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Lehrer N. (54) hat plötzlich und unerwartet einen epileptischen Anfall. Der Besuch beim Neurologen und das EEG deuten auf einen Gehirntumor hin. Weitere Untersuchungen zeigen, dass er unter einem Glioblastom leidet, einem aggressiven Hirntumor. «Diese Tumorform wächst nicht klumpenförmig», erklärte UZH-Professor Michael Weller, Leiter des Hirntumorzentrums am Universitätsspital Zürich an der Eröffnungsfeier des neuen Tumorzentrums, «er marschiert eher wie eine Guerillatruppe durch das Hirn und hinterlässt krankes Gewebe».
Für Lehrer N. bedeutet das Operation, Strahlen- und Chemotherapie oder im fortgeschrittenen Stadium eine palliative Begleitung. «N. durchläuft viele Stationen im Spital, er profitiert, wenn Spezialisten miteinander reden und sich abstimmen, bevor die Entscheidungen getroffen werden», sagte Weller. Ein Team aus Fachärzten garantiere eine optimal und individuell ausgerichtete Behandlung, bei der auch die soziale und emotionale Situation des Patienten berücksichtigt würden.
Genau das soll das neue Tumorzentrum am Universitätsspital gewährleisten. Rita Ziegler, Vorsitzende der Spitaldirektion, sagte am Symposium zur Eröffnung des neuen Tumorzentrums: «Bisher ist keine Wunderdroge gegen Krebs gefunden, deshalb sind wir verpflichtet, Innovationen aus der universitären Forschung, aber auch pharmazeutische Entwicklungen durch die Verzahnung der verschiedenen Fachdisziplinen optimal einzusetzen.»
Gehe es um eine grosse onkologische Expertise, so sei die horizontale Vernetzung von Spezialisten, die ihre Kompetenzen bündeln, nur zum Vorteil der Patienten, meinte auch der Leiter des neuen Tumorzentrums, UZH-Professor Christoph Renner. Die interdisziplinäre Tumorkonferenz (Tumorboard), an der die verschiedenen Fachärzte zusammenkommen, um die beste Therapie zu finden, sei der Schlüssel zu einer optimalen Behandlung.
Das entspreche auch den Wünschen von Patienten, führte Renner aus. Laut Erhebungen wären die Präferenzen der Patienten eindeutig: Sie wünschen Zugang zu Spezialisten, zu neuen Behandlungsmöglichkeiten und -substanzen, zu allen wichtigen Informationen und unterstützende Massnahmen der Komplementärmedizin. Zudem soll die Behandlung möglichst gebündelt an einem Ort stattfinden.
In der Schweiz handelt es sich um das erste umfassende Tumorzentrum, das nach international akzeptierten Richtlinien arbeiten wird. Die klinische Forschung erhalte durch das Zentrum eine deutliche Aufwertung, sagte Klaus Grätz, Dekan der medizinischen Fakultät. Das Zentrum führe Experten in einem Verbund zusammen und vernetze beteiligte Kliniken. Forschung, Lehre und klinische Bereiche würden dadurch gefördert, ein Forum für die universitäre Medizin entstehe.
Allerdings sei das neue Zentrum erst eine Etappe auf dem Weg zu einem «Comprehensive Cancer Zentrum», sagte Grätz. Denn noch seien nicht alle in Frage kommenden Institute am Tumorzentrum beteiligt.
Unter dem Dach des neuen Tumorzentrums vereint sind bis jetzt vier Zentren, die alle durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifiziert wurden: ein Hirn- und Hauttumorzentrum, ein Prostatakarzinomzentrum und das Lungen- und Thoraxonkologiezentrum. In Zukunft sollen weitere Zentren hinzukommen.
Professor Michael Bamberg, der ehemalige Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, gratulierte seinen Kollegen vom Universitätsspital zu dem neuen Zentrum. Die unabhängige und fächerübergreifende Zertifizierung von Tumorzentren diene als Gütesiegel und den Patienten als Garant für eine optimale Behandlung.