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Das maligne Melanom, auch schwarzer Hautkrebs genannt, gehört zu den aggressivsten Krebsarten. Nur wenn der Tumor in einem sehr frühen Stadium entdeckt und entfernt wird, haben die Patienten gute Heilungschancen. Existieren jedoch bereits Ableger in anderen Organen, sind die Prognosen schlecht. «Trotz intensiver Forschung gab es seit Jahrzehnten kaum Fortschritte in der Behandlung von Melanom-Patienten im fortgeschrittenen Stadium», erklärt Reinhard Dummer, Professor für Dermatologie am Universitätsspital Zürich.
Doch nun scheint mit neuen Medikamenten endlich ein Durchbruch in Sicht. «Die Daten der klinischen Studien sind sehr vielversprechend, endlich haben wir messbare Erfolge», erzählt Reinhard Dummer begeistert.
Fortschritte im molekularbiologischen Verständnis des Melanoms ermöglichten diesen Durchbruch. Einerseits weiss man inzwischen, welche genetischen Veränderungen für die Entstehung des schwarzen Hautkrebses relevant sind, und andererseits hat man erkannt, dass nicht bei allen Melanom-Patienten die gleichen Mutationen den Tumor auslösen. Deshalb ist es auch nicht erstaunlich, dass ein bestimmtes Krebsmedikament längst nicht bei allen Patienten die gewünschte Wirkung zeigt, sondern bei einigen lediglich Nebenwirkungen hervorruft. «Während man früher die Melanomerkrankungen nach anatomischen Kriterien klassifizierte, streben wir heute eine molekulare Definition der Krankheit an», sagt Dummer. Dadurch lässt sich der Krebs individuell und zielgerichtet bekämpfen – dieses Vorgehen nennt man personalisierte Medizin.
In rund 60 Prozent aller Fälle des malignen Melanoms sind sogenannte BRAF-Mutationen für die Krebsentstehung verantwortlich. BRAF ist Teil eines wichtigen Signalübertragungswegs und spielt unter anderem bei der Zelldifferenzierung und beim Zellwachstum eine zentrale Rolle. In den letzten zwei Jahren wurden nun Wirkstoffe in klinischen Studien geprüft, die BRAF selektiv hemmen. Von den neuen Medikamenten erhofft man sich eine Therapie, die sowohl effektiv als auch gut verträglich ist.
Die so behandelten Patienten lebten gemäss Reinhard Dummer durchschnittlich mindestens sechs Monate ohne Fortschreiten der Krebserkrankungen, dies zeigten auch die Studien am Universitätsspital Zürich. Ausserdem kam es in den meisten Fällen zu einer Verkleinerung der Tumorgrösse, und zwar auch bei Patienten mit Leber, Lungen- und Knochenmetastasen. «Das ist ein bis heute nie gekannter Erfolg und bringt den Patienten viel Lebensqualität», bilanziert der Fachmann. Bei Patienten ohne die betreffende BRAF-Mutation blieb das Medikament wie erwartet wirkungslos.
Die Zürcher Dermatologen sind gemäss Reinhard Dummer ein kleines Zahnrädchen im weltweiten Netzwerk von Forschern, die an der Zulassung dieser neuen Wirkstoffe beteiligt sind. Dadurch haben auch Schweizer Patientinnen und Patienten Zugang zu den neusten und vielversprechendsten Medikamenten, die noch nicht auf dem Markt sind.
In Sachen schwarzer Hautkrebs gehört die Schweiz zu den Hochrisikoländern. Die Häufigkeit dieses Tumors stieg in den letzten drei Jahrzehnten stark an. Der Hauptgrund dafür dürfte das veränderte Freizeitverhalten sein. Als Ursache gelten starke UV-Belastungen mit wiederkehrenden Sonnenbränden insbesondere im Kindesalter sowie eine erbliche Veranlagung. Besonders gefährlich sind dickere Melanome, denn wenn sie mehr als einen Millimeter in die Tiefe gewachsen sind, ist die Gefahr gross, dass sie bereits Metastasen in den Lymphknoten oder anderen Organen gebildet haben.
Dank den Fortschritten im molekularbiologischen Verständnis des schwarzen Hautkrebses weiss man heute, dass es «dasMelanom» nicht gibt, sondern verschiedene, durch genetische Varianten gekennzeichnete Melanome. Dies gilt mit grosser Wahrscheinlichkeit für die meisten Krebsarten. Schon heute existieren sogenannte «Onkomaps», das ist eine Art Landkarten der genetischen Veränderungen der verschiedenen Tumore.
Anhand solcher «Onkomaps» kann man beispielsweise sehen, dass Mutationen von BRAF nicht nur beim schwarzen Hautkrebs vorkommen, sondern auch bei Brust- und Darmkrebs. Künftig wird die Therapie bei Krebspatienten wohl immer häufiger dahin gehen, dass der Tumor auf seine genetische Ausstattung getestet wird, um dann die geeignete Therapie zu wählen.