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Jedes Jahr erkranken rund 3‘700 Menschen in der Schweiz neu an Lungenkrebs. Davon sind etwa zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen. 250 bis 300 Patienten mit dieser Diagnose kommen jährlich zur Erstbehandlung an das Universitätsspital Zürich, dem grössten Lungenkrebszentrum der Schweiz.
Um das genetische Profil von Tumoren genau zu analysieren, gibt es heute neue molekulare Tests. So lassen sich genetische Veränderungen identifizieren, die häufig eine Rolle bei Tumorwachstum und -vermehrung spielen.
Dieses Wissen nutzt die personalisierte Krebsmedizin: Sie identifiziert Patientengruppen mit bestimmten genetischen Tumormerkmalen, für die eine gezielte, personalisierte Therapie zur Verfügung stehen. Es gibt derzeit mehrere Krebsmedikamente, die den Kriterien der personalisierten Medizin entsprechen, darunter auch mehrere Lungenkrebsmedikamente.
In einem Symposium, das von der Stiftung für angewandte Krebsforschung initiiert worden war, sprachen Thoraxspezialist Professor Walter Weder und Onkologie-Professor Rolf Stahel am vergangen Mittwoch über die individualisierte Behandlung.
Noch immer ist Lungenkrebs eine der gefährlichsten Krebsarten; er ist verantwortlich für ein Viertel aller durch Krebs verursachten Todesfälle. Die Überlebenschancen haben sich jedoch in den letzten Jahren deutlich verbessert. Überlebte früher nur jeder Zwanzigste die ersten fünf Jahre nach der Diagnose, ist es heute schweizweit jeder Sechste.
Wichtig für die Erforschung des Lungenkrebses sind Gewebeproben, die auf DNA-Veränderungen untersucht werden, denn die genetischen Mutationen sind letztlich verantwortlich für den Krebs. Diese Proben werden seit mehr als zehn Jahren in einer Tumordatenbank gespeichert, führte Weder aus. Damit böten sie einen wichtigen Datenpool für die Forschung.
Zudem wird das Zellgewebe im Labor kultiviert. An den Zellen können die Spezialisten testen, wie bestimmte Substanzen beim Zellspender – dem jeweiligen Patienten – wirken, sagte Krebsspezialist Professor Rolf A. Stahel. So könne in Zukunft jeder Patient eine auf ihn persönlich abgestimmte Behandlung erhalten. Dann könnten auch mögliche Nebenwirkungen vorhergesagt werden und eine bessere Vorsorge werde möglich, weil jeder seine Risikofaktoren kennt.
Je vielfältiger die Möglichkeiten zur Behandlung sind, umso schwieriger ist die Wahl der richtigen Massnahmen. Neben der genetischen Disposition des Patienten ist für die Behandlung entscheidend, wie gross der Tumor ist, ob Lymphknoten befallen sind und ob sich bereits Metastasen gebildet haben. «Wir bauen auf unsere Erfahrung», sagt Walter Weder. Das sei besonders wichtig, da meist verschiedene Therapieverfahren miteinander kombiniert würden.
Um diese Prozesse zu veranschaulichen, hatte Weder eine seiner Patientinnen zum Symposium eingeladen. Frau M. hatte 1996 eine Diagnose mit einem Adenokarzinom in der Lunge. Ihr musste man damals den linken Lungenflügel entfernen. Zwölf Jahre nach der Erstbehandlung zeigte sich ein Plattenepithelkarzinom am rechten Oberlappen des noch verbliebenen Lungenflügels.
Für Frau M. standen jetzt verschiedene Behandlungsoptionen offen, führte Weder aus: Man hätte abwarten können, bestrahlen oder eine Chemotherapie verordnen. Alle Optionen hätten wenig oder gar nicht zu einer Lebensverlängerung geführt. Weder entschied sich mit der Patientin zusammen für eine chirurgisch anspruchsvolle Operation, bei der der krebsbefallene Lungenlappen entfernt wurde. Die Patientin war einverstanden und lebt heute gut mit dieser Lösung.
Die Auswahl geeigneter Behandlungsmethoden erfordert Teamarbeit. Deshalb kommen am Universitätsspital Zürich ein Mal pro Woche Lungenspezialistinnen und -spezialisten, Onkologen, Strahlenfachpersonen und Chirurgen zu einem so genannten Tumorboard zusammen, um zu beraten, welche Therapie für jeden einzelnen Patienten am besten ist.