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Die Natur und ihre Diversität bilden die Grundlage allen Lebens. Das biologische Netzwerk versorgt uns mit Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, mit Luft zum Atmen. Doch obwohl dies alles hinlänglich bekannt ist, geht der Verlust ungebremst weiter. Rund ein Viertel aller Arten ist vom Aussterben bedroht und der Zustand natürlicher Ökosyteme verschlechtert sich laufend. «Es braucht eine Trendwende», sagt Cornelia Krug, Koordinatorin der Schnittstelle Wissenschaft – Politik des Universitären Forschungsschwerpunktes «Global Change and Biodiversity» der Universität Zürich.
In Zusammenarbeit mit einem international besetzten Steuerungsausschuss organisiert Krug nun zum zweiten Mal das «World Biodiversity Forum», das diese Woche über 500 Forscherinnen und Forscher sowie «Praktiker der Biodiversität» nach Davos bringt. Weitere rund 150 Personen partizipieren an der hybrid geführten Konferenz online.
Es gehe nicht nur um den Austausch neuer Ergebnisse und Methoden, sondern vor allem auch um Lösungsansätze, betont Krug. «Inspiration zum Handeln» lautet denn auch folgerichtig das Motto der Konferenz, die im Jahr 2020 erstmals stattfand und von der UZH zusammen mit dem Forschungsnetzwerk bioDISCOVERY durchgeführt wird. Michael Schaepman, Rektor der UZH, plädierte zum Start der Konferenz für ein klares Ziel der weltweiten Anstrengungen: «Wir müssen eine klare Botschaft für ein Biodiversitäts-Ziel finden, analog zum Pariser Klimaziel.»
An dem Symposium nehmen Fachleute aus verschiedenen Disziplinen wie der Botanik, Zoologie, Genetik oder Hydrologie und Fernerkundung teil, aber auch Vertreter wissenschaftlicher Gebiete, die man nicht unbedingt an einer Biodiversitätskonferenz vermuten würde – zum Beispiel aus dem Bereich Banking und Finance. So thematisiert unter anderem Marc Chesney, Professor für Quantitative Finance der UZH, wieso die vorherrschenden ökonomischen Grundsätze gefährlich sein können. Hintergrund dieser Debatte ist die Suche nach neuen Finanzinstrumenten, die nachhaltiges Wirtschaften belohnen. «Es braucht ein Umdenken in der Finanzindustrie», sagt Krug.
Ein weiteres Thema der Konferenz betrifft Berggebiete, in denen wertvolle Flächen dramatisch zurückgehen. Trotz ihrer Bedeutung ist über die biologische Vielfalt in den hoch gelegenen Berggebieten immer noch zu wenig bekannt. Das reicht von der mikrobiellen Vielfalt in den Gletscherabflüssen bis zur Artenvielfalt im Permafrost oder den Bergwiesen. Die Diversitätsforscher um Markus Fischer (Universität Bern) mahnen deshalb umfassende Inventare der Artenzusammensetzung an. Wertvolle Unterstützung kommt in diesem Bereich von Citizen Scientists. Zunehmend engagieren sich Bürgerinnen und Bürger für die Inventarisierung und den Erhalt der Gebirgsflora.
Praktische Ansätze verfolgt auch Peter Bach von der Eawag, dem Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs. Der Ingenieur leitet an der Konferenz das Schwerpunkt-Thema «Blue Green Cities», an der Konzepte besprochen werden, um die Biodiversität in städtischen Zentren zu erhöhen. Artenreiche Areale und Wasserläufe sollen in den Städten vielfältige Lebensräume sowohl für Menschen als auch für die Flora und Fauna schaffen.
Die Symposien zur Stadtentwicklung zeigen exemplarisch, wie eng die Biodiversitätskrise und der Klimawandel zusammenhängen. Grünflächen können in den Städten die Erwärmung lokal um mehrere Grade senken. Generell verstärkt der Verlust von Wäldern und artenreichen Landschaften die Erwärmung, während höhere Temperaturen wiederum den Artenverlust beschleunigen. «Klimawandel und Artenverlust verstärken sich gegenseitig», sagt Krug. Die Begrenzung des Artenverlusts ist damit ebenso wichtig wie die Limitierung der Erwärmung – gemäss Pariser Protokoll um höchstens 1.5 Grad.
Die Davoser Konferenz wirft damit ein Schlaglicht auf die Konvention zur Biologischen Vielfalt, die vor dreissig Jahren am Erdgipfel in Rio de Janeiro zusammen mit der Klimakonvention verabschiedet wurde. Für die Biodiversitäts-Konvention steht im Dezember diesen Jahres im kanadischen Montréal ein wichtiger Meilenstein an, denn ihre Ziele sollen an der Konferenz bekräftigt und ihre Geltungsdauer bis 2050 verlängert werden. Das Motto der Davoser Konferenz möchte Cornelia Krug denn auch mit Blick auf die Biodiversitätskonvention Ende Jahr verstanden wissen: Es sei Zeit, zu handeln. Zum Abschluss der Konferenz in Davos ist eine Resolution mit konkreten Handelsempfehlungen geplant.