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Herr Professor Dummer, das maligne Melanom ist die bösartigste Form von Hautkrebs. Die Zahl der Erkrankungen in der Schweiz steigt kontinuierlich an. Was kann getan werden, um diese Tendenz zu stoppen?
Das Bewusstsein gegenüber der eigenen Haut muss geschärft werden. Dazu gehört die Beobachtung von auffälligen Hautstellen, nicht nur für den Moment, sondern über die Jahre hinweg. Jeder sollte seinen Hauttyp kennen und wissen, wie viel Sonne er oder sie verträgt.
Wir haben in unseren Untersuchungen herausgefunden, dass Männer sich eher als dunklen Hauttyp einschätzen, während Frauen meinen, sie gehören zu den helleren Hauttypen. Männer gehen damit ein höheres Risiko ein, zumal sie es sind, die sich nicht gerne mit Sonnenschutz eincremen. Männer tun so, als seien sie unverwundbar, doch leider erkranken gerade statistisch gesehen die Männer gehäuft an den gefährlicheren Formen des Hautkrebses.
Auch die demografische Entwicklung spielt eine Rolle. Ich zum Beispiel gehöre zu der Generation von Kindern, die in der Wirtschaftswunderzeit gross geworden sind. Damals konnten Eltern sich erstmals Ferien in Italien leisten. Am Strand spielten wir Kinder stundenlang in der prallen Sonne. Wenn überhaupt mit Sonnenschutz versehen, dann mit einen Schutz, der die gefährlichen UV-Strahlen durch die Haut liess und lediglich einen Sonnenbrand hinauszögerte! Damals haben meine Eltern von der Gefahr, die von der Sonne ausgeht, nichts gewusst. Und die Bräune zeigte zu Hause allen, dass wir schöne Ferien gehabt hatten. Auch als ich älter wurde, gab es lange den Trend, dass braun chic war.
Die Haut vergisst jedoch nichts; je älter ich werde, um so mehr muss ich auf meine Haut achten und beobachten, ob sich Sonnenschäden zeigen. Früherkennung ist wie bei den meisten Krebsarten lebenswichtig.
Was hat Sie und Ihr Team dazu veranlasst, eine Online-Hautkrebs-Beratung anzubieten?
In Australien gehen durch die Präventionsmassnahmen Melanome bei Frauen zwischen 30 und 50 Jahren tendenziell zurück. Wir wollen mit unserer Online-Beratung die Männer und die Frauen ab 50 Jahren ins Boot holen. Das hat auch geklappt. Wir haben im Jahr 2008 die Online-Befragung zum ersten Mal durchgeführt. Damals haben mehr Männer als Frauen die Bilder von verdächtigen Hautstellen, die sie zuvor mit einer Digitalkamera aufgenommen hatten, zu uns geschickt. Zu den Bildern füllen die Ratsuchenden online einen Fragebogen zu ihrem Hauttyp aus, und geben eine kurze Krankengeschichte an.
Ist die Ferndiagnose per Mail ganz neu, sind Sie ein Pionier auf diesem Gebiet?
Die Online-Diagnose ist keine neue Idee, wir wollten sie jedoch als ein Bestandteil in unsere Krebsvorsorgekampagnen einbauen. Neu an unserer Arbeit ist die Auswertung. Ratsuchende können beim Hochladen der Bilder angeben, ob wir sie kontaktieren und nach dem weiteren Verlauf befragen dürfen.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie Fotos von Ratsuchenden erhalten?
Wir sind ein Team von fünfzehn Ärzten. Ich zum Beispiel nehme mir jeden Morgen fünfzehn Minuten Zeit, um die Fotos anzuschauen. Hilfreich ist es, wenn ein Massstab mit der Hautstelle fotografiert wurde, dann kann ich die Grösse der Hautstelle besser beurteilen.
Wie viele Personen waren darunter, denen geraten wurde, einen Facharzt aufzusuchen und die Hautstelle untersuchen zu lassen?
In diesem Jahr besuchten 12‘000 Besucher die Homepage «skincheck.ch» mit nützlichen Tipps und Informationen zu Hautkrebs. Wir erhielten bisher etwa 1500 Bilder, davon 47 Prozent von Frauen und 53 Prozent von Männern, im Durchschnittsalter von 40 Jahren. Es wurden mehr Männer an Ärzte weiterverwiesen als Frauen.
Ihr Online-Angebot ist kostenlos. Wird Ihre Beratung vom Spital finanziert?
Wir haben einen Hauptsponsor aus der Privatwirtschaft, unsere Arbeitszeit wird teilweise von der Universität und dem Universitätsspital finanziert.
Halten Sie medizinische Beratung per Internet und E-Mail auch in anderen Bereichen für sinnvoll?
Die Online-Beratung kann das direkte und persönliche Gespräch mit dem Arzt nicht ersetzen. Als Vorinformation und Einstieg ist sie durchaus sinnvoll.
Was raten Sie unseren Lesern für die kommenden Ferien?
Die UV-Belastung der Haut vermeiden, indem man in südlichen Ländern eine Siesta hält und erst am frühen Morgen oder gegen Abend zum Strand geht. Die Haut sollte mit Kleidung und mit Creme geschützt werden. Für die Wanderferien bietet sich Sportbekleidung mit UV-Filtern an. Am Strand sind T-Shirts gut, die dicht gewebt sind.
Textilfreie Hautflächen sollten regelmässig mit Sonnencreme eingecremt werden. Hohen Schutzfaktor verwenden! Bis heute sind etwaige Schäden von Sonnencremes nicht nachgewiesen, deshalb sich selbst und die Kinder eincremen. Es ist jedoch falsch, wenn die Sonnencreme dazu genutzt wird, länger in der Sonne zu verweilen.
Und daran denken: Vornehme Blässe ist «in».