Gelotophobe vor allem mit Scham und Angst, wenn sie sich ausgelacht fühlen. Bei den Versuchspersonen in den Vereinigten Arabischen Emiraten löst es in der Regel Traurigkeit und Ärger aus. Woraus sich dieser Unterschied ergibt, wird die Forschungsgruppe noch zu klären versuchen.

Tracey Platt wird noch mindestens bis zum Abschluss ihrer Dissertation 2012 mit dem Thema beschäftigt sein. Vorerst erhält sie aber als Anerkennung ihrer Forschung am Kongress der International Society for Humor Studies (ISHS) in Boston den «Graduate Student Award» verliehen.