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Über Kontakt zur jungen Generation können sich ältere Menschen in der Schweiz nicht beklagen, zumindest was die eigenen Enkelkinder anbelangt. Rund drei Viertel der über 65-Jährigen haben heute Enkelkinder. François Höpflinger, Professor am Soziologischen Institut der Universität Zürich und am Universitären Institut «Alter und Generationen» (INAG) in Sion, wollte es genauer wissen: Wie sieht der Kontakt zwischen den beiden Generationen aus und welche Wünsche haben sie aneinander?
Nachgehen konnten die Forschenden diesen Fragen im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes 52 «Kindheit, Jugend und Generationenbeziehungen im gesellschafltichen Wandel». Am Donnerstag wurden in Bern Ergebnisse vorgestellt, darunter die Studie «Enkelkinder und ihre Grosseltern» von Höpflinger und seinen Mitautorinnen Cornelia Hummel, Oberassistentin am Soziologischen Institut der Universität Genf, und Valérie Hugentobler, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am INAG.
Die steigende Lebenserwartung führt laut Höpflinger dazu, dass sich die gemeinsame Lebenszeit der beiden Generationen in den letzten Jahrzehnten wesentlich erhöht hat. Nur rund vier Prozent der 12-16 Jährigen haben keine lebenden Grosseltern, wobei wegen der höheren Lebenserwartung der Frauen Grossmütter häufiger präsent sind als Grossväter.
Dass allerdings mehrere Generationen zusammen wohnen, ist in der Schweiz schon lange die Ausnahme. Die zunehmende Mobilität hat zur Folge, dass viele Grosseltern in einiger Distanz zu den Enkelkindern oder gar im Ausland wohnen.
Eine 2004 in den Kantonen Zürich, Genf und Wallis durchgeführte Befragung von 12-16 jährigen Schülerinnen und Schülern und ihrer Grosseltern zeigte, dass gerade bei entfernt lebenden Grosseltern die Enkel häufig den Wunsch nach vermehrtem Kontakt hätten. Technisch versierte Grosseltern versuchen diesen Mangel an gemeinsam verbrachter Zeit durch E-Mail und SMS-Kontakt auszugleichen.
Gemäss der «Brücken-Hypothese» bilden Grosseltern für die jungen Enkel eine Verbindung in eine noch unbekannte Welt: Sie sind vertraute Personen, verhalten sich aber anders als die Eltern. Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass Wertorientierungen der älteren Generation umso weniger übernommen werden, je mehr die Grosseltern gezielt ihre Enkel beeinflussen wollen.
Für die Enkel sind die Grosseltern oft die einzigen Vertreter der älteren Generation, zu denen sie eine engere persönliche Beziehung haben. Kein Wunder, schätzt eine Mehrheit von fast 90 Prozent der befragten Jugendlichen die Beziehung zu den Grosseltern als wichtig ein. Gemäss Höpflinger schätzen es die Jungen insbesondere, wenn die Grosseltern «ungefragt Zeit haben». Die Grosseltern sind vor allem Ansprechpersonen für Themen aus Schule, Freizeit und Familie. Gern werden sie auch über das Fehlverhalten der Eltern während ihrer Jugendzeit ausgefragt.
Intime Themen, Liebesgeschichten oder Geheimnisse besprechen die Jugendlichen allerdings eher selten mit den Grosseltern und gehen damit erwartungsgemäss vor allem in den gleichaltrigen Freundeskreis.
Die Grosseltern werden von den befragten Teenagern dafür geschätzt, dass sie sich weniger einmischen als Eltern und Lehrpersonen und «vielleicht auch einmal ein oder zwei Augen zudrücken», so Höpflinger. Zentral ist für die Enkelinnen und Enkel auch, dass sie beim Heranwachsen von den Grosseltern nicht mehr als «Kind» behandelt werden. Sind diese Erwartungen erfüllt, wird der Generationenkontakt durchaus geschätzt, auch wenn der Wunsch nach Gesprächen auf der Seite der Grosseltern immer etwas ausgeprägter ist als bei den Jugendlichen.