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Die Erde bebt. Gebäude stürzen ein, Menschen und Tiere werden verschüttet. Bei einer Katastrophe ist schnelles Handeln gefragt. Doch für die Retter ist das unwegsame Gelände gefährlich. Sie müssen darauf achten, nicht selbst unter den Schuttmassen begraben zu werden. Schwierig ist auch die Suche nach Verletzten. Ist der Unfallort mit giftigen oder radioaktiven Substanzen kontaminiert, kann dieser für die Retter selbst zur tödlichen Falle werden.
Fliegende Kleinstroboter
Hilfe in der Not könnten in Zukunft intelligente Flugobjekte bieten: 50 Zentimeter gross, nicht schwerer als 1500 Gramm und mit einer Kamera ausgerüstet, checken sie als erste das Gelände und senden Bilder von der Unglücksstelle an die Rettungsfachleute. Das Vorgehen der Rettungscrew kann mit diesen Daten genau geplant werden.
Der Felssturz am Gotthard oder Fukushima fallen einem spontan für derartige Szenarien ein. Aber wer soll die kleinen Helfer steuern? Unsichere GPS-Verbindungen und nicht mehr gültiges Kartenmaterial sind hier wenig hilfreich.
Diesem Problem widmet sich Davide Scaramuzza seit einigen Jahren. Er ist heute Assistenzprofessor für Human Oriented Robotics im Forschungslabor von Informatikprofessor Rolf Pfeiffer und erhielt jetzt als Anerkennung für seine Arbeiten den European Young Researcher Award 2012.
Sehende und steuernde Kamera
Als erstes hat er mit Matlab – einer Simulationssoftware – eine Toolbox programmiert, mit der Bilder von Weitwinkelkameras kalibriert werden können. Diese Software ist frei verfügbar und schon einige Tausend Mal heruntergeladen worden. Sie kommt auch in der NASA, bei Bosch und Daimler zum Einsatz.
Zur Steuerung von Objekten, die mit den Kameras bestückt sind, hat Scaramuzza sich mit odometrischen Verfahren befasst. Mit «Visual odometry» wird die Position, die Orientierung und die Geschwindigkeit einer sich bewegenden Kamera aus der Bildinformation der Kamera selbst berechnet.
Scaramuzza hat einen neuen Algorithmus entwickelt, der diese Aufgabe um einen Faktor Tausend schneller erledigen kann als bisher bekannte Programme.
Sicher gelenkt ohne GPS
Im Projekt «sFly», Swarm of Micro Flying Robots, konnte Scaramuzza seine Entwicklungen in die Praxis umsetzen. Im Rahmen dieses europäischen Projekts mit Partnern von der ETHZ sowie aus Deutschland, Griechenland und Frankreich galt es, kleine, autonom fliegende Helikopter zu entwickeln, die selbst in Städten oder in schwer zugänglichem Gelände autonom operieren können. Diese fliegenden Objekte sind mit kleinen Kameras ausgestattet, die ohne GPS das Gelände erkunden und Bilder an die Retter weiterleiten.
Test bestanden
Als Testgelände diente das Trainingsgelände der Zürcher Feuerwehr in Oerlikon. Ziel war es, autonom das Gelände zu kartieren, optimale Überwachungspunkte zu finden und einen versteckten Sender im Gelände aufzufinden, was die kleinen Helfer mit Bravour bewältigten.
Eine SFLY-Demonstration für die Presse zeigte, dass sogar die Journalisten ohne grossen Probleme die kleinen Helfer präzise steuern konnten.
Streetparade überwachen
Die neuen Entwicklungen in der Robotik öffnen Türen zu weiteren Anwendungen, meint Sacaramuzza. So könne man sie einsetzen, um stark bevölkerte Gebiete oder Veranstaltungen zu beobachten – etwa die Streetparade in Zürich. Möglich wäre auch, mit den fliegenden Robotern Medikamente in abgelegene Gegenden in Entwicklungsländern zu transportieren.
In Zukunft möchte der Informatiker Roboter bauen, die vollständig autonom handeln können. In Notsituationen sind Experten oft noch nicht vor Ort, hier können die autonomen oder semiautonomen Roboter eine grosse Hilfe leisten.