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Startklar für die Drohnen-Olympiade

Robotikprofessor Davide Scaramuzza hat sich für ein internationales Drohnenrennen qualifiziert. Autonom gesteuerte Quadrocopter und Drohnenpiloten treten gegeneinander an. Dem Gewinner winkt eine Million Dollar.
Nathalie Huber
Robotikprofessor Davide Scaramuzza und sein Team hat sich für das internationale Drohnenrennen «AlphaPilot Innocation Challenge» qualifiziert.


Es ist ein Stelldichein der weltbesten Drohnenteams, das ab August in den USA über die Bühne gehen wird. Auch das Team von Davide Scaramuzza, UZH-Professor für Robotik und Wahrnehmung, konnte sich für das Drohnenrennen «AlphaPilot Innovation Challenge» qualifizieren. Der internationale Innovationswettbewerb hat zum Ziel, künstliche Intelligenz für Renndrohnen zu fördern. «Ich freue mich sehr, dass ich mich mit den talentiertesten Drohnensoftware-Entwicklern messen kann», sagt Scaramuzza.

Insgesamt bewarben sich 424 Teams aus 81 Ländern für den Wettkampf, nur neun schafften es in die Startauswahl. Bei der Vorselektion wurde unter anderem die Software getestet, die es Drohnen ermöglicht, eine Rennstrecke mittels künstlicher Intelligenz zu erkennen und diese autonom sowie ohne GPS zu durchfliegen. Von August bis November treten die neun Finalisten, mehrheitlich Hochschulteams, in vier Rennen gegeneinander an. Teil des Wettbewerbs ist auch, dass die KI-Drohnen gegen einen menschlichen Drohnenpiloten fliegen.

Software ist entscheidend

Alle Teams werden das gleiche Drohnenmodell verwenden, dieses aber mit ihrer eigenen Software bestücken. Die Hardware der Drohne besteht aus hochauflösenden Kameras, einem Distanz- und Beschleunigungssensor sowie einem Computer. Das auf hohe Geschwindigkeit optimierte High-End-Modell wird den Teilnehmenden von der Organisatorin des Drohnenrennens, der «Drone Racing League», zur Verfügung gestellt.

Ein Rennen besteht aus mehreren Runden, wobei die autonomen Renn-Quadrocopter jeweils auf einer rund 300 Meter langen Strecke 25 bis 30 Tore durchfliegen – möglichst schnell, ohne ein Tor zu verpassen oder dieses zu touchieren und möglichst ohne Crash. Jene Drohne, die am schnellsten und mit den wenigsten Fehlern den Parcours durchfliegt, erzielt am meisten Punkte. Das Team, welches nach allen Rennen am meisten Punkte gesammelt hat, kassiert den Hauptgewinn von einer Million US-Dollar.

Eine Drohe durchfliegt die Rennstrecke im Innovationspark Dübendorf. Im Vordergrund Elia Kaufmann, Institut für Informatik UZH, im Hintergrund Davide Scaramuzza, Professor für Robotik und Wahrnehmung an der UZH.

Algorithmus detektiert Tore

Scaramuzza forscht seit elf Jahren an autonomen Flugrobotern und setzt auf Kameras zur Orientierung seiner Drohnen. Er verwendet dazu «Visual-Inertial-Odometry» (VIO), eine Methode, die er inzwischen patentiert hat und einige Firmen bereits nutzen. VIO ermöglicht es der Drohne, anhand von Kamerabildern und den Daten des Beschleunigungssensors die eigene Bewegung abzuschätzen. Am Drohnenrennen kommt zusätzlich künstliche Intelligenz ins Spiel: Eine Kombination aus modellbasierten und selbstlernenden Algorithmen ermöglicht der Drohne, die Tore zu erkennen und den Parcours optimal zu durchfliegen. «Wir haben einen Algorithmus programmiert, der bereits Tausende von Toren in unterschiedlichen Umgebungen erkannt hat», erklärt Scaramuzza.

