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Otto-Naegeli-Preis 2012

Voller Einsatz für die Haut

Dermatologie-Professor Lars French wird heute mit dem renommierten Otto Naegeli-Preis ausgezeichnet. Geehrt wird er für seine herausragenden Leistungen in Klinik und Forschung. Beides unter einen Hut zu bekommen sei täglich eine neue Herausforderung, sagt der Preisträger.
Marita Fuchs
Lars French: «Der klinische Wissenschaftler gehört zu einer gefährdeten Gattung.»

Um sieben Uhr morgens sitzt Lars French in seinem hellen Bürozimmer in der Dermatologischen Klinik und beantwortet Mails. Ihm gegenüber eine Rothko-Reproduktion – grosse Flächen in hellen Farben. Noch ist es ruhig. Doch das wird sich bald ändern, denn der Klinikalltag ist hektisch und Lars French muss verschiedenen Rollen gerecht werden: Als Klinikdirektor führt er ein Team von 160 Mitarbeitenden, die sich im Jahr um etwa 100'000 Patienten kümmern. Als Ausbildner ist er Chef eines grossen Ärzteteams und Betreuer von Assistenzärzten, die später als Fachärzte für Dermatologie in der Schweiz und im Ausland tätig sein werden. Des Weiteren ist French Wissenschaftler und führt mehrere Forschungsgruppen, die sich schwerpunktmässig mit Hautkrebs und entzündlichen Hautkrankheiten beschäftigen.

Die Dermatologie ist ein weites Feld und umfasst Tausende von Krankheiten. Diagnose und Behandlung sind auch deshalb schwierig, weil andere Krankheiten sich ebenfalls im Hautbild spiegeln können. «Zudem sind Hautkrankheiten von aussen für jedermann meist deutlich sichtbar, sodass jedes Hautleiden eine zusätzliche psychosoziale Komponente hat», sagt French. Den meisten Hautkrankheiten liegt eine Entzündung, eine Infektion, eine Allergie oder eine Überreaktion im Immunsystem des Körpers zugrunde.

Ein Team aus Ärzten und Pflegenden ...

Um acht Uhr beginnt die erste Visite mit den stationären Patienten. French untersucht eine Person mit einer Schuppenflechte. Er wurde von einer anderen Klinik überwiesen und galt dort als nicht therapierbar. Seine eitrige, schuppige Haut konnte zwar vom Team um French beruhigt werden, doch die Hände bleiben resistent gegenüber jeder Behandlung. Für den Patienten ein grosses Problem, denn mit diesen Händen kann er nicht mehr arbeiten.

«Haben wir etwas übersehen?», fragt French in die Runde. Bei der Visite dabei sind der leitende Arzt, die Assistenzärzte, die Stationsleiterin, Pflegende und Unterassistenten. French motiviert das Team zur Diskussion. Alle werden einbezogen, nicht nur die Ärzte, auch die Pflegefachpersonen sind massgeblich beteiligt. Der Patient wird dabei befragt, die Diagnose und das weitere Vorgehen werden ihm erklärt.

... für schwierige Fälle

«Auch wenn manchmal die Dinge sehr schwierig sind», sagt French, «ist unter den etwa tausend Patienten, die unsere Klink jährlich stationär aufsuchen, kaum einer, dem wir nicht helfen konnten.» Das gilt auch für die gefürchtete Erythrodermie. Darunter versteht man eine Hautrötung des gesamten Körpers.

Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine Entzündungsreaktion und Gefässerweiterung der gesamten Haut. Folge ist ein Flüssigkeits-, Salz- und Eiweissverlust, der zusammen mit Folgeinfektionen lebensbedrohlich werden kann. Die Diagnose ist in diesen Fällen schwierig, da die Erythrodermie keine eigenständige Erkrankung, sondern lediglich ein Symptom ist, dessen Ursache verschiedene Erkrankungen sein können.

Die medizinischen Schwerpunkte der Klinik liegen in der Behandlung von Hautkrebs und entzündliche Hautkrankheiten. «Doch nicht nur der Hautkrebs, alle Hautkrankheiten nehmen zu», sagt French. Es kommen vermehrt Patienten mit Allergien oder ältere Patienten mit entzündlichen Hauterkrankungen, die durch Arzneimittelreaktionen verursacht wurden.

