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Essay

Science-Fiction bereichert die Ethik

Science-Fiction in Literatur und Film kann uns Impulse geben, eine post-humane Ethik zu entwickeln, sagt Johann Roduit. Zum 50. Geburtstag des Filmes «2001: A Space Odyssey» hat der UZH-Ethiker eine Veranstaltungsreihe lanciert.
Johann Roduit
Thematisierte bereits vor 50 Jahren das Verhältnis zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz: Szene aus dem Film «2001: A Space Odyssey». (Bild: Copyright Metro-Goldwyn-Mayer 1974)

 

Eine einzige Einstellung im Film macht es klar: Der Supercomputer HAL an Bord des Raumschiffes kann Lippen lesen. Es nützt deshalb nichts, dass sich die Astronauten in eine schalldichte Kapsel zurückziehen, um zu besprechen, ob sie HAL nach einer Fehlleistung abschalten sollen. HAL  wird den Plan zu verhindern wissen – mit tödlichen Folgen.

Das Verhältnis zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz steht nicht nur in Stanley Kubricks Film «2001: A Space Odyssey» aus dem Jahre 1968 im Zentrum. Das Thema hat in den vergangenen Monaten in den Medien viel Aufmerksamkeit erhalten mit der Frage: Wird sich die Künstliche Intelligenz eines Tages gegen uns Menschen richten? Silicon-Valley-Unternehmer Elon Musk warnte vor der zerstörerischen Kraft der Künstlichen Intelligenz. Diese könnte gar mit einem Präventivschlag einen dritten Weltkrieg auslösen. Künstliche Intelligenz müsse deshalb gesetzlich geregelt werden, bevor es zu spät sei, so Musk. 

Zwischen Bedrohung und Verheissung

Künstliche Intelligenz konfrontiert uns mit grundlegenden und grundlegend neuen Fragen. Science-Fiction in Film und Literatur hat solche Fragen oft vorweggenommen. Für mich als Ethiker ist deshalb klar: Science-Fiction kann den ethischen Diskurs bereichern. Zu oft hat man versucht, ethische Vorstellungen auf eine Formel zu reduzieren – etwa im Utilitarismus oder in der deontologischen Ethik.

Aber Ethik ist mehr als das. Es geht auch darum, zu reflektieren, wer wir als Mensch sind und in welcher Welt wir leben wollen. Gerade in Bezug auf technologische Entwicklungen sollten wir verschiedene Formen der Zukunft reflektieren – in welcher Zukunft wollen wir leben? Wie können wir unliebsame Entwicklungen verhindern?

Dieses Studium der Zukunft sollte noch vermehrt zu einer akademischen Disziplin werden. Die Universität Oxford zum Beispiel hat ein eigenes Future of Humanity Institute. Die Universität Cambridge besitzt ein Center for the Study of Existential Risks. Ein interdisziplinärer Ansatz bietet sich zum Studium der Zukunft an – mit Beteiligten von der Computerwissenschaft über die Literaturwissenschaft bis zur Theologie.

«Science Fiction kann unsere Phantasie anregen», sagt Ethiker Johann Roduit. (Bild: zVg)

Gerade Science Fiction kann unsere Phantasie anregen und helfen, sich verschiedene Formen der Zukunft auszumalen. Der Film «2001: A Space Odyssey»  eignet sich besonders gut, über unser Menschsein nachzudenken. Der Film ist ein Meta-Narrativ, welche die Geschichte vom Vormenschen bis zum post-humanen Wesen der Künstlichen Intelligenz erzählt.

Es ist an der Zeit, über eine post-humane Ethik nachzudenken. Dabei ist es wichtig, sich über die Bedeutung dieses Begriffes klar zu werden. Die Vertreter des «Posthumanismus» gehen davon aus, dass neuartige Technologien wie das genetische Engineering dazu führen werden, dass neue Spezies entstehen – jenseits des Homo sapiens. Zu den posthumanen Wesen würden auch Menschen mit Superfähigkeiten – Stichwort human enhancement – sowie Cyborgs, also Mischwesen aus Mensch und Maschine, gehören.

Ethik der Kooperation

Man kann den Begriff «post-human» aber auch anders verstehen – als die Notwendigkeit, den Menschen nicht mehr als Zentrum des Universums zu betrachten. Eine post-humane Ethik würde auch die Interessen unseres Planeten, des Universums und anderer Spezies berücksichtigen – wozu auch die oben erwähnten neuartigen Wesen gehören müssten.

Wie man den Begriff auch versteht, es stellen sich grundlegende Fragen: Wird es tatsächlich so sein, dass wir Menschen mit neuartigen Wesen koexistieren werden – ja müssen? Welche Rolle sehen wir für unsere Spezies? Vertreter des Enhancement-Gedankens haben bisweilen eine kompetitive Sichtweise: Der Mensch benötige ein «Upgrade», um mit der Künstlichen Intelligenz mithalten zu können.

Meines Erachtens wäre es sinnvoller, einen anderen Weg einzuschlagen, denn wir Menschen sind auch zur Kooperation fähig – Kooperation mit Mitgliedern unserer oder anderer Spezies wie auch mit der Umwelt.  In meiner eigenen Forschung als Ethiker lege ich den Schwerpunkt auf diesen Aspekt – die Suche nach einer Ethik der Kooperation für die post-humane Zeit.

Der 50. Geburtstag von Stanley Kubriks «2001: A Space Odyssey» ist eine gute Gelegenheit, den Diskurs über die Zukunft unserer Spezies und unseres Planeten zu intensivieren. Es lohnt sich, in die Zukunft zu blicken, denn damit damit reflektieren wir vor allem auch unser Dasein in der Gegenwart. Mit der 502001.CH-Initiative wollen wir mit Veranstaltungen in verschiedenen Teilen der Schweiz diese Diskussion anregen. Sie sind herzlich dazu eingeladen.