Navigation auf uzh.ch
Die Erde ist ein terrestrischer Planet. Er besteht aus einer äusseren felsigen Kruste und darunterliegendem Mantel, die auf einem flüssigen äusseren Metallkern liegen, der wiederum um einen festen inneren Kern aus Metall fliesst. Das Wissen um diese Strukturen hilft uns, unsere Heimatwelt zu verstehen. Die Existenz von Bergen oder des Erdmagnetfeldes zu erklären, wäre beispielsweise sonst schwierig.
Gasplaneten sind da ganz anders. Sie bestehen hauptsächlich aus leichten Elementen und unterscheiden sich daher grundlegend von der Erde und Co. «Um diese Planeten zu verstehen, braucht es Kenntnisse über das Verhalten ihrer Hauptbestandteile – Wasserstoff und Helium – unter Bedingungen, die auf der Erde nicht existieren», erklärt Ravit Helled, Professorin für Theoretische Astronomie an der Universität Zürich. Sie und ihre Kollegen trugen die jüngsten Erkenntnisse dazu zusammen und kombinierten sie mit neuen Daten von Weltraummissionen, um ein aktualisiertes Bild der riesigen Gasplaneten unseres Sonnensystems zu zeichnen: Jupiter und Saturn.
«Jahrzehntelang haben Forscherinnen und Forscher versucht, die Kernmasse und die Hauptzusammensetzung des Jupiters abzuschätzen, aber es gab kaum einen Konsens», betont Helled. Eine der Hauptschwierigkeiten besteht darin, dass es keine direkten Messungen gibt, die Informationen über den inneren Aufbau dieser Planeten preisgeben könnten. Stattdessen sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf indirekte Messungen wie Masse, Radius und das Gravitationsfeld der Planeten angewiesen. Letzteres gibt Aufschluss darüber, wie die Masse in ihnen verteilt ist. «Dank der präzisen Messungen der NASA-Missionen Juno und Cassini haben wir eine viel bessere Vorstellung von den Gravitationsfeldern von Jupiter und Saturn», sagt Helled.
Währenddessen wurden auch auf der Erde auf einem ganz anderen Forschungsgebiet Fortschritte gemacht: experimentelle Techniken mit Diamant-Ambosszellen. Mit diesen Geräten kann Material – zum Beispiel Wasserstoff – auf extreme Drücke (bis zu mehreren hundert Millionen Atmosphären) komprimiert werden. Solche Experimente sowie genaue Computersimulationen zeigten, wie sich Wasserstoff unter diesen Bedingungen – die auch im Inneren von Riesenplaneten vorkommen – wie ein flüssiges Metall verhält.
Zusammen mit den detaillierten Gravitationsfeldmessungen zeigen diese Ergebnisse, dass das Innere der riesigen Gasplaneten komplexer ist als bisher angenommen. Statt geschichteter Strukturen mit ausgeprägten Kernen scheinen sie ein Inneres zu haben, das besser durch Kompositionsgradienten mit verdünnten Kernen beschrieben wird, die Helled als 'unscharf' bezeichnet. «Dies gibt uns eine neue Sicht auf diese Planeten», sagt sie, «und wird uns helfen, Gasriesen um andere Sterne herum zu charakterisieren.»
Diese neue Sichtweise führt nicht nur zu einem besseren Verständnis der Struktur und der Entstehungsprozesse der riesigen Gasplaneten selbst. Wegen ihrer entscheidenden Rolle in Planetensystemen hilft sie den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch dabei, die Entwicklung des gesamten Sonnensystems besser zu verstehen. Denn mit ihrer enormen Masse und der damit verbundenen starken Schwerkraft hatten sie einen tiefgreifenden Einfluss auf die Flugbahnen kleiner Objekte, wie z.B. Asteroiden, im jungen Sonnensystem. So kontrollierten sie, was auf die inneren Planeten wie die Erde aufschlug. Die Ergebnisse zeigen, wie scheinbar unabhängige Forschungsfelder gemeinsam unser Verständnis des Kosmos beeinflussen können.