Oft sind es sehr schwer kranke Menschen, die schon von Arzt zu Arzt gegangen sind und nun in der Dermatologischen Klinik Linderung suchen. Etwa 100’000 Patienten pro Jahr werden in der Poliklinik – einer der grössten Ambulanzen im Universitätsspital – aufgenommen und behandelt.

Fünf-Sterne Klinik

Auch die Assistenzärzte und die studentischen Unterassistenten, die bei der Visite dabei sind, schätzen es, an der Klink ein viermonatiges Praktikum absolvieren zu können. Denn die Zürcher dermatologische Klink hat einen besonders guten Ruf für eine solide und gründliche Ausbildung.

Die Auszubildenden haben hier die Chance, die vielfältigen Krankheitsbilder der Dermatologie kennenzulernen. Auf einer deutschen Website figuriert die Zürcher Klinik gar als «Fünf-Sterne-Klinik» punkto Ausbildungsqualität.

Doch nicht nur Studierende und Assistenzärzte, auch die Patientinnen und Patienten schätzen den guten Ruf der Klink. Sogar aus dem Nahen Osten fliegen sie ein, um sich in Zürich behandeln zu lassen. Die weltweite Reputation ist auch auf den hohen Wirkungsgrad der Publikationen zurückzuführen, welche die Klinik hervorbringe, meint French.

50 Studien am Laufen

Das Management der Klink mit ihren 160 Mitarbeitenden gehört ebenfalls zu den Aufgaben von Lars French, stets muss er die Bettenbelegung im Auge und die Finanzen im Kopf haben. Wie ein Jongleur wechselt er vom Ausbildner zum Klinikdirektor und dann zum Forscher. An der dermatologischen Klinik laufen derzeit 50 klinische Studien. Das sind ein Viertel aller klinischen Studien des gesamten Universitätsspitals.

French muss sein Forschungsteam betreuen und stets auf dem Laufenden sein, was die einzelnen Forschungsprojekte anbelangt. «Ich habe im Moment in der Woche nur vier Stunden Zeit für die Forschung, weil die Arbeit mit den Patienten im Vordergrund steht. Das ist zu wenig», stellt er fest. Dabei wäre es für den Forschungsplatz Zürich so wichtig, mehr in die Forschung zu investieren, um den guten Ruf zu halten.

French und seine Teams forschen im Moment an verschiedenen Schwerpunkten. Doch im Kern dreht es sich um die Frage, wie das Immunsystem mittels Entzündungen Infektionen bekämpft und warum es manchmal die Kontrolle über diese Entzündungen verliert und damit eine Krankheit auslöst.

Wäre hier eine Antwort gefunden, hätte man gleich mehrere Probleme gelöst, sagt French. Denn das würde erklären, wie Ekzeme und Schuppenflechten entstehen. Und man könnte zeigen, wie es zu gewissen Arten von Hautkrebs kommt, denn auch bei dieser Krankheit spielt das Immunsystem eine Rolle. Oft bleiben dem Wissenschaftler French nur die Wochenenden, um seinem Anspruch für eine gute Forschung gerecht zu werden.

Biomedizinisches Forschungszentrum als Wunsch

«Die Medizin ist meine Profession, die Forschung meine Leidenschaft», sagt er. Klinik, Forschung und Ausbildung sind für den Vollblutwissenschaftler eine Einheit, die zusammengehört und nicht getrennt werden darf. «Doch der klinische Wissenschaftler gehört zu einer gefährdeten Gattung», befürchtet French und plädiert dafür, die universitäre Seite seiner Arbeit vermehrt zu unterstützen. Ein grosses Problem für ihn und sein Forschungsteam ist mangelnder Raum.

French wünscht sich für das Universitätsspital Zürich mehr Platz und eine bessere Finanzierung – zum Beispiel für ein biomedizinisches Forschungszentrum. Dort könnten sich junge Wissenschaftler verschiedener medizinischer Disziplinen treffen, gemeinsam forschen und Synergien bilden. Nur so könne Zürich seinen Platz in der Spitzenmedizin behaupten.

Um 19.15 versucht Lars French zu Hause zu sein, um mit seiner Familie zu essen. Das klappt nicht immer. Aber auch wenn er zu Hause ist, sitzt er um 21.00 Uhr wieder am Schreibtisch.