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Sehstörungen, Muskelverkrampfungen, Lähmungen und kognitive Beeinträchtigungen: Das sind einige der Symptome, von denen Multiple-Sklerose-Betroffene betroffen sein können. Rund 10'000 Personen leiden allein in der Schweiz an der Autoimmunkrankheit.
Die Immunzellen verursachen dabei Entzündungen in Gehirn und Rückenmark und greifen die Isolationsschicht der Nervenfasern an, das Myelin. Dadurch ist die Signalübertragung zwischen den Nerven gestört. «Als Folge davon kann fast jedes denkbare neurologische Symptom auftreten», sagt Roland Martin, Leitender Arzt an der Klinik für Neurologie des Universitätsspitals Zürich und Ko-Direktor des Klinischen Forschungsschwerpunkts (KFSP) Multiple Sklerose der UZH.
Multiple Sklerose weist viele Ausprägungen auf. Nicht nur die Symptome sind sehr individuell, auch der Verlauf der Krankheit und das Ansprechen auf die Behandlung sind kaum vorhersagbar. Die meisten MS-Betroffenen erleben in den ersten Jahren eine schubweise Zunahme der Symptome. Später verschlechtert sich ihr Befinden auch zwischen den Schüben. Auch wenn die Lebenserwartung mit MS heute nicht mehr verkürzt ist, kann die Lebensqualität doch deutlich eingeschränkt sein.
Die Ursachen der Krankheit konnten in den letzten Jahren teilweise geklärt werden. Sowohl genetische als auch Umweltfaktoren spielen eine Rolle. Heilbar ist Multiple Sklerose bisher nicht, Medikamente können den Krankheitsverlauf aber mildern. «Mit den heute verfügbaren Medikamenten lässt sich der Verlauf deutlich abschwächen. Schwere Behinderungen können meist verhindert werden», sagt Roland Martin.
Der KFSP Multiple Sklerose der Universität Zürich setzt an der Heterogenität der Krankheit an. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher der UZH, des Universitätsspitals Zürich, der ETH Zürich und des Paul-Scherrer-Instituts in Villigen (AG) haben sich zum Ziel gesetzt, verschiedene Ausprägungen von MS zu identifizieren. «Wenn wir deren Unterschiede besser verstehen, lassen sich daraus neue Behandlungsformen entwickeln», so Roland Martin.
Um Untergruppen von MS zu erkennen, arbeiten die Forschenden vor allem mit Magnetresonanztomographie (MRI). Bei der Behandlung wollen sie an drei Punkten ansetzen: Erstens soll mit neuen Wirkstoffen die Entzündung im Gehirn eingedämmt werden. Zweitens soll mit einem neuen Therapieansatz die Aggressivität des Immunsystems gedämpft werden. Die Immunzellen sollen wieder tolerant werden gegenüber dem eigenen körperlichen Gewebe (Re-Tolerisierung).
Beim dritten Ansatz wollen die Forschenden so genannte Neuroprotektoren entwickeln. Dies sind Wirkstoffe, welche die Isolationsschicht und die Nervenzellen selber vor den Schäden durch die Immunzellen schützen – oder sogar dafür sorgen, dass sich das Myelin regeneriert.
Die Behandlung der Multiplen Sklerose hat sich in den letzten zwanzig Jahren deutlich verbessert, sagt Roland Martin: «Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass sich die Krankheit irgendwann heilen lässt.» Martin hofft, dass die Forschung zum besseren Verständnis der Heterogenität der Multiplen Sklerose und zu neuen Behandlungen einen wichtigen Beitrag leisten kann.
Das neue Wissen aus der Forschung soll den Patientinnen und Patienten baldmöglichst zur Verfügung stehen. Das Universitätsspital Zürich will die Behandlung und Diagnostik zu MS demnächst in einem MS-Zentrum bündeln und weiter ausbauen. Das Zentrum soll innerhalb der Klinik für Neurologie und gemeinsam mit anderen Abteilungen aufgebaut werden.