Navigation auf uzh.ch
Die Geschichte der Fahrenden – der Roma oder Jenischen – ist bis heute von Diskriminierung geprägt. Besonderem Leid waren Fahrende zwischen 1926 und 1973 in der Schweiz ausgesetzt, als die Pro Juventute mit Unterstützung der Behörden den Fahrenden rund 600 Kinder entriss. Sie wurden in Pflegefamilien, Heimen und Anstalten platziert, um sie zu «brauchbaren Gliedern» der Gesellschaft zu erziehen. Bittere Wahrheit: Viele dieser Kinder durften später nicht einmal einen Beruf erlernen und wurden als billige Arbeitskräfte eingesetzt.
Die Historiker Thomas Meier und Sara Galle beschäftigen sich in ihrer Forschung seit Jahren mit dem Thema. Die von ihnen kuratierte Ausstellung zeigt, dass die Kinder der Fahrenden in den behördlichen Akten oft als potentiell kriminelle Objekte abgestempelt wurden. «Damit wurden die Kinder der Fahrenden aktenkundig und häufig erst dadurch zu psychisch Kranken und Kriminellen gemacht», sagen die Meier und Galle. Noch heute kämpfen die Betroffenen zum Teil für ihre Rehabilitation.
Die Aktion «Kinder der Landstrasse» sei eines der dunkelsten Kapitel in der Schweizer Geschichte, sind Meier und Galle überzeugt. «Die Ausstellung will zeigen, wie Stigmata in Akten eingehen, dort angehäuft werden und zu schwerwiegenden Diskriminierungen führen können», so Galle. Die Ausstellung soll dazu beitragen, dass das Geschehene nicht in Vergessenheit gerät.
Das Sammeln und Weitergeben von Akten wird in der Ausstellung in seiner Ambivalenz gezeigt. «Akten bieten einerseits Rechtssicherheit, indem sie Handlungen nachvollziehbar machen», so Meier. «Andererseits bergen sie die Gefahr, dass amtliche Einschätzungen objektiviert und zugespitzt werden.»
Die Thematik betreffe auch die Gegenwart, sind die Ausstellungsmacher überzeugt. «Die fahrende Lebensweise wurde damals als rückständig betrachtet. Ähnlich diskriminierende Urteile hören wir heute über Migrantinnen und Migranten –insbesondere solche aus Osteuropa und speziell Roma, wie aktuelle Medienberichte zeigen», so Galle.