Navigation auf uzh.ch
Tuberkulose ist eine hochansteckende bakterielle Infektionskrankheit. Wer von extrem resistenten Keimen befallen ist, kann nicht mehr mit gängigen Antibiotika behandelt werden. Jährlich erkranken weltweit 10,4 Millionen Menschen an Tuberkulose und für 1,4 Millionen Erkrankte verläuft die Infektion tödlich. Die im Jahr 2015 von der WHO verabschiedete «End TB Strategy» zielt darauf ab, bis 2035 die Zahl der Todesfälle um 95 Prozent zu senken. Dennoch nehmen die Fälle von multiresistenter und extrem resistenter Tuberkulose weltweit zu – insbesondere in den Ländern der früheren Sowjetunion, Afrika und Asien. «Ein Grund dafür ist, dass die aktuellen Diagnosetests entweder zu langsam oder zu ungenau sind, um die Keime und ihre Resistenzen zu identifizieren», erklärt der UZH-Molekularbiologe Prajwal.
Diese Lücke will der gebürtige Inder mit einer neuen, schnellen Tuberkulose-Diagnostik schliessen. Gemeinsam mit Forscherkollegen hat er einen molekular-basierten Test entwickelt. Dieser Schnelltest zeigt auf, ob eine bakterielle Tuberkulose-Infektion vorliegt und welche Antibiotioka gegen den Erreger wirken könnten. «Unser Test weist direkt in der Patientenprobe Resistenzen gegen Antibiotika der ersten bis zur letzten Wahl nach – und das innerhalb von 24 Stunden», erklärt Prajwal. Infizierte können dadurch schneller mit wirksamen Antibiotika therapiert werden. Im Vergleich dazu dauert der Nachweis durch eine Bakterienkultur einiges länger – bis zu 10 Wochen, wenn man das ganze Spektrum an Antibiotika testen muss.
Der Schnelltest basiert auf einem sogenannten Multiplex-PCR-Verfahren in Kombination mit Next-Generation Sequencing, wobei das Genom des Tuberkulosebakteriums auf Resistenzgene hin untersucht wird. Dazu wird aus dem Sputum des Patienten die bakterielle DNA isoliert. Mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) werden anschliessend spezifische Gene und Genabschnitte, die zu Resistenzen führen, vervielfältigt und danach sequenziert. Eine eigens programmierte Software analysiert die Resistenzen und erstellt ein Antibiotika-Resistenzprofil. «Das Neue an unserer in-vitro Diagnostik ist, dass es sich um einen integrierten Test handelt, der die Bakterien-DNA auf über 100 Resistenzgene hin prüfen kann», erklärt Prajwal. «Gängige PCR-basierte Verfahren, die Antibiotika-Resistenzen nachweisen, umfassen maximal 12 Resistenzgene.»
Die chemischen Reagenzien, die das PCR-Verfahren ermöglichen und die intelligente Software zur Auswertung der DNA-Sequenzierung sollen gemeinsam als eine Art Baukasten an Diagnostiklabore verkauft werden. Dies ist die Geschäftsidee, die Prajwal gemeinsam mit dem deutschen Bioinformatiker Sebastian Dümcke verfolgt. Entsprechend ausgerüstete Labore werden den Zürcher Test zukünftig selbständig durchführen können. Vorerst müssen die Forscher ihre Diagnostik noch anhand von weiteren Patientenproben prüfen. Für die Durchführung dieser klinischen Studie mit bis zu 500 Patientenproben unterstützt sie die Universität Zürich mit einem Entrepreneur-Fellowship und der Nutzung des UZH IncubatorLabs (siehe Kasten).
Prajwal und Dümcke wollen den neuen Test möglichst schnell auf den europäischen und später auch auf den weltweiten Markt bringen. «Dazu sind wir auf weitere Investoren angewiesen», erklärt der UZH-Forscher. Gemeinsam mit Sebastian Dümcke hat er das Spin-off «Clemedi» gegründet – als wissenschaftliche Berater und Mitgründer an Bord sind zudem Thorsten Buch, UZH-Professor für Labortierkunde und Peter Keller, Tuberkulose-Experte und ehemaliger Leiter Molekulare Diagnostik am Nationalen Zentrum für Mykobakterien. Die Vision von Clemedi ist, andere diagnostische Tests für weitere multiresistente Infektionserreger anzubieten, wie etwa für im Spital erworbene oder sexuell übertragbare Infektionen.