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Eine Operation am Gehirn birgt immer ein gewisses Risiko: Werden bestimmte Gehirnregionen verletzt, können schwere Beeinträchtigungen die Folge sein. Deshalb ist es wichtig, dass der Neurochirurg schon vor der Operation eine möglichst genaue Vorstellung vom Gehirn des Patienten hat.
Neben Bildern, die beispielsweise die präzise Lage eines Tumors zeigen, ist es auch wichtig zu wissen, welche Hirnregionen an welchem Vorgang beteiligt sind. Welche Areale sind aktiv beim Sprechen? Welche beim Erkennen von Gesichtern? Um das herauszufinden, wird die sogenannte funktionelle Kernspintomographie (fMRI, functional Magnetic Resonance Imaging) eingesetzt.
Beim fMRI wird die Aktivität der Gehirnzellen indirekt gemessen: Dort wo das Gehirn aktiv ist, ist der Stoffwechsel hoch und entsprechend werden verschiedene Nährstoffe und vor allem Sauerstoff gebraucht. Sie werden mit dem Blut zu den beanspruchten Hirnarealen transportiert. Der Unterschied zwischen sauerstoffreichem Blut in aktiven Regionen und sauerstoffarmem Blut in inaktiven Regionen kann mit dem fMRI gemessen und sichtbar gemacht werden.
Das fMRI hat zweifelsfrei zahlreiche Vorteile: Die Untersuchung ist für Patienten harmlos, denn das Verfahren wird ohne Operation oder gesundheitsschädigende Strahlen durchgeführt. Zudem ist die räumliche Auflösung sehr gut. Das fMRI hat aber auch Nachteile: Weil das Signal vom Blut stammt und nicht direkt von den Gehirnzellen, ist die Interpretation schwierig. Beispielsweise kann aus dem Signal nicht herausgelesen werden, welche konkreten Zelltypen aktiv sind. Auch kann nicht interpretiert werden, ob das Signal von Zellen kommt, die andere Zellen aktivieren oder hemmen.
«Solche Informationen können aber von entscheidender Bedeutung sein», sagt Kristina Schulz, Doktorandin in der Gruppe von Fritjof Helmchen am Institut für Hirnforschung der Universität Zürich. Gemeinsam mit Kollegen der Forschungsgruppe von Markus Rudin ist es Schulz nun gelungen, das fMRI mit einer zweiten Methode zu kombinieren und damit die Interpretation des Signals zu verbessern. Diese Studie haben die Forscher nun in der renommierten Fachzeitschrift «Nature Methods» publiziert.
Die Experimente haben die Wissenschaftler an Ratten durchgeführt. Bevor sie ihre Versuchstiere im fMRI gescannt haben, injizierten sie einen Farbstoff ins Gehirn – einen sogenannten Calcium-Indikator. Diese Substanz sammelt sich in den Zellen an. Wird eine Zelle aktiviert, strömt zusätzlich Calcium ein und bindet an den Farbstoff: Je aktiver eine Zelle ist, desto heller leuchtet sie. Dieses Calcium-Signal geht – im Gegensatz zum fMRI-Signal – direkt von der Gehirnzelle aus.
Nach der Farbstoff-Verabreichung scannten die Forscher die Ratte in einem umgebauten fMRI-Scanner, stimulierten eine Pfote des Tieres und schauten, was daraufhin im Gehirn passiert. Dank der neuartigen Apparatur war es ihnen möglich, mittels einer Glasfaser auf das Gehirn zu leuchten und den Calcium-Indikator sichtbar zu machen, während das fMRI-Signal gemessen wurde. «Die Kombination dieser beiden Methoden ist einzigartig und eröffnet neue Möglichkeiten», sagt Kristina Schulz.
So haben die Forscher unterschiedliche Calcium-Indikatoren verwendet, um verschiedene Zelltypen des Gehirns anzufärben. Dadurch konnten sie sehen, wie die Aktivität dieser Zellen mit bestimmten Komponenten des fMRI-Signals korreliert. «Unsere Studie ist erst der Anfang», sagt Schulz. Die Hirnforscher haben nun ein Werkzeug in der Hand, mit dem sie die Aktivität verschiedener Zelltypen in Zukunft eingehender untersuchen können.