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Neue Studienreglemente

«Das Engagement der Studierenden war gross»

Auf Bachelorstufe wird zukünftig eine Bachelorarbeit verlangt, auf Masterstufe werden die modulübergreifenden Prüfungen abgeschafft. Einzelne Studienprogramme laufen aus, andere werden neu geschaffen. Diese und weitere Änderungen treten an der Philosophischen Fakultät ab Herbstsemester 2013 in Kraft. Studiendekan Peter Schulthess und Monica Kalt, Leiterin des Studiendekanats, erklären die Neuerungen. 
Interview: David Werner
Wünschen sich, dass sich nach langen, arbeitsreichen Reformjahren die neuen Regelungen gut einspielen: Monica Kalt, Leiterin des Studiendekanats, und Peter Schulthess, Studiendekan der Philosophischen Fakultät.

Herr Schulthess, warum werden an der Philosophischen Fakultät neue Studienordnungen sowie eine neue Rahmenverordnung eingeführt?

Peter Schulthess: Die Fakultät hatte sowieso vorgehabt, ihre Reglemente nach Einführung der Bachelor-/Masterstudiengänge zu überprüfen und zu revidieren. Ursprünglich wollte man damit fünf Jahre warten, um in dieser Zeit Erfahrungen mit dem neuen System zu sammeln. Die Unzufriedenheit vieler Studierender mit der Bolognareform, die Ende 2009 laut wurde, war jedoch ein Anlass, die Reform der Reform schon früher in Angriff zu nehmen. Die Universitätsleitung beauftragte die Fakultät im April 2010, die Optimierung der Bolognareform unter Berücksichtigung der gesamten Angebotsstruktur in die Wege zu leiten.

Waren die Studierenden in den Prozess zur Optimierung der Studienordnungen einbezogen?

Peter Schulthess: Ja, genauso wie alle übrigen Stände. Das Engagement der Studierenden in den Kommissionen war in dieser Sache sehr gross. Institute und Seminare führten zwei sogenannte Bologna-Tage durch, an denen Optimierungsvorschläge – insbesondere auch von Studierenden – gesammelt und diskutiert wurden. Auf dieser Basis konzipierten die Institute und Seminare neue Studienordnungen, die dann an den Institutsversammlungen unter Beteiligung aller Stände verabschiedet wurden. Zum Schluss wurden die neuen Studienordnungen von Gremien der Studienkonferenz und der Bolognakommission geprüft und der Fakultät zur Annahme empfohlen. Auch in diesen Gremien waren die Studierenden vertreten.

Während in den Studienordnungen die Details der einzelnen Studienprogramme geregelt sind, gilt die Rahmenverordnung für die gesamte Fakultät. Flossen die Anliegen der Studierenden auch auf dieser Ebene ein?

Peter Schulthess: Ja. Parallell zu den neuen Studienordnungen erarbeitete eine fakultäre Bolognakommission, in der die Stände mitwirkten, mithilfe auswärtiger Peers eine Revision der  Rahmenverordnung, die dann in der Fakultät diskutiert und verabschiedet wurde.

Die Rahmenverordnung enthält zwei wesentliche Neuerungen. Die erste betrifft die Bachelorstufe: In sämtlichen Hauptfachprogrammen der Philosophischen Fakultät wird eine obligatorische Bachelorarbeit eingeführt. Was waren die Überlegungen dahinter?

Monica Kalt: Die Einführung der Bachelorarbeit ist eine Anpassung an die Realität. Wir tragen dem Umstand Rechnung, dass es eine beträchtliche Anzahl von Studierenden gibt, die ihr Studium mit dem Bachelor abschliessen. Und wir folgen mit der Bachelor-Arbeit dem Beispiel anderer Länder. An deutschen Universitäten zum Beispiel ist eine Bachelor-Arbeit für die Akkreditierung eines Bachelor-Studienganges vorgeschrieben. Bei der Zulassung zu den Masterstudiengängen wird sie vorausgesetzt: Die Absolvierenden unserer Fakultät sollten in der Wahrnehmung von Mobilitätsmöglichkeiten nicht benachteiligt werden.

Warum wurden bisher keine Bachelor-Arbeiten verlangt?

Peter Schulthess: Weil viele in der Fakultät davon ausgingen, dass ein Studium im Normalfall mit dem Master abgeschlossen wird. Sie verstanden den Bachelor-Abschluss als eine Art «Zwischenprüfung». Die Idee der Bologna-Reform ist aber das gestufte Studium. Der Bachelor-Abschluss bildet darin den ersten akademischen Abschluss. Mit der Einführung der Bachelorarbeit akzentuieren wir die Stufung des Studiums stärker.

