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Der peruanische Altiplano ist eine unwirtliche Gegend: Im Sommer ist es feucht, im Winter kalt und trocken. Rund 1.5 Millionen Menschen leben auf der Hochebene, zum Teil weit über 4000 Meter über Meer. Der Grossteil der bäuerlichen Bevölkerung ist arm, 40 Prozent leiden an Unterernährung, Dreiviertel der Menschen fehlt es am Nötigsten zum Leben.
Der Klimawandel trifft diese Menschen, die bereits heute ums Überleben kämpfen müssen, hart. In Zukunft werden die klimatischen Ausschläge wahrscheinlich noch heftiger sein als heute. Das könnte bedeuten: noch mehr Regen im Sommer, noch härtere Kältewellen gepaart mit Dürren im Winter.
Die Aussichten für die Zukunft sind düster: «Die Bauern des Altiplano laufen heute schon am Limit. Die klimatischen Veränderungen der Zukunft können so massiv sein, dass sie die Anpassungskapazität der Bevölkerung übersteigen», sagt Christian Huggel vom Geografischen Institut der Universität Zürich. Er befasst sich seit zehn Jahren als Forscher mit dem Klimawandel in Peru.
Der peruanische Staat ist schwach und ineffizient. Ihm fehlen die Ressourcen, um Konzepte zu entwickeln, die helfen, die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen. Seit 2008 engagiert sich deshalb die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) des Bundes in Peru mit dem «Climate Change Adaption Programm» (PACC).
Am Projekt beteiligt ist neben der Entwicklungsorganisation «Intercooperation» auch ein wissenschaftliches Konsortium mit sechs Partnern aus der Schweiz: MeteoSchweiz, Meteodata, Agroscope, die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) sowie die Universitäten Genf und Zürich. Christian Huggel leitet zusammen mit Nadine Salzmann das Schweizer Wissenschaftsteam.
Das Schweizer Projekt konzentriert sich auf die Region von Cuzco und Apurimac. Die Herausforderungen sind vielfältig. Huggel und sein Team arbeiten gleichzeitig auf zwei Ebenen: Einerseits geht es darum, den Klimawandel und seine Auswirkungen wissenschaftlich fundiert zu analysieren, andererseits müssen Strategien entwickelt werden, um mit den Auswirkungen umzugehen.
Vieles deutet darauf hin, dass die Jahreszeiten, an welche die Bevölkerung angepasst ist, unstabil werden und durcheinandergeraten. Die grösste Herausforderung ist die Wasserversorgung, die bisher während der trockenen und kalten Winter bereits schwierig war.
In Zukunft werden die Winter wahrscheinlich noch trockener werden, mit noch härteren Kälteperioden, während es im Sommer wärmer und feuchter wird. Das führt einerseits zu grösseren Gefahren durch Überschwemmungen und Erdrutsche, andererseits schmelzen die Gletscher, die bisher als natürliche Wasserreservoirs für die trockene Jahreszeit dienten.
Das ist eine Entwicklung, wie sie auch in der Schweiz zu beobachten ist. Sie wird auch uns in Zukunft zu schaffen machen, wie Huggel betont: «Im Hitzesommer 2003 hatten nur noch die Flüsse Wasser, die von Gletschern gespiesen werden.»
Die Schweiz hat allerdings die weit grösseren materiellen und technologischen Ressourcen, um mit den Auswirkungen des Klimawandels fertig zu werden als Länder wie Peru oder Bangladesch. Mit der Hilfe aus der Schweiz soll sich Peru für die Zukunft rüsten können.
Dabei geht es vor allem darum, die Kapazitäten vor Ort zu stärken, durch Wissenstransfer und die Zusammenarbeit mit den peruanischen Wissenschaftlern und Behörden, was nicht immer einfach ist, wie Huggel betont. Und er spürt den Erwartungsdruck: «Die Politik will möglichst rasch wissenschaftliche Ergebnisse. Wir müssen aufpassen, dass wir trotzdem sauber und fundiert arbeiten. Um die richtigen Entscheidungen treffen zu können, braucht es verlässliche wissenschaftliche Grundlagen.»
Christian Huggel ist in Peru nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Diplomat: um die lokalen Partner einbeziehen und überzeugen zu können, braucht es Fingerspitzengefühl und Verhandlungsgeschick. «Wir müssen Lösungen finden, mit denen alle leben können.»
Das gilt auch für die Wasserproblematik, wo es einen Interessenkonflikt zwischen der Stromindustrie und den Bauern gibt, die beide auf das gleiche Wasser angewiesen sind. Huggel skizziert dazu eine Lösung: «Das Wasser müsste im Sommer gespeichert und dann zuerst für die Stromnutzung und danach für die Bewässerung genutzt werden können.» Zudem muss die Bewässerung effizienter werden, etwa mit einem Tropfensystem statt dem heute üblichen Überschwemmen der Felder.
Mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit können Christian Huggel und seine Kolleginnen und Kollegen einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels in Peru leisten. Das wird bitter nötig sein, denn wie Huggel betont: «Die Natur kann sich immer anpassen. Getroffen werden wir Menschen.»