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Der bald 75-jährige Antonin Scalia verdankt seine Wahl von 1986 in den Obersten Gerichtshof der USA dem damaligen Präsidenten Ronald Reagan. Schon bald erwarb er sich den Ruf eines juristisch-konservativen Urgesteins.
Auf Einladung der Zürcher Wirtschaftskanzlei Schellenberg Wittmer hielt Antonin Scalia im Rahmen des LL.M-Lehrganges «Internationales Wirtschaftsrecht» der Universität Zürich in der Aula der Universität Zürich einen Vortrag. Das Thema: «The application of United States law abroad».
Kein Wunder, dass sich unter vielen anderen auch UBS-Chefjurist Markus U. Diethelm für den prominenten Gast interessierte. Doch zumindest im offiziellen Vortrag ging Scalia mit keinem Wort auf die aktuelle Situation der Schweizer Grossbanken UBS und CS in den USA ein. Stattdessen erhielten die Zuhörerinnen und Zuhörer in der vollbesetzten Aula eine rhetorisch und inhaltlich unterhaltsame Lektion in Sachen «Amerika und sein Rechtsverständnis versus Rest der Welt».
Die amerikanische Verfassung der Gründerväter im 18. Jahrhundert ist für Antonin Scalia der Massstab aller Dinge. Es gehe nicht darum, neue Rechte in die Verfassung «hineinzulesen», sondern sie aus ihrem Ursprung heraus zu verstehen. Und daraus lässt sich denn auch ableiten, dass, wann und wo immer amerikanische Interessen bedroht sind, amerikanisches Recht zur Anwendung kommen könnte.
Doch natürlich liegt die Krux im Einzelfall. Und manchmal gerieten sich darüber, so Scalia, der Kongress und das Oberste Gericht in die Haare.
Als Beispiel dient ihm das Urteil im Fall «United States v. Palmer» von 1818: Der Kongress wollte, dass drei nichtamerikanische Bürger, die ein spanisches Schiff in internationalen Gewässern vor der amerikanischen Küste überfallen hatten, wegen Piraterie vor ein US-Gericht gestellt werden. Der Supreme Court hingegen sah das anders und erklärte die Anwendung amerikanischen Rechts für nichtig – sehr zum Unmut des damaligen US-Präsidenten. Die Begründung des Gerichts: Es seien keine unmittelbaren amerikanischen Interessen tangiert worden.
Dasselbe Problem stellt sich auch heute noch: Reichen die Indizien im konkreten Einzelfall, um einen genügend hohen Betroffenheitsgrad zu konstruieren, so dass amerikanisches Recht zur Anwendung kommen könnte? Und die Antwort darauf, so Scalia, sei damals wie heute eine «interpretatorische Angelegenheit» und «keine normative» und damit nicht allgemein zu beantworten.
Gut möglich also, dass sich Markus U. Diethelm und Antonin Scalia irgendwann wiedersehen. Und dann zum Beispiel darüber diskutieren, wie und ob Geschäfte von Schweizer Banken US-Interessen tangieren oder nicht.