Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Medizinische Mikrobiologie

Versteckte Bakterien aufspüren

Bisher galt das Anlegen einer Bakterienkultur als zuverlässige Methode, um eine bakterielle Infektion nachzuweisen. Was aber tun, wenn in der Kultur keine Bakterien wachsen, der Patient jedoch ganz offensichtlich an einer bakteriellen Infektion leidet? Eine Genanalyse kann in diesen Fällen helfen, sagt UZH-Mikrobiologe Guido Bloemberg. 
Lena Serck-Hanssen

Schon manch ein Arzt sah sich mit folgender Situation konfrontiert: Der Patient weist Symptome einer bakteriellen Infektion auf, die angelegte Bakterienkultur ist jedoch negativ, das heisst, von der entnommenen Probe lassen sich keine krankmachenden Bakterien im Nährmedium vermehren. Was tun? Ohne den genauen Erreger zu kennen, verschreibt der Arzt ein Breitband-Antibiotikum in der Hoffnung, dieses wirke auch gegen das vermutete Bakterium. Oft geht dies gut, doch die Sache hat gravierende Nachteile.

Da der Arzt den genauen Erreger nicht kennt, wählt er unter Umständen nicht das passende Antibiotikum oder wendet es nicht genügend lange an. Die Bakterienkultur, die bisher als beste Methode für den Nachweis einer bakteriellen Infektion galt, versagt offenbar in einigen Fällen. Seit einigen Jahren steht ein anderes Instrument zur Verfügung, um eine bakterielle Infektion zu diagnostizieren: die «16S rRNA Gen PCR amplification» mit nachheriger DNA-Analyse.

Guido Bloemberg, Leiter der Molekularen Diagnostik am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Zürich, hat die Tauglichkeit «16S
rRNA Gen PCR Analyse» mit derjenigen der Bakterienkultur verglichen.

Klinisch relevant

Guido Bloemberg, Leiter der Molekularen Diagnostik am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Zürich, hat die Tauglichkeit dieser Methode mit derjenigen der Bakterienkultur verglichen. Gleichzeitig hat er zeigen können, dass die 16S rRNA Gen PCR Analyse in den Fällen einer negativen Bakterienkultur zusätzliche Informationen über die Infektion des Patienten liefern kann. Die Resultate seiner Studie sind für die Arbeit in der Klinik bedeutsam und wurden in der Fachzeitschrift «Clinical Infectious Diseases» veröffentlicht.

Das Verfahren der 16S rRNA Genamplifikation wurde Ende der 1980er Jahre von Professor Erik Böttger vom Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Zürich entwickelt. Das 16S rRNA Gen kommt bei allen Bakterien vor. Ein Teil des Gens ist bei allen Bakterien gleich, andere Teile unterscheiden sich je nach Art. Mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion kann das Gen vervielfältigt werden. Liegen genügend Kopien des Gens vor, können die bakterienspezifischen Teile des Gens mit definierten Genabschnitten einer Bakterien-Gen-Datenbank verglichen werden.

Bei Übereinstimmung der Abschnitte wird ersichtlich, um welches Bakterium es sich handelt. Bisher wurde die 16S rRNA Gen PCR schon vielfach zur Bestimmung von Erregern direkt aus dem Probenmaterial angewendet und laufend optimiert. Unklar war jedoch, wie gut diese Methode im Vergleich zur herkömmlichen Bakterienkultur abschneidet und welche Aussagekraft sie bei einer bakteriellen Infektion mit negativer Kultur hat.

Animation des 16SrRNA Gens: Proteine (violett) und RNA (orange).

Viel Erfahrung nötig

Als erstes interessierte Bloemberg und seine Kollegen, wie sich die 16S rRNA Gen PCR mit der Bakterienkultur vergleichen lässt. Dazu liess er von rund 400 Proben parallel Bakterienkulturen anlegen sowie eine 16S rRNA Gen PCR durchführen. Dabei zeigte sich, dass die Ergebnisse mit mehr als 90 Prozent Übereinstimmung vergleichbar sind.

Zudem untersuchte Bloemberg 230 Patientenproben, deren Bakterienkulturen negativ ausgefallen waren. Bei 50 dieser Proben wies die detaillierte klinische Analyse der Patientendaten auf eine bakterielle Infektion hin. Solche Fälle können zum Beispiel vorkommen, wenn der Patient bereits mit einem Antibiotikum behandelt worden ist, das Bakterium gar nicht in einem Nährmedium ausserhalb des Körpers wachsen kann oder so langsam wächst, dass eine Diagnose innert nützlicher Frist nicht möglich ist.

In etwa der Hälfte dieser 50 Proben fiel die 16S rRNA Gen PCR Analyse positiv aus. Ein Nachweis, dass die Patienten – wie vermutet – tatsächlich an einer bakteriellen Infektion litten. Zusätzlich konnten die konkreten Erreger bestimmt werden.

Bloemberg schlägt vor, die 16S rRNA Gen PCR in genau diesen Fällen anzuwenden. Er betont, dass diese Untersuchung nur in spezialisierten Labors mit entsprechender Expertise durchgeführt werden sollte: «Es erfordert viel Erfahrung und eine grosse Kenntnis der verschiedenen Bakterien, um die Resultate richtig zu interpretieren», erklärt Bloemberg.