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Nach dem langen Winter geniessen wohl die meisten von uns das Bad in der Frühlingssonne. Das ist nicht nur für die Stimmung gut: Durch die Sonneneinstrahlung bilden wir das für die Gesundheit wichtige Vitamin D.
Vor allem die Knochen leiden unter einem Entzug von natürlichem Licht in der dunklen Jahreszeit, denn normale Zimmerlampen erzeugen keine UV-Strahlung. Im Gegensatz zu anderen Vitaminen stellt der menschliche Körper Vitamin D nämlich selbst her: In der Haut, aus Cholesterin-Vorstufen, aber nur unter der Einwirkung von UV-Licht des mittleren Bereichs, des sogenannten UV-B-Lichts.
Zu den Krankheiten, die durch Vitamin-D-Mangel bedingt sind, gehört beispielsweise die Osteoporose. Knochenbrüche und Stürze werden durch die Unterversorgung gefördert, da die Knochen an Masse verlieren und die Muskeln schwach werden. Ohne Vitamin D kann der Darm nur einen Bruchteil des Calciums aus der Nahrung aufnehmen, und die direkte Wirkung von Vitamin D auf die Muskulatur fehlt.
Jetzt konnte Heike Bischoff-Ferrari vom Zentrum Alter und Mobilität der Universität Zürich zusammen mit Forscherkollegen die positive Wirkung des Vitamins für ältere Menschen mit Hüftbruch nachweisen.
Mit Robert Theiler und Andreas Platz vom Stadtspital Triemli in Zürich untersuchte sie im Rahmen einer Studie 173 Patientinnen und Patienten nach einer Hüftbruchoperation. Alle Studienteilnehmer nahmen täglich Vitamin D ein. Die eine Hälfte von ihnen in der empfohlenen Standarddosis von 800 internationale Einheiten, die andere Hälfte in einer zweieinhalbfach erhöhten Dosis.
Dabei zeigte sich: Patienten und Patientinnen mit der höheren Dosis mussten im Folgejahr seltener wieder ins Spital eingeliefert werden, was vor allem durch deutlich weniger Sturzverletzungen und weniger Infekte erklärt werden konnte.
«60 Prozent weniger schwere Sturzverletzungen und 90 Prozent weniger schwerwiegende Infekte zeigten sich bei Probanden mit Hochdosierung. Dadurch steigt nicht nur die Lebensqualität der Patienten», erklärt Bischoff-Ferrari. Durch die kostengünstige Abgabe von Vitamin D könnten die immensen Kosten für Folgeoperationen und Spitalbehandlungen eingedämmt werden.
Nebenwirkungen der Vitamin-D-Abgaben liessen sich keine feststellen.
Das Vitamin D erhalten Menschen auf zwei Wegen: Über die Nahrung und über das Sonnenlicht. Das Vitamin wird vom Körper in der Haut gebildet, wenn diese mit ultraviolettem Licht (UV-B-Strahlung) in Kontakt kommt. Im Sommer können 15 Minuten Sonnenlicht am Tag helfen, den Vitamin-D-Bedarf zu decken.
Doch im Winter fehlt die nötige Sonnenintensität in ganz Europa, um Vitamin D zu produzieren, auch exponieren wir nur etwa fünf Prozent unserer Haut der Sonne. Bei älteren Menschen kommt dazu, dass sie häufig die Sonne meiden und vier mal weniger Vitamin D in der Haut produzieren als jüngere Personen. Allerdings ist die Sonne nicht ohne Gefahr: Hautalterung, Krebsrisiko.
Bischoff-Ferrari empfiehlt die Einnahme von 700 bis 1000 Einheiten Vitamin D bei Menschen ab 60 Jahren unabhängig von der Jahreszeit. «Das entspricht den neusten Empfehlungen der International Osteoporosis Foundation. Abhängig vom Produkt, sind das 2 bis 8 Tropfen Vitamin D pro Tag», sagt Bischoff-Ferrari. Bei jüngeren Erwachsenen gebe es noch zu wenig klinische Studien, um eine generelle Vitamin D Supplementation zu empfehlen. Allerdings sei die Vitamin-D-Unterversorgung auch bei jüngeren Erwachsenen und Kindern häufig.
Vitamin-D-Quellen in der Ernährung sind leider rar. In grösseren Mengen ist Vitamin D nur im fetten Fisch anzutreffen, besonders Lachs, Aal oder Makrelen. «Um die nötige Menge an Vitamin D aufzunehmen, müssten wir zwei Portionen Lachs am Tag essen. Diese Strategie ist also nicht realistisch», erläutert Bischoff-Ferrari.
Neben dem Einfluss von Vitamin D untersuchte die Studie bei den Hüftbruchpatienten auch den Zusatznutzen eines einfachen, im Spital erlernten und zu Hause selbständig durchgeführten Physiotherapieprogramms.
Die Wissenschaftler verglichen dieses mit der Standardphysiotherapie im Akutspital ohne Heimprogramm. Dabei zeigte sich: Das zusätzliche Heimprogramm verringerte die Anzahl Stürze im Folgejahr nach der Hüftbruchoperation um einen Viertel, jedoch hatte es keinen eindeutigen Einfluss auf die Anzahl Sturzverletzungen, die Spitalpflege erforderten.
Weil sowohl ein solches Heimprogramm als auch Vitamin D in hoher Dosierung der Gesundheit von Hüftbruchpatienten förderlich sind, empfiehlt das Forschungsteam beides.
«Hochdosiertes Vitamin D und das Heimprogramm sind einfache Präventionsmittel mit nur geringen Kosten – die das Gesundheitssystem nicht wesentlich belasten», sagt Bischoff-Ferrari. «Und sie haben eine grosse Wirkung. Auch die ältesten Patientinnen der Studie sprachen darauf an.»