Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Medien im Umbruch

Streit um Kuchenstücke

Am grossen Mediengipfel des Instituts für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich kreuzten SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Bernard Münch und Tamedia-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino die Klingen. Im Zentrum: die alten Grabenkämpfe um Gebührengelder und die Ausgestaltung des «Service public». Immerhin: Am Rande ging es auch um Inhalte.
Roland Gysin

Das Gratisblatt «20 Minuten» biete nicht weniger Information als die tägliche Hauptausgabe der Tagesschau, sagte Pietro Supino, Verwaltungsratspräsident von Tamedia. Die Aussage war symptomatisch. An der Podiumsdiskussion «Die Schweizerische Medienlandschaft im Umbruch» an der Universität Zürich, blieben sich Supino und Jean-Bernard Münch, Verwaltungsratspräsident SRG SSR, nichts schuldig.

Nick Lüthi, Pietro Supino, Josefa Haas (Moderation), Jean-Bernard Münch, Martin Dumermuth, Otfried Jarren (v.l.): «Medienlandschaft im Umbruch».

Kein Wunder. Seit SRG und Schweizer Radio DRS unter dem Stichwort «Konvergenz» näher zusammenarbeiten und Inhalte austauschen, werden sie durch die privaten Verlagshäuser besonders kritisch beäugt.

Kampf um Online-Inserate

Eine der grössten Streitpunkte ist der Ausbau von SRG und DRS auf ihren Internetplattformen. Immer mehr finden sich dort auch gezeichnete Autorentexte. Noch stossender finden die Verleger aber, dass die gebührenfinanzierte SRG ins Online-Inserategeschäft einsteigen möchte. Es stehe auch so genügend Geld zur Verfügung, um den Service-Public-Auftrag der Grundversorgung mit Radio und Fernsehen zu erfüllen, gab sich Supino überzeugt. «Die SRG braucht keine Online-Werbung.»

Jean Bernard Münch, Martin Dumermuth, Otfried Jarren (v.l.): Debatte über Zusammenarbeit zwischen privaten Verlegern und SRG.

Die SRG stehe im Wettbewerb mit ausländischen Fernseh-Giganten und da gelte es, jeden Werbefranken in der Schweiz zu behalten – auch im Online-Bereich, meinte Jean-Bernard Münch. Ohnehin sei es so, dass aktuell ausländische Online-Anbieter bereits 80 Prozent des Schweizer Werbemarktes abdecken. «Wir sollten uns also nicht um Brosamen streiten, sondern versuchen zu kooperieren.»

Kein Papier mehr

Im Zweikampf «SRG gegen Tamedia» sahen sich die restlichen Podiumsteilnehmer häufig in die Rolle der Zuhörer gedrängt, auch wenn Moderatorin Josefa Haas, Leiterin des Medieninstituts, sich Mühe gab, den Themenbogen offenzuhalten.

Nick Lüthi, Medienjournalist, outete sich in Sachen Medien als total papierabstinent. Er habe keine Papierzeitung mehr abonniert und schreibe auch selbst nur noch online. Sein hauptsächliches Medium ist das digitale Medienmagazin «Medienwoche».

Nick Lüthi, Medienjournalist: «Gute Zeiten für unabhängigen Journalismus.»

Die zunehmende Unübersichtlichkeit und das rasche Tempo der Veränderungen, wie sie etwa Publizistikprofessor Otfried Jarren von der Universität Zürich konstatierte, ist für Lüthi kein Grund zur Klage. Im Gegenteil: Er kriege auf seine Online-Artikel eine Vielzahl von Reaktionen, wie es sie im Print nie gegeben habe. «Es sind gute Zeiten für unabhängigen Journalismus.» Was aber die Verleger nicht daran hindern sollte, sich um ihre angestellten Journalisten besser zu kümmern.

Tamedia-Vertreter Pietro Supino konterte die Kritik mit dem Hinweis auf den Stellenausbau bei «20 Minuten-online» und kündigte auch gleich an, bald ein besonderes Tamedia-Produkt für den iPad auf den Markt zu bringen – gegen Bezahlung. Ein Produkt, das am Nachmittag erscheinen und sich von den morgendlichen Zeitungsausgaben deutlich unterscheiden werde.

Suche nach Arrangements

Martin Dumermuth, Direktor des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom), sah sich als Vertreter der Aufsichtsbehörden wiederholt in die Rolle des Polizisten gedrängt, was ihm nicht sehr behagte. Immerhin bezog er klar Stellung. Verleger und SRG sollten sich aufmachen, neue Arrangements zu suchen, wie es in der Vergangenheit etwa mit Teletext bestens funktioniert habe. Ein mögliches Rezept, um gegen Facebook, Google & Co. zu bestehen, die sich zunehmend zwischen staatliche wie private Inhaltsanbieter und Nachrichtenvermittler schieben würden.

Aus dem Publikum kam der Hinweis, dass mit Diskussionen um Plattformen, Vertriebskanäle oder Werbegelder noch nichts über die Qualität der Inhalte ausgesagt sei. Warum nicht die teuren audiovisuellen Inhalte durch gebührenfinanzierte Kanäle produzieren und diese dann zur Weiterverwendung und gegen einen fairen Preis Privaten zur Verfügung stellen? Ein durchaus «prüfenswerter Vorschlag», fand Tamedia-Verwaltungsratspräsident Supino.