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Estefania, Anubha, Ana, Prashant und Zarina: Fünf junge Forscherinnen und Forscher aus Südamerika und Asien verbrachten kürzlich zwei Wochen am GIUZ. Möglich wurde dies durch ein einzigartiges Trainingsprogramm, das von der Universität Zürich gemeinsam mit der Mountain Research Initiative (MRI) organisiert wurde.
Entwicklungsländer sind traditionell unterrepräsentiert, wenn es darum geht, die wissenschaftlichen Fakten zum Klimawandel und seinen Auswirkungen zuhanden der politischen Entscheidungsträger zusammenzutragen. Ziel des Trainingsprogramms ist es, Nachwuchsforschende aus diesen Ländern in ihrer akademischen Laufbahn zu unterstützen. «Wir wollen ihre Kompetenz für Expertenbeiträge zu Gebirgsforschung und Klimawandel stärken», sagt Holger Frey, einer der Organisatoren des Programms.
Mit dem Training am GIUZ und dem anschliessenden Coaching und Mentoring in den nächsten drei Jahren sollen sie fit werden, um eine aktive Rolle in den internationalen Gremien zu übernehmen, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel zusammentragen und bewerten, sei es durch das Verfassen von Überblicksartikeln über ihre Region oder durch Beiträge als Gutachter oder gar Autorinnen zu Berichten des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Der kommende sechste IPCC-Sachstandsbericht wird ein spezielles Kapitel über Berge enthalten, Regionen, die besonders anfällig für den Klimawandel sind. «Das ortsspezifische Wissen der lokalen Forscherinnen und Forscher ist für solche Berichte sehr wertvoll», sagt Frey, «deshalb ist es wichtig, dass sie in den Prozess einbezogen werden.» Nicht zuletzt auch, um die Ergebnisse und Erkenntnisse dieser Berichte an die nationalen Entscheidungsträger weiterzugeben.
Darüber hinaus ist Networking ein integraler Bestandteil des Programms: An der International Mountain Conference in Innsbruck stellten die Trainees ihre Forschung einem internationalen Publikum vor. Und erhielten bei einer Exkursion in die Zentralschweiz hautnah Einblicke in die hiesige Lebenswelt. «Das Programm scheint einen Bedarf zu decken», sagt Frey, «wir hatten fast 100 Bewerbungen und es war nicht einfach, die Auswahl zu treffen.»
«Wissenschaft mit Politik und lokalen Communities verbinden: Dazu möchte ich beitragen. Nicht viele Forscherinnen und Forscher aus Ecuador erhalten diese Möglichkeit. Auf der Konferenz in Innsbruck habe ich wertvolle Einblicke in Bereiche ausserhalb meiner eigenen Forschung erhalten. Für den IPCC-Bericht muss man sich wirklich vernetzen und interdisziplinär sein.»
Ana untersucht den Austausch von Wasser und Energie zwischen Boden, Landoberfläche und Atmosphäre in den hochgelegenen Graslandschaften der Anden, dem sogenannten «páramo». Das Ökosystem dieser Region oberhalb der Waldgrenze bietet wichtige Ökosystemdienstleistungen für Grossstädte in Ecuador und Peru.
«Die Anleitung und Betreuung, die wir mit diesem Training erhalten, ist einfach unbezahlbar. Alle Dozierenden haben so viel Erfahrung und sind so offen für den Austausch! Jetzt weiss ich, wo die Lücken im IPCC-Bericht sind und wie ich dazu beitragen kann.»
Anubha verwendet Daten der Oberflächengeschwindigkeit der Gletscher, um deren Dicke und Massenbilanz im Himalaya und in der Antarktis abzuschätzen, vor allem im Kontext des globalen Klimawandels.
«In meiner Heimat Bolivien hängen grosse Teile des Landes vom Schmelzwasser der Andengletscher ab. Vor zwei Jahren hatten wir eine kritische Dürre, insbesondere in den ländlichen Gemeinden und in der Stadt La Paz. Ich möchte mein Wissen durch eine klare und einfache Kommunikation der Politik und Gesellschaft zur Verfügung stellen. Dieses Training wird mir sehr helfen, dieses anspruchsvolle Unterfangen zu meistern.»
Estefania untersucht die tropischen Anden als wichtiger Hotspot für die Biodiversität. Mit dem Rückzug der Gletscher erreicht immer weniger Wasser die Moore und bedroht damit das empfindliche Ökosystem unter extremen Umweltbedingungen auf 4500 Metern und mehr.
«Es ist eine einzigartige Ausbildungsmöglichkeit, die ich wohl nie wieder haben werde. Für mich war es besonders wertvoll, dass wir unsere Entwürfe für die systematischen Übersichtsarbeiten diskutiert haben, von denen wir hoffen, dass sie dann in den IPCC-Bericht aufgenommen werden. Und ich habe unsere Tour in die Zentralschweiz bei diesem herrlichen Wetter sehr genossen!»
Prashant stammt aus Bhadrapur im Osten Nepals. Anhand von Satellitendaten entwickelt er Modelle, mit denen sich berechnen lässt, wo im Himalaya Permafrost auftritt. Das grossflächige Auftauen des Permafrostes hat erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität der Hänge.
«Zentralasien ist wie ein weisser Fleck auf der Karte. Es liegen nur sehr wenige wissenschaftliche Informationen vor. Mit diesem Training weiss ich nun, was der IPCC von mir will, um mein Wissen einzubringen. Wissenschaft und Forschung in Kasachstan ist mehr für Männer, aber jetzt sind Frauen mehr und mehr dabei. Für mich war es eine intuitive Entscheidung, eine von ihnen zu sein.»
Zarinas Forschungsinteressen liegen in den Bergregionen Zentralasiens. Sie untersucht, wie sich in Hinblick auf den Klimawandel die Versorgung mit Süsswasser sicherstellen lässt, und zwar in Regionen, die von Gletscherschmelzwasser abhängig sind.