Navigation auf uzh.ch
Erdbeeren sind im Frühling reif, Melonen im Sommer und Mais wird im Herbst geerntet: Wir Menschen sind vom Wandel der Jahreszeiten abhängig. Irene Garonna hat sich in ihrer Dissertation am Geographischen Institut mit der Frage beschäftigt, wie sich die Jahreszeiten mit dem Klimawandel verschieben.
Begründet wurde die Phänologie – das Studium der Jahreszeiten-Rhythmen in der Natur – von Wissenschaftlern des 18. Jahrhunderts. Sie hielten erstmals systematisch den Vogelzug, das Reifen von Früchten oder die Farbveränderungen der Blätter fest. Heute hilft die Phänologie auch, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt besser zu verstehen. Zahlreiche Studien zeigen, dass der Frühling heute für viele Pflanzenarten früher beginnt als vor einigen Jahrzehnten.
In ihrer Dissertation untersuchte Irene Garonna, wie Satellitenaufnahmen für phänologische Studien zu Pflanzen genutzt werden können. Sie nutzte die am weitesten zurückreichenden Satellitenaufnahmen und konnte zeigen, dass sich die Wachstumsphase von Pflanzen in vielen Teilen der Welt in den letzten 30 Jahren verlängert hat. In ihrer Forschung hat Garonna entsprechende Effekte quantifiziert und mit Klimafaktoren in Verbindung gebracht. Ihre Dissertation zeigt: Satellitenaufnahmen helfen dabei, Veränderungen der Jahreszeiten zu dokumentieren und vielleicht auch, die Effekte des Klimawandels besser hervorzusagen.
Es gibt Dinge, die kann man nicht kaufen: Plätze an öffentlichen Schulen etwa oder Zugang zu sozial gefördertem Wohnraum. Solchen «Märkten ohne Geld» hat Timo Mennle seine Dissertation am Institut für Informatik gewidmet. Er ging der Frage nach, wie sich Güter auf solchen Märkten sinnvoll verteilen lassen, wenn Geld aus moralischen oder ethischen Gründen keine Rolle spielen darf.
Wenn beispielsweise in einer Stadt 1000 angehende Gymnasiasten auf zehn Gymnasien verteilt werden müssen, widerspricht es unsere moralischen Vorstellungen, dass Eltern mit genügend Geld den jeweiligen Wunschplatz für ihren Sohn oder ihre Tochter kaufen können. Städte und Gemeinden setzen deshalb unterschiedliche Vergabeverfahren ein, um die Präferenzen der Eltern zu ermitteln und die Plätze zu verteilen.
Je nach Verfahren besteht allerdings die Gefahr, dass einige Teilnehmer sich durch unwahre Angaben einen Vorteil verschaffen können – etwa indem sie ihre Wertschätzung für ihre zweite Wahl übertreiben. «Die große Herausforderung von «Märkten ohne Geld» besteht in der mathematisch beweisbaren Tatsache, dass es kein Vergabeverfahren gibt, welches hohe ökonomische Effizienz und Fairness sicherstellen und gleichzeitig verhindern kann, dass sich Teilnehmer durch unwahre Angaben einen Vorteil verschaffen können», sagt Timo Mennle.
In seiner Dissertation hat er diesen Zielkonflikt untersucht und einen Indikator entwickelt, mit dem sich beschreiben lässt, wie verwundbar unterschiedliche Vergabeverfahren gegenüber strategischen Lügen durch Teilnehmer sind. Darüber hinaus hat Mennle in seiner Arbeit aufgezeigt, wie sich die Regeln in «Märkten ohne Geld» in Zukunft so umbauen lassen, dass mehr Teilnehmer die Güter bekommen, die sie wirklich wollen.
Warum gibt es Finanzanalystinnen und Finanzanalysten? Auf diese Frage hatte die Wirtschaftswissenschaft bislang nur unbefriedigende Antworten, denn empirische Studien haben wiederholt gezeigt: das Marktgeschehen ist nicht prognostizierbar. In der Tat scheitern Analystinnen und Analysten oft daran, die Zukunft der Märkte treffsicher zu beschreiben. Dennoch haben sie sich in den letzten Jahrzehnten als wichtige Akteure etabliert.
Stefan Leins, Ethnologe am Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft (ISEK), hat sich für zwei Jahre unter Finanzanalystinnen und Finanzanalysten begeben und versucht, ihre Prognosen als kulturelle Praxis zu begreifen. In seiner Dissertation zeigt er, wie sich Analystinnen und Analysten als Experten positionieren, indem sie komplexe und oft widersprüchliche Sachverhalte zu Marktsignalen reduzieren und anschliessend in schlüssige Narrative verpacken. Diese Narrative werden dazu benutzt, das Marktgeschehen gegenüber Investoren als erklärbar und prognostizierbar darzustellen. Der Erfolg von Finanzanalystinnen und Finanzanalysten basiert demnach nicht auf ihrer Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen, sondern darauf, ihr Umfeld mit plausibel klingenden Geschichten zu gewinnen, wie Leins zeigt.
Die Dissertation von Stefan Leins wird im Januar 2018 in Buchform (Stories of Capitalism: Inside the Role of Financial Analysts) bei der University of Chicago Press erscheinen.