«AlphaPilot Challenge» ist nicht das erste Drohnenrennen, das der Zürcher Professor und sein Team bestreitet. Letztes Jahr gewann es das von der «International Conference on Intelligent Robots and Systems» organisierte Drohnenrennen in Madrid. Wie stehen die Chancen für das Rennen in den USA? «Angesichts unserer sehr guten Resultate in der Qualifikation hoffen wir auf eine gute Platzierung», sagt er. Es gelte aber, die anderen Teams nicht zu unterschätzen.

Im Juli treffen die neun Teams erstmals aufeinander, vorerst um sich über die bevorstehenden Rennen auszutauschen. «Es wird interessant sein, die verschiedenen Lösungsansätze und Probleme zu diskutieren», so Scaramuzza. Bis im August wird das Zürcher Team weiter an seinen Algorithmen feilen und diese mit ihren Flugrobotern auf einer Rennstrecke im Innovationspark in Dübendorf testen.

Drohnenpilot kann schneller fliegen

Etwas zurückhaltender beantwortet Scaramuzza die Frage, ob eine autonom fliegende Drohne den professionellen Drohnenpiloten schlagen wird. «Das wird vermutlich noch nicht der Fall sein, hauptsächlich deshalb, weil der Mensch die Umgebung noch besser wahrnehmen kann.» Der Pilot leitet seine Drohne per Fernsteuerung durch den Hindernisparcours und trägt dazu eine Virtual-Reality-Brille. Aufgrund von unzähligen Flugstunden reagiert er intuitiv auf Hindernisse und fliegt vorausplanend, was ihm eine hohe Fluggeschwindigkeit erlaubt. KI-Drohnen bekunden hingegen Mühe, auf unvorhergesehene Situationen, für die sie nicht programmiert wurden, zu reagieren. Ausserdem hat die autonom fliegende Drohne bei sehr hoher Geschwindigkeit und der daraus resultierenden Bewegungsunschärfe der Kamerabilder Schwierigkeiten, ihre Eigenbewegung genau zu berechnen. «Wir können deshalb nicht so schnell fliegen wie der Drohnenpilot. Aber wir hoffen, dass wir uns ihm im Rennen annähern können», bilanziert Scaramuzza. Er geht davon aus, dass seine Drohne am Rennen durchschnittlich mit rund 30 Kilometern pro Stunde fliegen wird.

Die Qualifikation für «AlphaPilot» ist nicht nur wegen des hohen Preisgelds lohnenswert – dieses würde der Robotikprofessor, sollte sein Team gewinnen, in seine Forschung investieren. Die Teilnahme am Innovationswettbewerb und der Austausch mit den Teilnehmenden ist laut Scaramuzza auch für die Wissenschaft äusserst interessant: «Es ist für die Forschung attraktiv, solche Herausforderungen zu bewältigen, denn die Erkenntnisse können auch für andere Zwecke genutzt werden.» Die an Drohnenrennen erprobten Algorithmen könnten zum Beispiel für Rettungs- und Bergungsaktionen eingesetzt werden, bei denen Drohnen in dunklen, engen Räumen ohne GPS-Empfang navigieren. 

Nutzung der Software geregelt

Welches Interesse verfolgt der Initiator und Sponsor des Rennens, der US-amerikanische Rüstungs- und Technologiekonzern Lockheed Martin? Bekommt er Zugang zur Software der Drohnenteams und könnte diese für militärische Zwecke nutzen? «Unsere Forschungsresultate werden grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Den Source-Code unserer Software legen wird dabei aber nur zu einem gewissen Grad offen», erklärt Scaramuzza. Der Konzern Lockheed Martin erhält keinen privilegierten Einblick. Gemäss Vertrag müsste Lockheed Martin, sollte das Unternehmen am Source-Code der UZH interessiert sein, die Zürcher Forscher um eine Lizenz bitten. Scaramuzza glaubt aber nicht, dass es dazu kommen wird. Lockheed Martin habe im Vergleich zu seinem Forscherteam ein Vielfaches an personellen Ressourcen, um neueste Technologien voranzutreiben. Dem Unternehmen gehe es darum, Talente anzuziehen, gegebenenfalls sei es auch an Kollaborationen interessiert. Ausserdem nutzt die Firma das Drohnenrennen als Marketinginstrument.   

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