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Seit Anfang September bekommt man mit virtuellem Geld in der Mensa an der Binzmühlestrasse (in Oerlikon) leckere Fritten oder Bratwurst mit Rösti, die ganz real auf dem Teller liegen. Bezahlt werden sie per Handy, und zwar in einer Währung, die lange als Spleen von Computer-Nerds behandelt wurde, mittlerweile jedoch breitere Anerkennung findet.
Bitcoin wurde 2009 von Computerfachleuten entwickelt und gilt als weltweites Zahlungssystem in Form von virtuellem Geld; die Sicherheit wird durch kryptographische Techniken gewährt. Alle Transaktionen erfolgen direkt zwischen den Teilnehmern, werden aber im Internet anonym gespeichert. Dadurch werden die beim herkömmlichen Bankverkehr üblichen Zwischenschritte und auch Finanzbehörden umgangen.
Am UZH-Standort Oerlikon sind die Informatiker beheimatet, auch der Lehrstuhl von Professor Burkhard Stiller ist hier. Stiller, sein Oberassistent Thomas Bocek, Christian Remy vom People and Computing Lab und drei Masterstudierende stehen am vergangenen Dienstag im Eingangsfoyer und erklären den Bitcoin-Automaten, der von der Firma «SBEX» zur Verfügung gestellt wurde. Hier können die Studierenden mit realen Schweizerfranken ihr Handy mit Bitcoins aufladen. Danach geht’s in die Mensa.
Thomas Bocek zeigt, wie einfach der Einkauf vonstatten geht: Apfel nehmen, an der Kasse das Handy an eine Zahlstation halten, der Betrag, der abgebucht wird, erscheint auf dem Display, der Käufer akzeptiert die Zahlung, die Transaktion wird durchgeführt. Technisch ist das möglich durch die so genannte «Near Field Communication» (NFC). Dabei kommunizieren zwei Geräte miteinander, die nah genug beieinander sind.
Bocek zeigt, dass diese Technik auch mit zwei Handys funktioniert. Will er zum Beispiel Bitcoins von seinem Handy auf das Handy seines Kollegen überweisen, so müssen sie nur die Geräte nahe genug zusammenhalten und schon wechseln die Bitcoins ihren Besitzer. Das ist sogar dann möglich, wenn eines der Geräte gar keinen Internetanschluss hat. Der Name der Neuentwicklung ist Programm: «CoinBlesk-System»: Münzen werden wie der Blitz hin und her geschickt. «Blesk» kommt aus dem Tschechischen und bedeutet Blitz.
Programmiert wurde die CoinBlesk-App von drei Masterstudierenden aus der Gruppe von Professor Stiller. Ziel war es, Transaktionen in Sekundenstelle zu ermöglichen.
Das System habe Zukunft, zeigen sich die Studierenden überzeugt, denn auf Dauer werden Geräte immer mehr miteinander kommunizieren. Gerade für Bezahlsysteme ist diese Technologie interessant. Die Studierenden haben je einen wichtigen Aspekt bearbeitet: Simon Kaeser hat das Interface, also die Oberfläche der App, gestaltet, Jeton Memeti für die Kommunikationsschnittstellen und die Datenübertragung gesorgt und Mehmet Ali Bekooglu erweitert momentan die Serversoftware. Ein universitätseigener Server speichert lokal (off-chain) die Transaktionen und verwaltet das Bitcoin-Geld.
Fragt man die Entwickler, warum sie mit der Bitcoin-Währung arbeiten, so streichen sie die Vorteile heraus: Jeder könne partizipieren, es gebe keine zentrale Kontrolle wie bei einer Bank, kaum Abzüge, es sei anonym und weltweit möglich. Die Anonymität könne jedoch auch ein Nachteil sein, meint Bocek.
Von sich reden machte der Bitcoin in jüngster Zeit vor allem wegen enormen Preisschwankungen. Kostete bei seiner Einführung 2008 ein Bitcoin 6 US-Cent, lag der Preis Ende 2013 bei über 1000 Dollar. Weil das so ist, hat die Mensa mit den Projektverantwortlichen ausgehandelt, dass die Bitcoins wieder in Franken auf ihrem Konto verbucht werden.
Doch ob Bitcoins oder eine andere Währung – die Entwicklung von Techniken mit dem Ziel, finanzielle Transaktionen zwischen zwei Teilnehmern abzuwickeln, liegt im Trend.