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Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig eine rasche und verlässliche Diagnostik des Virus zur Kontrolle des Geschehens ist. Dies gilt zu Zeiten geringer Fallzahlen, aber erst recht in der exponentiellen Phase, wenn sich die Zahl der Infizierten innert weniger Tage verdoppelt. Am Zentrum für funktionelle Genomik der UZH und ETH (FGCZ) hat sich ein Team um Ralph Schlapbach Gedanken gemacht, wie neuste Technologien der DNA-Sequenzierung für den Nachweis des Corona-Virus nutzbar gemacht werden können. Herausgekommen ist ein interessantes Methodenpaper, das Anfang Juni auf dem Preprintserver bioRxiv publiziert wurde.
«Wir können mit unserem Verfahren Hunderttausende von Proben innert weniger Tagen analysieren», sagt Ralph Schlapbach, Leiter des FGCZ. Damit lassen sich die Infektionsraten präzis abbilden und Massnahmen zur Eindämmung gezielt planen. «Die Methode könnte beitragen, die Pandemie auf ihren Höhepunkten besser zu kontrollieren», sagt Schlapbach und erwähnt Länder wie die USA oder Brasilien, wo das Virus gerade grassiert. Erstautor der Studie ist Postdoktorand Emilio Yángüez aus dem Team von Catharina Aquino.
Möglich ist dies dank dem sogenannten Next Generation Sequencing, das heute zur Analyse der DNA von tierischen und pflanzlichen Zellen oder krankem Gewebe, beispielsweise von Krebszellen, verwendet wird. Mediziner erstellen so zum Beispiel einen genetischen Fingerprint der krankhaften Zellen, um ihre Therapien optimal abzustimmen. Dabei werden mehrere Milliarden DNA-Bausteine einer Zelle innert Stunden sequenziert und mit biostatistischen Methoden zur integralen Genomsequenz zusammengesetzt. Die für die Sequenzierung nötigen Geräte sind heute Standard in genetischen Forschungsinstituten und grösseren Spitallabors.
Das Team am FGCZ hat diese Sequenziertechniken zur Diagnose von Sars-CoV-2 umfunktioniert. Eigentlich seien diese Methoden nicht zu Diagnosezwecken entwickelt worden, sagt Schlapbach, da man damit sozusagen mit Kanonen auf Spatzen zielt. Aber die potente Technologie erlaubt die gleichzeitige Sequenzierung von tausenden von Erbgut-Abschnitten. Diese parallele Sequenzierpower lässt sich einsetzen, um grosse Zahlen von Rachenabstrichen gleichzeitig daraufhin zu testen, ob sie charakteristische Sars-CoV-2-Gene enthalten oder nicht. Hunderttausende von Menschen können so innert Tagen hinsichtlich einer Infektion analysiert werden.
Versuchsreihen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Virologie der UZH haben die Machbarkeit des neuen Ansatzes bestätigt. «Wir haben gezeigt, dass die Methode funktioniert», sagt Schlapbach. Gegenüber herkömmlichen Nachweisverfahren, die auf der quantitativen PCR-Technologie basieren, hat die Methode nebst der grösseren Kapazität noch einen weiteren wichtigen Vorteil: Die untersuchten Genabschnitte des Virus werden zum Nachweis einer Infektion nicht nur auf ihr Vorhandensein geprüft, sondern auch sequenziert.
Diese Information zum Aufbau der viralen Erbinformation RNA lässt Rückschlüsse über die Infektionsketten und die Herkunft des Virus zu, das heisst die Proben können genetisch miteinander in Beziehung gebracht werden. Die Analysen zeigen damit auch, wenn das Virus auffällig mutiert – was beispielsweise Anpassungen bei den Schutzmassnahmen nötig machen könnte. «Die Sequenzierung könnte bei Bedarf auf weitere Gene des Virus und der infizierten Personen ausgedehnt werden», sagt Schlapbach.
Was die Kosten betrifft, so wäre die neue Diagnose aufgrund des hohen Durchsatzes günstig zu haben. Schlapbach rechnet mit rund zwei Franken Materialkosten pro Testprobe, wobei die Gewinnung der RNA aus dem Rachenabstrich dabei noch nicht enthalten ist. Trotz all diesen Vorteilen dürfte es aber noch etwas dauern, bis das High-Tech-Verfahren zum Einsatz kommt. «Wir haben ein experimentelles Protokoll veröffentlicht, das die Machbarkeit der potenten Methode zeigt», sagt der Leiter des FGCZ. So sei das Verfahren hinsichtlich Sensitivität noch verbesserungsfähig. Das heisst die Zahl falsch negativer Ergebnisse ist aktuell noch etwas zu hoch. Aber dieser Aspekt lässt sich beheben, ist der Molekularbiologe überzeugt. «Unsere Aufgabe ist es, neue Methoden zu entwickeln und der Community zur Verfügung zu stellen.» Deshalb habe man mit der Publikation auch nicht zugewartet, bis die wissenschaftliche Begutachtung beendet sei, sondern die Methode möglichst rasch auf einem Preprint-Server publiziert. Fachkollegen hätten nun die Angaben zu Hand, um das Testsystem in ihren Labors nach den eigenen Bedürfnissen aufzubauen.