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Der Europäische Forschungsrat schafft ein neues Förderinstrument – die ERC Synergy Grants (vgl. Kasten). In einer Pilotphase hatte der Europäische Forschungsrat 2012 erstmals ERC Synergy Grants ausgeschrieben – mit der Ausschreibung 2018 wurden sie nun definitiv eingeführt. Damit werden Gruppen von zwei bis vier Forschenden unterstützt, die ein interdisziplinäres Projekt von wissenschaftlicher Exzellenz durchführen. Der Europäische Forschungsrat hat heute bekannt gegeben, welche Synergy Grants er in den kommenden Jahren finanziert.
Das Projekt «HighResCells» von der UZH wurde auserwählt. Es ist gemeinsam von zwei UZH-Forschenden, den Biochemie-Professoren Andreas Plückthun und Ohad Medalia, entworfen worden. Sie sind zwei von vier Antragstellern des Projektes «HighResCells». Gemeinsam mit Forschenden der Universität Kopenhagen und des Spanish National Center for Biotechnology erhalten sie für den Zeitraum 2018 – 2023 rund 8,3 Millionen Euro. Davon gehen rund 4,7 Millionen Euro an die Universität Zürich.
Das Ziel der Forschenden: Die Struktur biologischer Moleküle in der Zelle dreidimensional und hochauflösend darzustellen. «Es würde eine neue Ära der Biologie einläuten, wenn es gelingen würde, den Nebel zu lichten und die zellulären Vorgänge bis ins kleinste Detail betrachten zu können», sagt Andreas Plückthun, Projektkoordinator von «HighResCells».
Von besonderem Interesse sind für die Forschenden bei diesem Projekt die Oberflächen von Zellen mit ihren Rezeptoren. Diese empfangen Signale von ausserhalb der Zelle, um daraufhin Befehle ins Innere der Zelle weiterzugeben. Das ist auch relevant für die Medizin: Viele Medikamente setzen mit ihrer Wirkung an Rezeptoren an. Umso hilfreicher wäre es für die Entwicklung neuer Medikamente, genau zu wissen, was an der Schnittstelle von Zelle und Umgebung im Detail geschieht.
Bisherige Methoden hatten dabei spezifische Nachteile. So mussten etwa für die Kristallstruktur-Analyse die Rezeptoren aus der Zelle entfernt werden, um sie untersuchen zu können. Das lieferte zwar in den letzten 50 Jahren bahnbrechende detaillierte Erkenntnisse, die wahrscheinlich zentrale Information aber, wie Rezeptoren im Verbund zusammenspielen, geht verloren, wenn man sie aus der Zelle herausschneidet.
Umgekehrt haben Forschende Rezeptoren mit fluoreszierenden Farbstoffen eingefärbt und die Abstände zu Nachbarmolekülen vermessen. Daraus lässt sich aber nichts über die Struktur und Veränderungen der Rezeptoren erfahren, wenn sie von einem körpereigenen Molekül oder Medikament aktiviert oder gehemmt werden.
«Die grosse Herausforderung, Rezeptoren in der Zelle in höchster Auslösung sichtbar zu machen, besteht gerade darin, wie sie funktionieren: Sie sind sehr flexibel und passen sich ihren Botenstoffen und ihrer Umgebung an. Dabei stossen alle bisherigen Methoden der Strukturbiologie an ihre Grenzen», sagt Plückthun.
Mit ihrer Zusammenarbeit hoffen die vier Forschungsgruppen des Projektes «HighResCells» jetzt eine Lösung zu finden. Dazu kombinieren sie vier Methoden, auf die sie spezialisiert sind und die in den vergangenen Jahrzehnten grosse Fortschritte gemacht haben: Protein Engineering, Elektronen-Tomographie, Mathematik und Proteomik-Analyse.
Die Forschungsgruppe von Professor Andreas Plückthun gehört zu den weltweit führenden auf dem Gebiet des Protein Engineering und hat Moleküle entwickelt, die an die Rezeptoren binden und sie damit sichtbar machen. Professor Ohad Medalia hat mit der Elektronen-Tomographie eine zentrale Technologie mitentwickelt, um Zellen im kleinsten Detail zu beobachten. Diese werden schockgefroren, und die Bestandteile können dann in ihrer natürlichen Umgebung untersucht werden.
José Maria Carazo, Professor für Biocomputing am Spanish National Center for Biotechnology in Madrid, hat neue mathematische Methoden entwickelt, die weit über die bisher verfügbaren Programme hinausgehen, mit denen sich unscharfe Bilder von Molekülen in hochaufgelöste drei-dimensionale Strukturen hochrechnen lassen. Und Jesper Olsen, Professor am Zentrum für Proteinforschung der Universität Kopenhagen, bringt mit neuen Entwicklungen der Massenspektrometrie eine Methode ein, die zeigt, welche Nachbarn die Rezeptoren auf der Zelle haben, woran sie gebunden sind, und welche Modifikationen sie tragen.
«Die Kombination der grossen Fortschritte bei diesen Methoden wird es erlauben, ein fundamentales Problem der Biologie und Biomedizin zu lösen: die Struktur biologischer Moleküle in höchster Auflösung in ihrer natürlichen Umgebung zu zeigen», ist Plückthun zuversichtlich. Davon konnten die vier Forschungsgruppen jetzt auch den Europäischen Forschungsrat überzeugen.