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Es begann in der «Owl»-Bar auf dem Campus der Yale University in New Haven. Die Klasse des Executive MBA an der Universität Zürich machte es sich an jenem Abend im Mai 2016 in der Lounge gemütlich. Sie diskutierten über die Eindrücke des Tages – und vor allem über den Professor, der mit einem Studenten ein Start-up gegründet und erfolgreich verkauft hatte. Nach ein paar Drinks war sich die Klasse einig: Wir wollen Start-ups unterstützen – mit Risikokapital und Rat. Die «Owl Business Angels» waren geboren.
Die Gruppe besteht aus 17 Absolventinnen und Absolventen des Exekutive-MBA-Lehrgangs 2014 – 2016 der Universität Zürich. Sie decken mit ihrer beruflichen und akademischen Erfahrung die unterschiedlichsten Wirtschaftsbranchen ab. Mit den «Owls» wollen sie in zukunftsträchtige ausserbörsliche Jungunternehmen investieren, die in einem Marktsegment tätig sind, das durch mindestens eine Person in ihrer Gruppe abgedeckt ist. Eine risikogerechte Rendite streben die Business Angels dabei langfristig durchaus an – aber nicht nur: «Es geht uns auch darum, nach der Ausbildung als Klasse in Kontakt zu bleiben und die Start-up-Szene in der Schweiz zu fördern», sagt Yves von Ballmoos, der in der Owl-Bar die Idee in die Runde geworfen hatte.
Die «Owl Business Angels» möchten langfristig etwa ein Dutzend Jungunternehmen fördern. Zum heutigen Zeitpunkt haben sich die Owls aus über 60 Bewerbungen drei Start-ups ausgesucht. Eines davon steht bereits kurz vor dem Markteintritt. Das Jungunternehmen Piavita entwickelt ein handliches Gerät, das die Diagnose von Erkrankungen bei Pferden erleichtern soll. Die Tiere tragen das Gerät im Umfang einer grösseren Streichholzschachtel an einem Gurt um die Brust, wo es unter anderem Puls, Herzfrequenz, Körpertemperatur und Atmung misst.
«Wir wollen die Veterinärmedizin revolutionieren», sagt selbstbewusst Dorina Thiess, die gemeinsam mit Sascha Bührle das Start-up Piavita im März 2016 gegründet hat. Schnell, einfach und drahtlos kann das Gerät die Vitalfunktionen eines Pferdes messen. Damit können die Tiere einerseits stressfrei in ihrer vertrauten Umgebung untersucht werden. Andererseits ist das Gerät auch für den Einsatz in Tierspital und Tierarztpraxis geeignet. So kann ein operiertes Pferd etwa in der Aufwachphase nach einer Operation oder nachts besser überwacht werden. «Etwas Vergleichbares gibt es bisher nicht auf dem Markt», sagt Thiess.
Projektpartnerin von Piavita ist unter anderem die Klinik für Pferdemedizin an der Vetsuisse-Fakultät der UZH. Mit der Unterstützung der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes konnte die Klinik zwei Personen anstellen. Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin und eine Doktorandin testen das Gerät, unterstützen Piavita bei der Entwicklung der Logarithmen für die Datenauswertung und beim Gurt, mit dem das Gerät am Brustkorb der Pferde befestigt wird. Für Colin Schwarzwald, Direktor der Klinik für Pferdemedizin, ist die Entwicklung von Piavita vielversprechend: «Das Gerät ist für unsere Arbeit sehr hilfreich. Und ich sehe langfristig grosses Potenzial, das Gerät auch für Kleintiere und Nutztiere anzupassen.»
Zuerst sind jetzt aber die Pferde an der Reihe. Im Mai 2017 liefert Piavita die ersten Geräte aus. Geschäftsführerin Dorina Thiess rechnet mit rund 500 Bestellungen im laufenden Jahr. Das Kribbeln vor dem Markteintritt kommt ihr bekannt vor. Während ihres Doktorats am Lehrstuhl für Entrepreneurship an der Universität St. Gallen hat sie selber zahlreiche Start-ups beraten. Sie war Initiantin und Projektleiterin von «SnS Ventures» – einer Anlaufstelle der Universitäten St. Gallen und Zürich für Studierende, die soziale und nachhaltige Unternehmen gründen wollen. Mit Piavita hat Dorina Thiess den Schritt von der Beratung zum eigenen Start-up gewagt.
Möglich wurde die Entwicklung bis zur Marktreife durch die erste Finanzierungsrunde im Jahre 2016, die eine Million Franken einbrachte. Seither gehören unter anderem die Zürcher Kantonalbank und die «Owl Business Angels» zu den Investoren. Womit wir wieder bei Yves von Ballmoos sind: Der ehemalige CEO und Inhaber des Design-Einrichtungshauses Zingg-Lamprecht ist seit mehreren Jahren als Investor und «Business Angel» tätig. Daneben ist er aktiver Springreiter und war zehn Jahre lang Amateur-Pferderennreiter.
Er wurde auf Piavita aufmerksam und stieg als privater Investor ins Jungunternehmen ein. «Mich überzeugen sowohl das Produkt, das Team wie auch die Chancen auf dem Markt», sagt er. Im Vergleich zur Humanmedizin stünden der Veterinärmedizin nicht die gleichen Diagnosemöglichkeiten zur Verfügung – unter anderem, weil sich die Tiere bei Untersuchungen stets bewegen oder anästhesiert werden müssen. «Das Piavita-System hat deshalb grosses Potenzial sowohl bei Tierärzten wie auch im professionellen Reitsport», sagt Yves von Ballmoos.
Er überzeugte seine Kolleginnen und Kollegen der neu gegründeten «Owl Business Angels», ebenfalls in Piavita zu investieren. Heute vertritt er die Owls im Verwaltungsrat der Piavita und unterstützt das Start-up mit seinen Erfahrungen und Kontakten insbesondere im Marketing und der Kundensuche.