Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Internationale Kooperation

Brückenbauerin nach Indien

Shraddha Karve ist Postdoktorandin am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften. Sie erforscht die Stressresistenz von Bakterien und die Evolution von Proteinen. Derzeit organisiert sie eine Konferenz, um die Zusammenarbeit zwischen Forschenden aus Indien und der UZH zu stärken. Ein Porträt.
Adrian Ritter
Organisiert an der UZH eine Konferenz, die Forschende der UZH und aus Indien zusammenbringt: Shraddha Karve. (Bild: Adrian Ritter)

 

Ihr erster Kontakt mit der Schweiz? Shraddha Karve lacht: «Das war eine Busse von mehreren hundert Franken.» Sie war auf dem Rückweg von einer Konferenz in Spanien in ihre Heimat Indien. Beim Zwischenstopp am Flughafen Zürich morgens um drei Uhr war ihr Schengen-Visum allerdings seit ein paar Stunden abgelaufen. Das kostet.

Rund drei Jahre nach diesem Malheur landete Shraddha Karve wieder am Flughafen Zürich. Diesmal für längere Zeit: Seit Oktober 2016 ist sie Postdoktorandin am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich – in der Forschungsgruppe «Molekulare Evolution und Evolutionäre Systembiologie» von Professor Andreas Wagner.

Die Frage nach dem Warum

Das Zusammenspiel von Genen, Umwelt und Organismen fasziniert Shraddha Karve schon lange. Bereits als kleines Mädchen kam sie mit der Biologie in Kontakt –– über ihre Mutter, die Biologielehrerin ist. An der Pune University studiert sie später selber Biologie mit Schwerpunkt Evolution: «Mich interessiert nicht nur, wie etwas ist – etwa die Anatomie oder Physiologie von Lebewesen – sondern auch, wie es dazu kam.» Im Studium beschäftigt sie sich vor allem mit Mikroben wie Bakterien und Pilzen. Diese eignen sich besonders gut für das Studium der Evolution, weil sie seit Millionen von Jahren existieren und eine kurze Reproduktionszeit haben. So lassen sich evolutionäre Prozesse im Labor gut simulieren.

Unerfreuliche Erkenntnisse

In ihrer Dissertation am Indian Institute of Science Education and Research (IISER) in Pune geht Shraddha Karve später der Frage nach, wie Bakterien auf veränderte Umweltbedingungen reagieren. Sie kommt zu ebenso erstaunlichen wie unerfreulichen Resultaten: Bakterien können sehr stressresistent werden und eine Antibiotikaresistenz auch dann entwickeln, wenn sie gar nicht mit Antibiotika in Berührung kommen.

«Bisher war unser Augenmerk sehr darauf gerichtet, den Konsum von Antibiotika zu reduzieren, um Resistenzen zu verhindern», sagt Karve. Das  sei wichtig – gerade in Indien, wo Antibiotika rezeptfrei erhältlich sind. «Aber wir müssen den Blick ausweiten, denn die Forschung zeigt immer klarer, dass Bakterien auch ohne Kontakt mit Antibiotika resistent werden können», so Karve. Umso dringender sei es, neuartige Medikamente gegen bakterielle Krankheiten zu entwickeln.

Überschneidende Forschung

Als Postdoktorandin an der UZH untersucht Shraddha Karve seit zwei Jahren, inwiefern es ein evolutionärer Vorteil ist für einen Organismus, wenn zelluläre Prozesse auf unterschiedlich Art ablaufen können – wenn also eine so genannt hohe Variation besteht.

«Die UZH ist weltweit einer der wichtigsten Forschungsplätze für Evolution und Ökologie», sagt Shraddha Karve. Die thematische Überschneidung mit der Forschung an Hochschulen in ihrer indischen Heimat sei gross – etwa zu Fragen der räumlichen Verteilung von Populationen oder der Verhaltensökologie seltener Tierarten. Deshalb organisiert Shraddha Karve derzeit mit Unterstützung eines Grants des Graduate Campus eine Konferenz für Forschende aus beiden Ländern.

Die öffentliche Veranstaltung findet vom 18.-20. September statt. Je fünf Professorinnen und Professoren von Hochschulen in Pune und Bangalore sowie der UZH werden dabei ihre Forschung im Bereich Evolutionsbiologie und Ökologie vorstellen und diskutieren.

Der Rahmen ist bewusst klein gehalten. «Grosse Konferenzen gibt es genug», sagt Shraddha Karve: «Aber da ist das Programm jeweils dicht und man kommt nur mit wenigen Forschenden ins Gespräch.» Im Gegensatz dazu steht beim Indo-Swiss collaboration primer in Evolution and Ecology an der UZH das persönliche Kennenlernen im Zentrum – das Programm ist weniger dicht, damit genug Zeit für Gespräche bleibt.

Bereits beschlossen ist, dass im September 2019 eine ähnliche Konferenz mit Gegenbesuch von UZH-Forschenden in Bangalore stattfinden wird. «Im besten Fall werden daraus gemeinsame Forschungsprojekte entstehen», sagt Shraddha Karve.

Zurück nach Indien

Sie selber wird noch etwa zwei Jahre mit ihrem Postdoc-Projekt beschäftigt sein. Und dann? Ganz klar: «Ich gehe zurück nach Indien.» Damit das derzeitige Pendeln per Flugzeug alle paar Monate ein Ende hat – sie fliegt regelmässig nach Pune, ihr Ehemann nach Zürich. Zurück in Indien wird sie sich für eine akademische Position bewerben – im Wissen darum, dass das nicht einfach wird: «Viele Inderinnen und Inder, auch Forschende, möchten den Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie behalten und kehren nach einem Auslandaufenthalt zurück in ihre Heimat.»

Vorerst aber geniesst Shraddha Karve noch die Zeit in der Schweiz. «Das Land ist schon fast irritierend perfekt», sagt sie lachend. Von Indien sei sie sich ein chaotischeres Leben gewohnt. In ihrer Freizeit liebt sie es unter anderem, in den Zürcher Kinos indische Filme anzuschauen: «Grossartig, dass das möglich ist.» Zudem spielt sie selber Theater und schreibt derzeit ein Stück – für eine Theatergruppe von indischen Expats in Zürich.