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Die NASA-Sonde Juno, die seit Juli 2016 den Jupiter umkreist, hat nicht nur beeindruckende Bilder, sondern auch unerwartete Ergebnisse über das Innere des riesigen Gasplaneten geliefert. Aufgrund genauer Messungen von Jupiters Schwerefeld mussten die Forscher ihre Vorstellungen vom Kern des Planeten revidieren. «Statt klein und kompakt, wie bisher angenommen, ist der Kern von Jupiter verschwommen», erklärt Ravit Helled. Sie ist Professorin an der UZH, Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS und Teammitglied der Juno-Mission: «Das bedeutet, dass der Kern wahrscheinlich nicht nur aus Gestein und Eis besteht, sondern auch mit Wasserstoff und Helium vermischt ist und es einen allmählichen Übergang zwischen Kern und Hülle gibt, im Gegensatz zu einer scharfen Grenze.»
Wie kam es dazu? Dazu gäbe es einen bekannten Witz, sagt Ravit Helled: «Wenn Planetenforscher keine Lösung finden, zaubern sie einen heftigen Aufprall, einen "Giant Impact", hervor.» Kein Witz in diesem Fall, sondern eine gute Erklärung, wie ein internationales Team mit Forschenden aus China, Japan, der Schweiz und den USA in einem Beitrag zeigt, den die Zeitschrift Naturejetzt veröffentlicht hat. Erstautor Shang-Fei Liu, heute Professor an der Sun Yat-sen Universität in Zhuhai, China, simulierte verschiedene Kollisionen zwischen dem jungen Jupiter und Planeten-Embryos. Die Ergebnisse der im Beitrag vorgestellten Computersimulationen zeigen, dass eine solche Kollision den ursprünglichen, kompakten Kern von Jupiter tatsächlich zerschmettern und die schweren Elemente mit der inneren Hülle vermischen konnte. Dazu brauchte es aber einen riesigen Einschlagskörper mit der zehnfachen Masse der Erde, sowie eine frontale Kollision.
Die Forschung von Liu interessierte Ravit Helled. Deshalb lud sie ihn zu einem Forschungsaufenthalt nach Zürich ein. Gemeinsam wollten sie herausfinden, ob ein verdünnter Kern, der durch einen heftigen Aufprall entstanden ist, über Milliarden von Jahren bis heute bestehen bleiben kann. «Dazu haben wir unseren neu entwickelten Planeten-Evolutions-Code verwendet», erklärt die Wissenschaftlerin. Doktorand Simon Müller hatte im Rahmen seiner Dissertation den Code entwickelt, und er führte auch die Simulationen der Evolution von Jupiter durch. «Wir haben hier sehr unterschiedliche Zeiträume», erklärt Simon Müller. «Die gewaltigen Einschläge traten früh auf in der Geschichte des Sonnensystems und sie dauerten nur kurze Zeit, während die Evolution ein langer Prozess ist bis heute, 4,5 Milliarden Jahre nach der Entstehung des Jupiters.» Diese unterschiedlichen Zeitskalen erfordern separate Berechnungsmethoden für den Einschlag und die thermische Entwicklung.
Der Schweizer Teil der Kollaboration verwendete das Resultat der Simulation des Einschlags als Input für die Berechnung der Evolution und verfolgte den Wärmetransport sowie die Vermischung der schweren Elemente innerhalb des Planeten. Je nach ausgewählten Parametern gab es Lösungen, bei denen der verdünnte Kern bis heute überdauerte. «Das spricht noch viel deutlicher für einen grossen Einschlag», sagt Ravit Helled. Andere Co-Autoren der Studie untersuchten die Statistiken der Einschläge und fanden heraus, dass eine solche Frontalkollision mit einem grossen Körper sehr wahrscheinlich ist.
«Jeder Beteiligte lieferte einen speziellen Beitrag, und diese Forschung ist bemerkenswert international. Es war eine wirklich schöne und vielfältige Zusammenarbeit», fasst Ravit Helled zusammen: «Es scheint, dass solche heftigen Einschläge im jungen Sonnensystem sehr häufig waren und interessanterweise eine wichtige Rolle bei der Bildung der Planeteneigenschaften spielten - nicht nur bei Jupiter - wie wir in dieser Veröffentlichung vorschlagen -, sondern auch bei andere Planeten - um zu erklären, wie der Mond der Erde, der hohe Metall-Anteil im Merkur und die Schieflage von Uranus entstanden sind.»