Navigation auf uzh.ch
Rektor Michael Hengartner brachte es in einer abschliessenden Keynote auf den Punkt: «Wyss Zurich ist gestartet und fliegt. Bravo». Vor zwei Jahren hatte Unternehmer Hansjörg Wyss die Gründung des gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungscenters von Universität und ETH Zürich möglich gemacht. Am Mittwochabend fand nun der zweite Jahresanlass statt. Die Zwischenbilanz lässt sich sehen: Neun Projekte aus den Bereichen Robotik und Regenerative Medizin wurden seit dem Start im Frühling 2015 auf den Weg gebracht. Die etabliertesten unter ihnen, konkret die Startups Wingtra (Robotik) und Cutiss AG (Regenerative Medizin), gehören jetzt schon zu den besten Startups der Schweiz. Wingtra hat bereits ein erfolgreiches Produkt auf den Markt gebracht, die Cutiss AG testet bereits die von ihr im Labor gefertigte Haut am Menschen.
Den weiten Weg vom Labor auf den Markt erfolgreich zu bewältigen – das ist das übergeordnete Ziel von Wyss Zurich. Das Motto lautet: «Translating Science into Life». Die Spitzenforschung in Regenerativer Medizin und Robotik, welche an UZH beziehungsweise ETH betrieben wird, soll der Gesellschaft einen Nutzen in Form von konkreten Produkten und Lösungen bringen. Gerade bei diesem Schritt, von der wissenschaftlichen Erkenntnis hin zur unternehmerischen Geschäftsidee, tun sich viele Projekte schwer. Professor Simon Hoerstrup, Leiter des Instituts für Regenerative Medizin an der UZH und neben ETH-Professor Roland Siegwart einer der beiden Direktoren von Wyss Zurich, sprach von einem «Valley of death»: «Der Weg von der Forschung in die Klinik ist lang. Dieses Tal des Todes gilt es zu überbrücken.»
Etwa 200 geladene Gäste lauschten am Jahresanlass von Wyss Zurich den Referaten der in Amerika tätigen Spitzenforscher Oussama Khatib (Robotik) und Andre Terzic (Regenerative Medizin).
Oussama Khatib forscht in Stanford, seine Ausführungen waren genauso informativ wie amüsant. Khatib gilt als einer der angesehensten Robotik-Wissenschaftler weltweit. «Ich werde mit Ihnen tauchen gehen», begann er vielversprechend, und spielte auf den an seinem Lehrstuhl entwickelten Roboter «Ocean One» an. Mit dem rund 240 Kilogramm schweren Avatar hatte Khatib und sein Team kürzlich eine Expedition ins französische Mittelmeer gewagt. Das Ziel war das 1664 gesunkene Wrack des Schiffes «La Lune».
Noch nie zuvor war es Menschen möglich gewesen, Teile des Wracks zu berühren, geschweige denn zu bergen. Da der intelligente Roboter «Ocean One» über haptische Sensoren verfügt, änderte sich das. Während der Roboter am Meeresboden Gegenstände berührte, konnten die Wissenschaftler, die den Roboter vom Expeditionsschiff aus steuerten, diese an einer Art Joystick fühlen. Dem Team, das aus Ingenieuren und Archäologen bestand, gelang es dank des Roboters auch, eine über 350-jährige Vase aus dem Wrack zu bergen.
«Die Roboter der neuen Generation sind nicht mehr bis in jedes Detail vorprogrammiert», erklärte Khatib. Mit verschiedenen Videos zeigte er auf, wie Roboter lernen. Menschen bringen den Robotern einfache Bewegungen wie etwa das Aufsetzen eines Deckels auf einen Teekrug bei. «In den letzten 15 Jahren hat sich im Bereich der Robotik unglaublich viel getan», sagte er – und sprühte dabei vor Enthusiasmus.
Im zweiten Referat des Abends sprach Andre Terzic, Direktor des Centers für Regenerative Medizin an der renommierten Mayo Clinic in Rochester/Minnesota über die Veränderungen der Medizin im 21. Jahrhundert. Er bemerkte, dass in der Medizin ein Paradigmenwechsel anstehe, und zwar von einer Medizin, die Krankheiten bekämpft, hin zu einer, die Gesundheit wiederherstellt. «Wir wollen dem Körper lehren, sich selbst zu heilen», sagte er.
Terzic betonte vor dem Hintergrund der Alterung der Bevölkerung auch die Wichtigkeit von disruptiven Innovationen im Bereich der Regenerativen Medizin. Solche könnten etwa bei Herz- oder Geburtsfehlern, bei Muskel- oder neurodegenerativen Erkrankungen, im Kampf gegen Krebs oder bei Gesichtstransplantationen helfen.
«Wir brauchen nicht nur Lösungen, die im Einzelfall in einer spezialisierten Klinik funktionieren, sondern auch solche, die skalierbar sind und in Zukunft allen Ärzten zur Verfügung stehen.» In diesem Sinne sei der Ansatz der Mayo Clinic ein ähnlicher wie jener von Wyss Zurich: Forschung über das «Tal des Todes» hinwegzuführen, damit sie der Gesellschaft einen konkreten Nutzen bringt.