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Es ging alles schnell. Noch 1998 war Indonesien von einem autoritären Regime geführt, 2006 bezeichnete die Nichtregierungsorganisation «Freedom House» Indonesien bereits als politisch «frei».
«Es braucht eine Krise für den Wandel», sagte Hassan Wirajuda am Podium von vergangener Woche rückblickend. Er war 2001-2009 Aussenminister und ist heute Präsidentschaftsberater Indonesiens.
Mit der Krise meinte Wirajuda die damalige Wirtschaftskrise, gekoppelt mit ethnischen Konflikten und grundsätzlicher Instabilität in Indonesien. Politische Proteste führten 1998 zum Rücktritt von Präsident Suharto. Dann folgten die Reformen Schlag auf Schlag: Das Land wurde dezentraler, neue Parteien wurden gegründet, das Parlament erhielt mehr Rechte und 1999 fanden freie Parlamentswahlen statt.
«Indonesien hat bewiesen, dass Demokratie, Islam und Modernität kein Widerspruch sein müssen», so Wirajuda. Er ist überzeugt, dass die Bevölkerung islamistischen Gruppierungen an der Urne auch in Zukunft keine Mehrheit verschaffen wird. Indonesien soll weiterhin als Modell gelten. Es ist das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt, das einen Wandel von einem autoritären zu einem demokratischen Regime erlebt hat.
Zwar sei die Demokratie Indonesiens noch nicht perfekt, so der Referent. Trotzdem zeigte er sich an der UZH von der Nachhaltigkeit der Demokratie in Indonesien überzeugt. Die neue politische Führung Indonesiens habe das Thema prominent auf die Agenda der ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) gesetzt.
Als Aussenminister gründete Wirajuda 2008 das Bali-Demokratieforum. Jährlich tauschen dort hochrangige Regierungsvertreter Erfahrungen und «best practice» zum Thema Demokratie aus. Im vergangenen Jahr waren bereits 83 Länder vertreten. Das ebenfalls von Wirajuda initiierte «Institute for Peace and Democracy» dient dazu, die Themen praxisnah zu vertiefen – etwa in Workshops zu Themen wie Wahlen und politische Rechte.
«Wichtig ist, dass am Bali-Demokratieforum nicht der Mahnfinger erhoben wird», so Wirajuda. Das Forum urteile nicht über die Situation in den einzelnen Ländern und propagiere kein bestimmtes Demokratiemodell. Dialog und Feinfühligkeit seien gefragt auf dem Weg zu mehr Demokratie rund um den Globus, so der Referent.
Indonesien teilt seine Erfahrungen auf dem Weg zur Demokratie nicht nur mit anderen Ländern Asiens, sondern etwa auch mit Tunesien und Ägypten. Die dortige Situation ist gemäss Wirajuda mit jener von Indonesien vor 1998 zu vergleichen.
Demokratieförderung in Ägypten betreibt auch die Europäische Union. Seit 2007 sind zu diesem Zweck rund 1 Milliarde Euro nach Ägypten geflossen. Es war nicht sehr erfolgreich eingesetztes Geld, wie der vergangenen Woche veröffentlichte Bericht des Europäischen Rechnungshofes zeigt.
Die Demokratieförderung der EU sei vor allem in jenen Ländern schwierig, die nicht Beitrittskandidaten der Union seien, sagte Sandra Lavenex, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Luzern. Solchen Ländern könne die EU als Belohnung höchstens eine engere wirtschaftliche Kooperation anbieten – was aber ein zu geringer Anreiz für Reformen in Richtung Demokratie zu sein scheint.
Lavenex hat die EU-Demokratieförderung in Ländern wie der Ukraine und Marokko im Rahmen des NCCR Democracy untersucht – dem von der UZH koordinierten Nationalen Forschungsschwerpunktes Demokratie.
Als besonders wirksam hat sich dabei ein neuartiges Modell erwiesen: Demokratisierung erfolgt nicht über Regierungskontakte (top-down) oder die Förderung der Zivilgesellschaft (bottom-up), sondern über die Zusammenarbeit öffentlicher Verwaltungen. Staatsbeamte werden mit demokratischen Formen des Regierens vertraut gemacht, wenn sie etwa im Bereich Migration oder Umweltschutz grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Ein Modell, bei welchem die Demokratisierung eher das «Nebenprodukt» ist. Ein solches Vorgehen bietet sich gemäss Lavenex auch für die ASEAN mit ihren vielfältigen Kooperationen an.
Demokratieförderung betreibt auch das Zentrum für Demokratie Aarau (ZDA), ein Forschungszentrum an der UZH. So haben die Rechts- und Politikwissenschaftler des ZDA etwa die neuen Verfassungen des Sudan und des Südsudan evaluiert. Derzeit helfen sie der Mongolei im Auftrag der Regierung dabei, das Land dezentraler und demokratischer zu gestalten, berichtete Fernando Mendez, Politikwissenschaftler am ZDA.
Zentral sei die Einstellung und das Verhalten der politischen Eliten in den Ländern, so seine Erfahrung aus verschiedenen Projekten. Man müsse die Motivation zur Demokratisierung kritisch hinterfragen. Demokratisierung könne auch instrumentalisiert werden, etwa um eine Zentralisierung und mehr Macht für die Regierung durchzusetzen.
Zwar würden weltweit immer mehr Länder Instrumente der direkten Demokratie einführen und sich dabei nicht zuletzt an der Schweiz orientieren, so Mendez. Es gelte aber, die länderspezifische Situation und Geschichte zu beachten. So existierten etwa in Afrika und Indien partizipatorische Traditionen, auf die man aufbauen könne. In Afrika sei beispielweise das Debattieren unter einem Baum eine althergebrachte Institution. Diese Form des Dialogs habe nicht zuletzt die Form der Konferenzen zur Verfassungsgebung in den afrikanischen Staaten beeinflusst.