Navigation auf uzh.ch
An der Universität Zürich entsteht auf das Herbstsemester 2015 eine neue, für drei Jahre geplante Gastprofessur für Islamische Theologie und Bildung. Ziel der Gastprofessur ist es, Themen der islamischen Theologie und Bildung im kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Kontext Europas zu diskutieren. «Derartige Fragestellungen werden an den Universitäten noch zuwenig diskutiert und reflektiert» erklärte Ulrich Rudolph, UZH-Professor für Islamwissenschaft an der UZH, gestern an einem Mediengespräch.
Die Gastprofessur gründet in einer Zusammenarbeit der Abteilung Islamwissenschaft an der Philosophischen Fakultät und dem Religionswissenschaftlichen Seminar an der Theologischen Fakultät der UZH. Auch Christoph Uehlinger, Professor für Religionswissenschaft, ortet einen Bildungsbedarf beim Thema Islam: «Religion und Bildung stehen heute bisweilen in einem Ungleichgewicht. Es besteht die Tendenz, die religiöse Überzeugung zu betonen und das Wissen und die Reflexion über die eigene Religion zu vernachlässigen.»
Finanziert wird die neue Gastprofessur für vorerst drei Jahre durch die Paul Schiller Stiftung. Sie unterstützt Projekte, die eine integrative Gesellschaft fördern. In ihrer Ausrichtung orientiert sie sich an der Sigi-Feigel-Gastprofessur für Jüdische Studien, welche die Universität Zürich seit 2010 jewils im Frühlingssemester besetzt.
Auf die Ausschreibung zur ersten Gastprofessur für das Herbstsemester 2015 hatten sich 13 Personen beworben. Die UZH entschied sich für den Privatdozenten Dr. Abbas Poya mit seinem breiten akademischen Hintergrund, erläuterte Prorektor Otfried Jarren.
Der 48-jährige deutsche Staatsangehörige ist in Afghanistan aufgewachsen. Er studierte islamische Theologie an Hochschulen in Afghanistan, Iran und Syrien und anschliessend Islamwissenschaft, Politikwissenschaft und Vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Hamburg. 2002 erlangte er die Promotion in Hamburg, 2014 die Habilitation in Freiburg im Breisgau. Heute leitet er an der Universität Erlangen-Nürnberg die Nachwuchsforschergruppe «Norm, Normativität und Normenwandel».
«Die Gastprofessur versteht sich als ein Ort der wissenschaftlichen Reflexion», sagte Ulrich Rudolph am Mediengespräch. Es sei keineswegs geplant, eine Imamausbildung anzubieten. Der jeweilige Gastprofessor oder die Gastprofessorin wird im Herbstsemester drei Lehrveranstaltungen abgehalten: eine für Studierende der Islamwissenschaft, eine für Studierende der Religionswissenschaft sowie eine öffentliche Vorlesung, die sich an Hörerinnen und Hörer aller Fakultäten richtet. «Im Idealfall vermag die Gastprofessur zum Diskurs innerhalb der muslimischen Gemeinschaft beitragen», sagte Prorektor Otfried Jarren am Mediengespräch.
«Ich betrachte den Islam als Religion mit einer Vielfalt an Standpunkten und Ausprägungen, die sich zudem im ständigen Wandel befinden», sagte Poya. In Übereinstimmung mit seinem Forschungsschwerpunkt in Erlangen-Nürnberg will er in seinem Gastsemester an der UZH insbesondere die Auffassungen des Islam zum Thema Gerechtigkeit erörtern – etwa im Hinblick auf das Zusammenleben verschiedener religiöser Gemeinschaften in der Gesellschaft oder bezüglich der Gleichbehandlung der Geschlechter.
«Dass mit Abbas Poya ein Wissenschaftler für die Gastprofessur gewonnen werden konnte, der sowohl islamische Theologie, Islamwissenschaft wie auch Religionswissenschaft als akademischen Hintergrund mitbringt, ist ein Glücksfall» sagte Christoph Uehlinger.