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Tagtäglich machen Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen vielfältige Erfahrungen rund um den Verlauf von Krankheiten, die Gesundheitsversorgung, die Unterstützung, die sie erhalten und die Entscheidungen, die sie treffen müssen. «Daraus lassen sich wertvolle Rückschlüsse ziehen», sagt Nikola Biller-Andorno, Professorin am Institut für Biomedizinische Ethik und Medizingeschichte der UZH, «nicht nur für die Institutionen des Gesundheitswesens, sondern auch für die Aus- und Weiterbildung, die Forschung und die Selbsthilfe.»
Zusammen mit einer Gruppe von Forschenden von UZH und ZHAW-Departement Gesundheit hat Biller-Andorno eine umfangreiche Sammlung von Erfahrungsberichten rund um verschiedene Krankheitsbilder und Gesundheitsthemen lanciert: die Database of Individual Patient Experiences (DIPEx). Die Berichte werden in thematische Module gruppiert und über die Website dipex.ch sukzessive öffentlich zur Verfügung gestellt. Das inhaltliche Spektrum reicht von Demenz und Covid-19 über chronische Schmerzen und psychische Gesundheit bis hin zu Schwangerschaft und pränataler Diagnostik.
«Viele Erfahrungsberichte im Internet und in den sozialen Medien werden in einer bestimmten Absicht – etwa für Marketingzwecke – eingesetzt», erläutert Biller-Andorno. «Im Gegensatz dazu ist unsere Sammlung systematisch aufgebaut, unabhängig und wissenschaftlich abgestützt.» Das Projekt hat sich bewusst dem HON-Code (Health on the Net) verpflichtet, der ein Sponsoring durch die Industrie und damit die Einflussnahme oder Verwertung der Daten zu Marketingzwecken ausschliesst.
Von den öffentlich zugänglichen Erfahrungen anderer zu lernen, ist in vielerlei Hinsicht wertvoll und mitunter ein bewährtes Mittel der Selbsthilfe: Zu hören, wie andere Betroffene auf eine Diagnose reagieren, wie sie im Alltag zurechtkommen und warum sie welche Behandlungsentscheidungen treffen, kann Menschen bei der eigenen Krankheitsbewältigung unterstützen.
Indem DIPEx die Perspektive von Menschen spiegelt, die das Gesundheitssystem nutzen, dient die Plattform auch als Informationsquelle zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. «Um patientenorientierte Versorgungsangebote, Qualitätsmassnahmen und Best-Practice-Modelle zu entwickeln muss man wissen, was Patientinnen und Patienten im Krankheitsverlauf wichtig ist», so Biller-Andorno. Die systematisch aufbereiteten Erzählungen von Betroffenen und Angehörigen lassen sich auch für Aus- und Weiterbildungszwecke in Medizin- und Gesundheitsberufen nutzen: Sie helfen, junge Fachkräfte im Gesundheitswesen für die Perspektive von Patienten und Angehörigen zu sensibilisieren.
Nicht zuletzt leistet das Projekt einen Beitrag zur narrativen Forschung in einem gesundheitsbezogenen Umfeld. Nachwuchsforschenden aus Medizin oder anderen Gesundheitsdisziplinen, aber auch aus den Sprachwissenschaften oder den Medical Humanities bietet es die Chance, in einem wachsenden interdisziplinären Forschungsgebiet Fuss zu fassen. Zudem können die Erfahrungsberichte in die Entwicklung praxisnaher Produkte – etwa Entscheidungshilfen oder Versorgungsguidelines – einfliessen.