Navigation auf uzh.ch
Rund ein Drittel der Weltbevölkerung besitzt ein Smartphone, in der Schweiz sind es 78 Prozent. Im Schnitt kaufen sich Smartphone-Besitzer alle zwei Jahre ein neues Gerät. Jugendliche benutzen ihr Handy täglich zwei Stunden, Erwachsene eine Stunde. Am Wochenende sogar mehr.
Auch wenn nur knapp ein Prozent der Erwachsenen und fünf Prozent der Jugendlichen als handysüchtig gelten, sind die Folgen der gesteigerten Handynutzung weitreichend. Die verschiedenen Lebensbereiche verschmelzen zusehends, die Arbeitszeiten dehnen sich unweigerlich aus und die Erwartung, immer erreichbar zu sein, steigt. Dadurch erhöht sich nicht nur das Stressniveau – auch das Burnout-Risiko kann steigen. Nicht zuletzt leidet die Schlafqualität.
«Doch es gibt auch zahlreiche positive Auswirkungen», sagte Theda Radtke, Oberassistentin für angewandte Sozial- und Gesundheitspsychologie an der UZH, vergangene Woche an ihrem Referat zur Veranstaltungsreihe «Wissen-Schaf(f)t Wissen» des Zürcher Zentrums für Integrative Humanphysiologie (ZIHP).
Mit dem Handy gestaltet sich die Kommunikation zeitsparender und produktiver, die Arbeitszeiten lassen sich flexibler einteilen. Insbesondere deshalb, weil mit den Geräten alles ortsunabhängig stattfinden kann. Studien haben zudem gezeigt, dass Smartphones auch im Privatbereich die soziale Interaktion vereinfachen können. So wachsen durch Gruppenchats Familien oder Freundeskreise oftmals näher zusammen. Die Grenzen zwischen positiven und negativen Folgen von Smartphones fliessen oftmals ineinander.
«Digital Detox» ist ein neuer Trend aus den USA. Regelmässige Auszeiten vom Smartphone sollen den negativen Auswirkungen entgegenwirken. Doch nützt das etwas? Das Forscherteam um Theda Radtke hat in einer Studie die Auswirkungen täglicher Smartphone-Auszeiten untersucht. Dazu wurde eine App benutzt, die nicht nur alle Aktivitäten auf dem Handy registriert, sondern auch zu selbst festgelegten Zeiten das Handy ausschaltet. Während drei Wochen wurde dabei die Smartphone-Nutzung von 141 Probanden erfasst. Während der letzten zwei Wochen wurde der Hälfte der Probanden täglich zwei einstündige Auszeiten auferlegt – eine tagsüber, die andere am Abend. Die Kontrollgruppe durfte ihr Smartphone wie gewohnt weiternutzen. Dabei wurden mit Hilfe von Fragebögen vor und nach der Intervention verschiedene psychologische Faktoren zu Wohlbefinden und Gesundheit erhoben.
Entgegen den Erwartungen der Forscherin sorgte eine Auszeit nicht für eine Verbesserung des Wohlbefindens: Die Studienteilnehmer waren nicht weniger gestresst, konnten nicht besser schlafen und sich auch nicht besser von der Arbeit lösen. Im Gegenteil, einige Probanden berichteten, dass die Auszeit sie sogar gestresst habe, da die Sorge über verpasste Anrufe oder Nachrichten zu gross war. Zusätzlich verbrachten die Probanden mit der verordneten Smartphone-Auszeit auch nicht weniger Zeit am Gerät als die Kontrollgruppe. Als Grund dafür vermutet Radtke eine Überkompensation durch die Auszeit. «Unsere Intervention war somit nicht erfolgreich», bilanzierte Radtke. In einem nächsten Schritt gelte es nun zu untersuchen, ob eine längere Auszeit oder die Ausschaltung des Smartphones in den Abendstunden einen positiven Effekt hätten.
«Das Smartphone ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Dafür ist es bereits zu stark darin verankert», urteilte Radtke. Doch ist dies überhaupt so schlimm? «Vielleicht wird das Smartphone – wie früher auch das Auto – zu stark verteufelt. Wir sollten einen bewussten Umgang mit elektronischen Geräten erlernen – eine Digital Awareness», so Radtke. Dem Publikum gab sie dazu einige Tipps mit auf den Weg: keine Emails auf dem Smartphone lesen, das Schlafzimmer zu einer handyfreien Zone erklären, Push-Nachrichten ausschalten und das Smartphone, etwa beim Essen, bewusst auch mal weglegen. Zudem müsse man die Nutzung des Smartphones immer in einem sozialen Kontext betrachten. Im Büro das Handy auf sich zu tragen ist vielleicht in Ordnung, doch beim Familienausflug darf man ruhig auch mal nicht erreichbar sein. Denn schliesslich ist man den Kindern auch ein Vorbild.