Müssen alle Studierenden, welche sich gegenwärtig im Bachelor-Studium befinden, eine Bachelor-Arbeit schreiben?

Monica Kalt: Nein. Es hängt von den bereits erworbenen ECTS-Credits ab, ob eine Studentin eine Bachelor-Arbeit schreiben muss. Wer bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits mehr als zwei Drittel der für einen Bachelor-Abschluss benötigten Punkte erworben hat, muss keine Bachelor-Arbeit mehr verfassen. Nicht in die Berechnung mit einbezogen sind jene Punkte, die für ein Studium Generale erworben wurden.

Die zweite wichtige Neuerung der Rahmenverordnung betrifft das Masterstudium. Hier wurden die sogenannten modulübergreifenden Prüfungen abgeschafft. Warum?

Monica Kalt: Die modulübergreifenden Prüfungen waren ein Überbleibsel aus dem früheren Lizenziatssystem: ein Analogon zu den Lizenziatsprüfungen, die am Schluss des Studiums absolviert und bestanden werden mussten. Bologna geht aber von der studienbegleitenden Leistungsüberprüfung aus und damit von einer Verteilung der Prüfungsbelastung über die gesamte Studienzeit.

Die Analogie zwischen Lizentiatsprüfungen und modulübergreifender Prüfungen erwies sich noch aus einem weiteren Grund als falsch: Im Vergleich zum Gewicht, das die früheren Lizentiatsprüfungen hatten, wurden die modulübergreifenden Prüfungen nur mit einer relativ geringen Zahl an ECTS Credits gewürdigt, die den Vorbereitungsaufwand für diese Prüfungen nicht angemessen repräsentierte.

Die Idee der modulübergreifenden Prüfungen war es, von Studierenden den Nachweis zu fordern, dass sie in der Lage sind, die Lerninhalte verschiedener Module miteinander zu verknüpfen. Ist diese Fähigkeit zur Synthese kein Studienziel mehr?

Peter Schulthess: Doch, das ist nach wie vor ein zentrales Ziel. Die modulübergreifenden Prüfungen werden daher auch nicht ersatzlos gestrichen. Die einzelnen Fächer bieten nun meistens äquivalente Pflichtmodule an, die eine integrative Prüfung vorsehen. Der Vorteil: Sie finden nun nicht mehr gleichzeitig in allen gewählten Studienprogrammen am Ende des Studiums statt, sondern können fachweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt werden. Für die Studierenden ist dies eine Entlastung.

Im Gegensatz zu den Änderungen der Rahmenverordnung erfolgten die Änderungen der Studienordnungen auf der Ebene der Institute bzw. der Seminare. Auf die inhaltlichen Änderungen innerhalb der verschiedenen Studienprogramme können wir in diesem Interview nicht eingehen. Eine Frage aber ist für alle Studierenden relevant: Bleiben die ECTS-Credits, die vor der Umstellung auf die neuen Studienordnungen erworben wurden, gültig?

Monica Kalt: Ja. Die Zahl der für den Abschluss zu erreichenden ECTS-Credits bleibt unverändert, und alle bereits erworbenen ECTS-Credits werden angerechnet.

Ist es möglich, das Studium ab Herbst 2013 nach Massgabe der alten Studienreglemente fortzusetzen?

Monica Kalt: Nein. Alle Studierenden werden in die neue Rahmenverordnung und in die neue Studienordnung überführt. ECTS-Credits, die zur Erlangung des nächsten akademischen Abschlusses fehlen, werden nach den Anforderungen der neuen Studienordnung erworben. Informationen dazu erhalten die Studierenden direkt von den Instituten und Seminaren. Dazu dienen Äquivalenztabellen bzw. Übertrittsvereinbarungen, die den Studierenden zur Verfügung gestellt werden: Die Studierenden haben diese entweder bereits erhalten oder werden sie in nächster Zeit zugestellt bekommen.

Warum haben nicht alle Studierenden  der Philosophischen Fakultät diese Informationen gleichzeitig erhalten?

Monica Kalt: Die Erstellung dieser Übertrittsvereinbarung war Sache der Anbieter der Studienprogramme, also der Institute und Seminare. Wegen der vielen Kombinationsmöglichkeiten ist die Studienstruktur an der Philosophischen Fakultät sehr komplex und die Ausgangssituation sehr individuell. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Übertrittsvereinbarungen: Sie sind umso komplizierter, je stärker die Curricula der einzelnen Programme verändert wurden. Die Studienprogramme standen also vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen. Für Studienprogramme mit einer grossen Zahl von Studierenden war die Erstellung der Übertrittsvereinbarungen eine enorme Belastung. 

