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Das Mehrfamilienhaus in der Ostschweiz hat schon bessere Tage gesehen: Gebaut im Jahr 1950, bietet es zehn Familien kleine und günstige Wohnungen. Die Fassade ist grau, zu viel Energie verpufft durch undichte Fenster und schlecht isolierte Wände. Das ist kein Einzelfall. Schätzungen zufolge dürften viele Mehrfamilienhäuser in der Schweiz echte Klimasünder sein.
Die Hausbesitzer stehen vor der Frage, ob eine so genannte Pinselsanierung, sprich: frischer Anstrich, ausreicht, oder ob nicht doch der Schritt zum energetisch sinnvollen Ausbau gewagt werden sollte. Energie sparen schön und gut, aber lohnen muss es sich schon, sagen sich viele. Nur: Wie geht das?
«Jedes Gebäude ist anders – der bauliche Zustand, das Heizverhalten der Nutzer und der Umfang der Sanierung können stark schwanken, das macht die Einschätzung für Privatbesitzer so schwierig», sagt Erika Meins, Projektleiterin am CCRS, einem assoziierten Institut für Nachhaltigkeitsfragen an der Universität Zürich. Anders als grosse Liegenschaftenbesitzer, die wissen, wie sie kalkulieren müssen, stehen private Besitzer oft hilflos da. Mit einer neuen interaktiven Website springt Erika Meins und ihr Team im Verbund mit dem Hauseigentümerverband der Schweiz und anderen Verbänden den Besitzern von Mehrfamilienhäusern zur Seite.
«Mit dem Webtool ImmoGreen steht ein neues, professionelles Hilfsmittel zur Verfügung, um Sanierungen von Liegenschaften erfolgreich zu planen», sagt Meins. Auf einfache Art und Weise können unterschiedliche Erneuerungsszenarien hinsichtlich Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit miteinander verglichen und beurteilt werden. Das CCRS hat dazu das Rechenmodell «ESI-DCF» beigesteuert, das die Wirtschaftlichkeit von Sanierungen ausrechnet. Und das über einen Zeitraum von bis zu vierzig Jahren.
«Aufgrund verschiedener Indikatoren wird das Risiko oder die Chance einer Immobilie, aufgrund langfristiger Entwicklungen in der Zukunft an Wert zu verlieren oder zu gewinnen, ermittelt», erklärt Meins. «Die Folgen für den Immobilienwert und die Rendite wird mittels des neu entwickelten ESI-DCF errechnet.»
Im Fall der Immobilie aus den 50er Jahren wird der Einbau eines Liftes vorgeschlagen, eine Flexibilisierung der Raumeinteilung unter Einsatz ökologischer Baustoffe, rollstuhlgängige Räume, eine neue Heizung, die mit relativ wenig Aufwand bis zu zwanzig Prozent Energie einspart. Zusätzlich schlägt ImmoGreen wassersparende Armaturen vor und Regenwassernutzung für die Toiletten. «Die Flexibilisierung der Raumeinteilung ist ein wichtiges Kriterium», sagt Erika Meins. «Berücksichtigen wir die demografische Entwicklung, so ist es für Hauseigentümer auf Dauer sinnvoll, wenn sie nicht nur Wohnungen für Kleinfamilien planen, sondern sich flexibel zeigen und die Wohnungen so anlegen, dass sie später zum Beispiel auch für eine Kinderkrippe oder Alters-WG nutzbar sind.»
Wie das Gebäude bezüglich finanzieller Nachhaltigkeit vor und nach der Sanierung abschneidet, wird anhand einer Bewertungsspinne gezeigt, wie man sie von den Bewertungsprofilen politischer Parteien kennt. Die Eckpunkte des Netzes sind dabei: Sicherheit, Gesundheit und Komfort, Flexibilität und Polyvalenz und Energie und Wasserabhängigkeit. Ab wann sich diese Investitionen rechnen, wird beim Vergleich der Investitionskosten und der geschätzten Immobilienwerte vor und nach der Sanierung ersichtlich.
Bei der Investitionsrechnung können auch die verschiedenen Subventionen, die die Kantone anbieten, berücksichtigt werden. Die so genannte «graue Energie», die Energiemenge, die für die Herstellung, den Transport und die Entsorgung der Sanierungsbaustoffe benötigt wird, fliesst hingegen nicht mit in die Berechnungen ein.
ImmoGreen ist in einer kostenfreien Basisversion und einer günstigen Expertenversion zu haben. Für die Eingabe der Daten muss der Hausbesitzer etwa zwei Stunden aufwenden.