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Pseudomonas aeruginosa ist ein gefürchtetes Bakterium. Es gehört zu den häufigsten Keimen, mit denen etwa Spitäler zu kämpfen haben. Es verursacht nämlich nicht selten tödlich verlaufende Infektionen von Wunden oder Lungenentzündungen bei Patientinnen und Patienten, die an Blutkrebs oder zystischer Fibrose leiden.
Das Bakterium ist schwierig zu bekämpfen, weil es aufgrund seiner fast undurchlässigen Zellwand mehrfach-resistent ist gegenüber Antibiotika.
Forschende um Professor John Robinson vom Organisch-chemischen Institut der Universität Zürich präsentieren in der Fachzeitschrift «Science» nun eine Klasse neuartiger Antibiotika, welche das Hindernis überwinden könnten. Gelungen ist die erfolgversprechende Entwicklung in Zusammenarbeit mit verschiedenen Forschungsgruppen der Universität Zürich und dem Schweizer Biotech-Unternehmen Polyphor (vgl. Kasten).
Die Forschenden nahmen sich das menschliche Abwehrsystem zum Vorbild. Dieses produziert Moleküle – Peptide und Proteine –, die in der Lage sind, Zellmembranen anzugreifen und zu zerstören.
Lange Zeit war es umstritten, ob auch synthetisch hergestellte Peptide als Antibiotika genutzt werden können. Peptide werden im Körper nämlich schnell abgebaut und können in höheren Dosen toxisch wirken. Ziel war es deshalb, Verbindungen zu entwerfen, die stabiler, wirksamer und weniger toxisch sind.
«Das von uns neu entwickelte synthetische Molekül erfüllt diesen Anspruch», so Robinson. In Mäusen konnte gezeigt werden, dass der neue Wirkstoff POL7080 gegen Pseudomonas-induzierte Infektionen ohne auffällige Nebenwirkungen wirksam ist.
POL7080 greift ein Protein auf der äusseren Zellwand von Pseudomonas an – ein Protein, das für den Aufbau der äusseren Zellwand verantwortlich ist. Wird das Protein ausgeschaltet, stirbt auch das Bakterium ab.
Indem POL7080 aussserhalb der Zelle wirksam wird, umgeht es trickreich ein anderes Hindernis. Pseudomonas-Bakterien haben nämlich mikroskopische Pumpen entwickelt, die Fremdstoffe wie Antibiotika sofort aus der Zelle befördern.
Nach den pharmakologischen und toxikologischen Untersuchungen wird das Biotech-Unternehmen Polyphor demnächst ein Gesuch für klinische Tests einreichen. Erste Ergebnisse werden im Laufe des Jahres 2010 erwartet.
Dass ein Antibiotikum mit einem neuen Wirkmechanismus entdeckt wird, ist gemäss Robinson in der Geschichte der pharmazeutischen Forschung ein seltener Erfolg, der nur etwa alle 20 Jahre auftritt: «Von einem Durchbruch in der Antibiotikaforschung zu sprechen, ist daher nicht übertrieben.»