Die Überarbeitung der Studienordnungen hat Veränderungen beim Fächerangebot der Philosophische Fakultät zur Folge. Worin bestehen, zusammenfassend gesagt, die Änderungen?

Monica Kalt: Einzelne Programme haben neue Bezeichnungen erhalten, andere werden aus dem Angebot genommen und laufen aus. Gleichzeitig wurden neue Angebote geschaffen. Neu sind drei Studienprogramme auf der Masterstufe, die ganz ohne Nebenfach studiert werden können, nämlich Psychologie, Politikwissenschaft und Multilinguale Textanalyse. Bestimmte Hauptfach-Studiengänge wie zum Beispiel Philosophie, Italienische Sprach- und Literaturwissenschaft oder Populäre Kulturen können neu in Kombination mit nur noch einem statt wie bisher mit zwei Nebenfächern studiert werden. Andere haben es durch ein neues kleineres Hauptfachformat ermöglicht, dass man nun zwei Hauptfächer studieren kann.

Gestrichen wurden vor allem einige 15-Punkte-Programme im zweiten Nebenfach. Sichergestellt ist aber, dass Studierende, die in auslaufenden Studienprogrammen eingeschrieben sind, das Programm bis zum nächsten akademischen Grad (Bachelorprogramm bis zum Bachelorabschluss; Masterprogramm bis zum Masterabschluss) abschliessen können. (Orientierung über die neue RVO mit den neuen bzw. auslaufenden Studienangeboten)

Peter Schulthess: Die Tendenz geht dahin, dass auf Masterstufe die Dreifächer-Kombinationen abnehmen werden. Die Philosophische Fakultät der UZH nähert sich damit den Gepflogenheiten anderer Schweizer Universitäten an. Die Tendenz kommt insbesondere den angehenden Gymnasiallehrpersonen entgegen, denn das Lehrdiplom für Maturitätsschulen schliesst man in einem oder in zwei, nicht in drei Unterrichtsfächern ab.

Unter dem Strich gibt es zukünftig etwas weniger Studienprogramme. War es ein erklärtes Ziel, die Zahl der Studienprogramme zu verringern?

Peter Schulthess: Die grosse Vielfalt an Studienprogrammen ist eine Charakteristikum und eine grosse Qualität der Philosophischen Fakultät. An diesem Facettenreichtum wollen wir festhalten. Allerdings wurde die Vielfalt der Programm-Angebote bei der Umsetzung der Bologna-Reform etwas übertrieben.

Monica Kalt: Eine grosse Zahl von Studienprogrammen bedeutet einen hohen reglementarischen und  administrativen Aufwand. Ausserdem werden auch Wahlentscheidungen etwa für Maturanden und Maturandinnen dadurch nicht einfacher. Bei den Masterprogrammen besteht hingegen mehr Spezialisierungspotential. Ich bin davon überzeugt, dass Vielfalt auch dann gewährleistet werden kann, wenn nicht alle Lehrinhalte sich in einem eigenen Studienprogramm manifestieren.

Was passiert, wenn jemand auf Bachelor-Stufe ein Programm studiert hat, zu dem es auf Masterstufe keine Entsprechung mehr gibt?

Monica Kalt: Für alle Bachelor-Fächer mit mindestens 60 ECTS-Credits – also für alle Hauptfächer und grossen Nebenfächer – gibt es innerhalb einer Studienrichtung eine Fortsetzung auf Masterstufe. (Zuordnung der Bachelorprogramme zu den Studienrichtungen). Die Vorstellung, dass das Bachelorstudium auf Masterstufe eine genaue Entsprechung haben muss, ist ein Missverständnis, das auf der falschen Analogie der Bologna-Studiengänge zum Lizenziatsstudiengang beruht. Im Bolognasystem studiert man zwei Studiengänge nacheinander – unter Umständen mit verschiedenen Studienprogrammkombinationen. Wenn ein von Studierenden anvisiertes Studienprogramm auf Masterstufe nicht mehr angeboten wird, gibt es viele alternative Möglichkeiten zur Fortsetzung des Studiums (vgl. dazu den Teil «Möglichkeiten beim Stufenanstieg» in der Orientierung über die neue RVO.)

Sind noch weitere Reformschritte zu erwarten?

Peter Schulthess: Was wir noch zu leisten haben, ist eine bessere Harmonisierung unter den Fakultäten. Innerhalb der Philosophischen Fakultät stehen im Moment keine weiteren Änderungen an. Ich wünsche mir, dass sich nun nach langen, arbeitsreichen Reformjahren die neuen Strukturen gut einspielen.